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Als "lesbisch" denunziert und wegen Partys ins KZ

In Berlin erinnert jetzt ein Stolperstein an Elli Smula, die von ihrem eigenen Arbeitgeber denunziert wurde und 1943 in einem Konzentrationslager starb. Dass ihre Geschichte nicht vergessen wird, ist der Historikerin Claudia Schoppmann zu verdanken.

Aufschrift: "Hier wohnte Elli Smula, Jg. 1914 - denunziert, verhaftet 12.9.1940, Gefängnis Alexanderplatz, 1940 Ravensbrück, ermordet 8.7.1943" - Foto: Stephanie Kuhnen

Von Stephanie Kuhnen

l-mag.de, 21.11.2015 - Seit dem 16. November 2015 erinnert ein Stolperstein vor der Singerstraße 120 in Berlin-Mitte an die Straßenbahnschaffnerin Elli Smula. Das Haus, in dem sie zuletzt gewohnt hatte, gibt es nicht mehr, so dass der Gedenkstein aus Messing vor einer unbebauten Brache auf dem Gehweg liegt.

Mit einer Kollegin verhaftet und ins KZ deportiert

Elli Smula war 25 Jahre alt, als sie im September 1940 von der Gestapo an ihrem Arbeitsplatz verhaftet und ins Gefängnis am Alexanderplatz zum Verhör gebracht wurde. Ihr eigener Arbeitgeber, die damals kriegswichtige und nationalsozialistische BVG, hatte sie und eine weitere zwangsverpflichtete Mitarbeiterin, Margarete Rosenberg, als „lesbisch“ denunziert. Die Frauen hätten mit Kolleginnen Partys gefeiert und den Betrieb gestört. Smula und Rosenberg wurden direkt vom Alexanderplatz in das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück deportiert, wo Smula am 8. Juli 1943 ermordet wurde. Rosenberg überlebte das KZ und starb 1985.

Nur noch eine Nazi-Akte über Elli Smula

Dass diese Geschichte nicht vergessen wird, ist der Historikerin Claudia Schoppmann zu verdanken. Sie ist auch Initiatorin und Steinpatin, das heißt sie bezahlte den Stolperstein aus eigener Tasche und beantragte dessen Verlegung. Schoppmann entdeckte bereits in den 90er Jahren den Namen Smulas in den Zugangslisten des KZs Ravensbrück, konnte aber erst über das Vernehmungsprotokoll Rosenbergs vor wenigen Jahren herausfinden, was Smula vorgeworfen wurde. Ob Elli Smula nach heutigem Verständnis lesbisch gewesen ist, ist damit noch nicht belegt. Von ihr existieren nur noch die Akten der Nazi-Bürokratie - keine Selbstzeugnisse, Fotografien oder noch lebende Zeitzeuginnen.

Claudia Schoppmann hat darauf verzichtet, die Anschuldigung auf dem Stolperstein für Elli Smula eingravieren zu lassen, zumal für den Satz „als lesbisch denunziert“ auf dem circa 10x10 Zentimeter großen Denkmal ohnehin kein Platz war. 

Lesben offiziell nicht wegen ihrer Sexualität verfolgt

Zwar wurden Lesben während der NS-Diktatur nicht als „Homosexuelle“ unter dem Paragrafen 175 verfolgt, dennoch waren auch sie vor Verfolgung nicht sicher. In vielen Fällen wurden sie anderen Opfergruppen zugeordnet, als Kriminelle verhaftet oder in psychiatrische Anstalten eingewiesen. Da weibliche Homosexualität keinen Strafbestand erfüllte, deutet häufig nur ein zusätzlicher Vermerk wie „lesbisch“ oder „Lesbierin“ auf die sexuelle Orientierung.

So wurde beispielsweise die im KZ Bergen-Belsen ermordete Felice Rahel Schragenheim, deren Schicksal durch das Buch und den Film Aimée und Jaguar international bekannt wurde, als Jüdin verfolgt, nicht aber als Lesbe. Ihr ist in der Friedrichshaller Str. 23 in Berlin-Wilmersdorf ein Stolperstein gewidmet.

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