Bleibt der ZDF-Fernsehrat hetero?
Im ZDF-Fernsehrat sollen künftig mehr Minderheiten-Vertreter sitzen und für ein vielfältigeres TV-Programm sorgen. Für ein deutsches "The L Word" könnte sich etwa ein LGBTI-Mitglied einsetzen - doch dieser Platz auf der Liste wurde überraschend gestrichen
Von Karin Schupp
l-mag.de, 22.3.2015
UPDATE, 26.3.: Dank der Initiative von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow wird es im neuen ZDF-Fernsehrat nun doch ein LGBTI-Mitglied, entsendet von Thüringen, geben.
Eine Serie wie The L Word ist im deutschen Fernsehen leider nach wie vor unvorstellbar: Lesben und lesbische Themen kommen auf dem Bildschirm bekanntlich kaum vor - auch bei den öffentlich-rechtlichen Sendern, die gesetzlich dazu verpflichtet sind, allen „gesellschaftlich relevanten Gruppen“ Zugang zu gewähren. Dass ARD und ZDF tatsächlich auch Minderheiten Sendezeit einräumen, sollen die Rundfunkräte überwachen, die allerdings vor allem mit Funktionären aus Parteien, Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbänden und Kirchen besetzt sind.
Das wird das ZDF jetzt auf Druck des Bundesverfassungsgerichts ändern: der neue, 60-köpfige ZDF-Fernsehrat soll künftig stärker einem Querschnitt der Gesellschaft entsprechen und nur noch zu einem Drittel aus Politikern bestehen - bleiben also 40 Plätze für andere gesellschaftliche Gruppen, etwa „Menschen mit Behinderung“ (von Rheinland-Pfalz ausgewählt), „Migranten“ (Hessen) oder „Heimat und Brauchtum“ (Sachsen-Anhalt).
Wegen Berlin von der Liste gestrichen?
Lesben, Schwule, Bi-, Trans- und Intersexuelle bleiben jedoch nach der jetzigen Planung außen vor - eine „eklatante Missachtung und Diskriminierung” nennt das Lesben- und Schwulenverband LSVD in einem wütenden Brief an die Ministerpräsidenten der Bundesländer. Besonders ärgerlich: noch im Oktober 2014 standen wir auf der Vorschlagsliste. Wieso es nun anders kommen soll, ist unklar. Laut Informationen der Zeitschrift Männer sollte nach damaliger Planung Berlin das LGBTI-Mitglied entsenden, habe sich aber nach Klaus Wowereits Rücktritt als Bürgermeister lieber für den Bereich „Internet“ entschieden.
Ende März wird die Ministerpräsidentenkonferenz die endgültige Zusammensetzung des neuen ZDF-Fernsehrats beschließen. Schleswig-Holstein ist bisher das einzige Bundesland, das die Forderung nach einem LGBTI-Stuhl unterstützt. Dafür solle die Evangelische und die Katholische Kirche künftig jeweils nur noch einen statt wie bisher zwei Sitze bekommen. Um Druck auszuüben, haben der LSVD, die Initiative Enough is Enough und Männer einen Protestbrief online gestellt, den ihr unterschreiben könnt.
Nicht nur Lesben - überhaupt zu wenige Frauen im ZDF
Eine weitere Änderung des neuen ZDF-Rundfunkstaatsvertrags fordert der Verein Pro Quote Regie: Der Zusammenschluss von 300 Regisseurinnen möchte eine gendergerechtere Verteilung der TV-Gebührengelder gesetzlich festschreiben. Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen werden nämlich nur 11 % der Sendeminuten von Frauen inszeniert - eine entsprechende Selbstverpflichtung des ZDF brachte bisher keinen Erfolg.
Der neue Staatsvertrag soll am 1. Jan. 2016 in Kraft treten.
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