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Akzeptanz und Vielfalt - jetzt auch in Hessen

Das schwarz-grün regierte Hessen entwickelt aktuell mit allen Ministerien und Vertretern der Community einen Aktionsplan für Akzeptanz und Vielfalt, der 2016 in Kraft treten soll. Mit Gegenwind muss gerechnet werden.

So kurz und knapp kann man's auch auf den Punkt bringen (gesehen beim CSD Frankfurt/M. 2014) - Foto: samchills, CC-BY

Von Kerstin Fritzsche

l-mag.de, 6.8.2015 - Eine schwarz-grüne Regierungskoalition – die erste in einem Flächenland. Und dann schreibt sie auch noch Aufklärung über sexuelle Vielfalt hat in ihrem Koalitionsvertrag fest – das war Anfang 2014 nicht nur in Hessen eine Überraschung. Und mehr noch: Auch das Erstellen eines Aktionsplans, der die Rechte von LSBTI-Menschen in Hessen stärken soll, wurde festgelegt. Federführend ist hier das Sozialministerium, genauer der Staatssekretär und ehemalige Rüsselsheimer Oberbürgermeister Jo Dreiseitel (Grüne).

„Wer mit uns regieren wollte, wusste, dass damit konkrete Fortschritte im Feld LGBTTIQ einhergehen müssen“, erklärt Kai Klose, Grünen-Vorsitzender und queerpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Hessischen Landtag, gegenüber L-MAG. „Es gibt aber auch in diesem Themenfeld innerhalb der CDU wertvolle Verbündete, das ist kein monolithischer Block mehr.“

Ministerien und zwölf AGs erarbeiten Themen und Projekte

Einen Runden Tisch zum Thema gibt es bereits seit 18 Jahren in Hessen, initiiert von Ulrich Bachmann, der im Sozialministerium den Bereich „Gleichgeschlechtliche Lebensweisen“ aufbaute. Beim 20. Runden Tisch im Dezember 2014 fiel der Startschuss für den Aktionsplan für Akzeptanz und Vielfalt. Neben einer interministeriellen Arbeitsgruppe, in der alle Ministerien Bedarf und Projekte für ihren Bereich ermitteln sollen, wurden zwölf AGs mit Vertretern der Community zu Themenfeldern von Schule über Gesundheit, Kultur, Migration bis hin zu Polizei und öffentlicher Verwaltung gebildet. Außerdem gab es Workshops und Beteiligungstage in den Regierungsbezirken Darmstadt, Kassel und Gießen, und auch Einzelpersonen können sich jederzeit einbringen, wie Dreiseitel betont.

Wenn alles nach Zeitplan geht, stimmen die Abgeordneten im Juni oder Juli 2016 über den Aktionsplan ab, damit er im September 2016 in Kraft treten kann.

Und was sagt die Community?

„Das ganze Vorhaben der Landesregierung ist kein loses Ziel 'Wir machen jetzt mal was für mehr Akzeptanz in Hessen'“, sagt Susanne Stedtfeld vom Verein „Warmes Wiesbaden“, der unter anderem in der Landeshauptstadt den Christopher Street Day organisiert. „Wir sind froh, dass wir gehört und ernst genommen werden.“ Auch Martin Gronau von SchLAu Hessen und Mitarbeiter des schwullesbischen Jugendzentrums Kuss41 bemängelt zwar die „weißen Flecken auf der Landkarte, z.B. Osthessen und Fulda“, die mit dem Aktionsplan ebenfalls erreicht werden müssten, sagt aber auch: „Den Gedanken dahinter finde ich lobenswert und die Durchführung war bisher professionell und transparent.“

Dass nicht alle Vereine und Gruppen hundertprozentig begeistert sind, hat auch budgetäre Gründe: „Das Problem ist, dass die Arbeit der Fachgruppen nicht finanziell unterstützt wird, sondern alles ehrenamtlich erfolgen soll“, beklagt sich Constance Ohms vom Frankfurter Verein „Broken Rainbow“. „Und auch Kommunikation zwischen den Fachgruppen findet nicht wirklich statt.“

Gegenwind aushalten, andere Positionen ernst nehmen

Und was ist, wenn es Proteste gibt wie zuvor schon in anderen Bundesländern? Denn auch in Hessen stehen die „Besorgten Eltern“ mit ihren „Demos für alle“ längst parat. Dreiseitel rechnet mit Gegenwind und sagt gegenüber L-MAG: „Eine Landesregierung muss das aushalten und darf sich nicht beirren lassen, einen eingeschlagenen Weg zu gehen. Das muss in der Akzeptanzpolitik auch fraktionsübergreifend geschehen.“ Gleichzeitig warnt er aber auch davor, gegenteilige Positionen nicht ernst zu nehmen: „Im Vordergrund muss immer eine objektive Aufklärungsarbeit stehen. Andere Positionen muss man ernst nehmen und sich hier auch für die Akzeptanz unterschiedlicher Meinungen und Lebensentwürfe einsetzen. Leider ist es aber auch so, dass es immer noch Menschen gibt, die Homosexualität für eine Krankheit halten und für heilbar. Da muss man aber eine sehr scharfe Trennungslinie ziehen zwischen solchen Fundamentalisten und Eltern, die aus Sorge um ihr Kind in die Diskussion eintreten.“

Aktionspläne gibt es bereits in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen, Berlin, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt. In Planung sind sie neben Hessen auch in Thüringen und Sachsen.

Die Website der Anti-Diskriminierungsstelle ist zu erreichen unter: https://soziales.hessen.de/integration/antidiskriminierungsstelle-hessen/herzlich-willkommen-bei-der-hessischen

 

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