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Coming Out und all diese verwirrenden Gefühle

Der israelische Film „Barash“ erzählt mehr als eine klassische Coming Out-Story: Die Liebe zweier Jugendlicher wächst im Umfeld familiärer Konflikte und politischer Spannungen. Der Film läuft jetzt bundesweit in der Queerfilmnacht.

Salzgeber Filmverleih Naama (Sivan Noam Shimon, l.) und Dana (Jade Sakori)

Von Isabel Lerch

l-mag.de, 14.11.2016 - Die 17-jährige Naama Barash (Sivan Noam Shimon) steckt mitten in den wilden Jahren der Pubertät: Sie hängt mit ihren Freundinnen ab, geht feiern, trinkt Alkohol und probiert Drogen aus. Schule ist nur lästige Nebensache, und die Eltern werden zu echten Nervensägen.

Als plötzlich ein neues Mädchen auftaucht, steht Naamas Welt Kopf: Die freche Dana (Jade Sakori) ist selbstbewusst, hat gefärbte Augenbrauen und Tattoos. Naama verliebt sich Hals über Kopf und gibt sich ihren neuen, überwältigenden Gefühlen hin. Gemeinsam entdecken die beiden das lesbische Nachtleben und das Gefühl der Freiheit im nahegelegenen Tel Aviv. Doch während Naama ihr neues Glück mit Dana genießt, bahnen sich in ihrer Familie Konflikte an.

Coming Out-Story und Porträt der israelischen Jugend

Die lesbische Regisseurin Michal Vinik erzählt mit ihren zwei (übrigens ebenfalls lesbischen) Hauptdarstellerinnen eine klassische Coming Out-Geschichte: Getrieben von ungezwungener Neugier auf neue Erfahrungen und die eigene Sexualität, finden die beiden jungen Frauen spielerisch zueinander. Doch Barash ist mehr: Der Film zeichnet auch das Bild einer israelischen Jugend, die versucht, ihre eigene Identität zu finden und sich individuell zu entfalten – in dem Wirrwarr aus erwachender Sexualität, überwältigenden ersten Rauscherfahrungen, Konfrontationen mit den Wertevorstellungen der eigenen Eltern und dem omnipräsenten Israel-Palästina-Konflikt.

Musik spielt eine wichtige Rolle für Naama - und den Film

Bei dieser Suche hilft die Musik – sie zieht sich als stilistisch wichtiges Element durch den Film. In einer Szene sitzen Naama und ihr Vater Gideon (Dvir Benedek) im Auto – sie sind auf der Suche nach Naamas älterer Schwester, die verschwunden ist und angeblich einen arabischen Freund hat. Naama hat ihre Kopfhörer im Ohr und hört laut Musik. „Was hörst du?“, fragt ihr Vater. „Schwuchtel-Musik“, antwortet Naama. „Was? Rede keinen Blödsinn!“, kommentiert der Vater daraufhin. Naama hört das schwedische Popduo The Knife, das wie nur wenige andere Künstler Themen rund um Gender und Sexualität in den popkulturellen Mainstream gebracht hat. Spätestens hier wird klar: Die starke Identifizierung, die Musik bieten kann, gehört genauso zur Pubertät wie der Mut, die eigene Sexualität offen anzunehmen.

Ein Blick auf Israel, wie wir es nicht kennen

Barash gibt Einblicke in die Gesellschaft eines Landes, das in der deutschen Öffentlichkeit allzu oft nur im Lichte politischer Krisen und internationaler Diplomatie beleuchtet wird. Auch der Blick auf das queere Israel ist verengt: Denn während Tel Aviv innerhalb der Szene als liberales Reiseziel geschätzt und weltweit als Party-Mekka für Schwule gilt, bleibt die lesbische Kultur Israels oft im Schatten der Aufmerksamkeit. Michal Vinik verschiebt den Fokus: Mit Barash gelingt ihr eine sehenswerte Nahaufnahme jugendlicher lesbischer Liebe im heutigen Israel.

Barash läuft im November in der bundesweiten queerfilmnacht, dem – nicht mehr rein lesbischen – Nachfolger der L-Filmnacht. Alle Termine stehen hier

Barash, Israel 2015, Regie/ Buch: Michal Vinik, mit Sivan Noam Shimon, Jade Sikori u.a., 81 min., OmU

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