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Jennifer Cardini: „Wir wollten schräge Leute“

Jennifer Cardini, französische DJ und Wahl-Kölnerin,  gründete Ende der 1990er  in Paris den berühmt-berüchtigten Lesbenclub Le Pulp mit, wo bis zur Schließung 2007 so ziemlich alle Elektro-Größen der Welt auflegten.

L-MAG: Du legst schon seit Anfang der 90er Jahre auf, warum und wie hast du damit angefangen?
Ich war damals mit meinen Freunden viel auf Techno-Partys unterwegs. Zu diesem Zeitpunkt konnte man noch nicht einfach so CDs kaufen oder Musik runterladen, also war die einzige Möglichkeit, diese Musik zu hören, mir Plattenspieler zu kaufen. Aber da gingen dann die Probleme erst so richtig los: Der einzige gute Plattenladen war über eine Stunde von mir entfernt und der Besitzer verkaufte die wirklich tollen Platten nur an DJs. Die ersten sechs Monate mit meinen Plattenspielern musste ich mir also ständig furchtbare Trance-Sachen anhören, weil er mir alten Scheiß verkaufte! Anfangs habe ich sogar versucht, diesen Mist aufzulegen, aber dann stand ich zu Hause und dachte, das ist aber nicht die Musik, die mir neulich beim Tanzen so gefallen hat. Später habe ich einen DJ kennengelernt, der mit mir zusammen in den Laden ging und dann hatte endlich auch ich Zugang zu den guten Sachen. Danach habe ich auf ein paar Partys aufgelegt und dann ging alles ganz schnell.
Du hattest auch mal zusammen mit DJ Sextoy eine Band, die Pussy Killers?
Alle fragen mich nach dieser Band! Die war zwar irgendwie underground-berühmt, aber wir haben nie eine Platte gemacht. Wir haben einfach zu viele Drogen genommen, um produktiv zu sein. Wir haben überhaupt nichts auf die Reihe gekriegt, außer ein paar Gigs. Vielleicht erinnern sich so viele Leute an die Band, weil wir so provokativ aufgetreten sind. Wir trugen Masken und hatten Goldketten und Ghettoblaster und spielten AC/DC und Iron Maiden – mitten auf Technofestivals.
Stimmt es, dass dein Einfluss einer der Gründe sein könnte, warum auf Lesbenpartys tendenziell eher Elektro gespielt wird, während auf Schwulenpartys immer noch viel House läuft?
Vielleicht. Eine zeitlang war der politische Anspruch völlig aus der Gayszene verschwunden, alles war sehr kommerziell geworden, aber als wir Le Pulp aufmachten, war es so als wäre der Underground zurückgekehrt: Wir spielten andere Musik; unsere Partys hatten total sexuelle Namen; nackte Mädchen waren unterwegs; alles war umsonst – außer die Getränke; wir wollten, dass die Szene wieder etwas besonderes wird: Nicht mehr nur in kommerziellen Clubs GHB nehmen und David Guetta hören. Wir wollten schräge Leute, Queers, Transleute; nicht diese Klone, die alle gleich aussehen. Deswegen die Verbindung von Gayparties und Elektro, die wir dann auch in „normale“ Partys getragen haben. – Ich vermisse Le Pulp.
Bist du vor dem Auflegen immer noch nervös?

Aber sicher! Wenn ich keine Angst hätte, würde ich es nicht mehr machen, vielleicht bin ich einfach süchtig nach Adrenalin!

Interview Katrin Kämpf
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