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Homosexuelle - zu kitschig für Venedig?

Venedigs neuer Bürgermeister hat sich auf Lesben und Schwule eingeschossen. Zuerst ließ er Kinderbücher über Regenbogenfamilien verbannen, jetzt will er den Gay Pride in der Lagunenstadt verbieten - der sei der "Gipfel des Kitsches".

Foto: Mark Belokopytov, CC-BY-NC-ND

Von Karin Schupp

l-mag.de, 30.8.2015 - Man sollte meinen, dass Venedig genügend echte Probleme hat - Kreuzfahrtschiff-Schwemme, Hochwasser, Korruption - aber der neue Bürgermeister der Lagunenstadt hat eine andere Bedrohung ausgemacht: die Homosexuellen! Schon kurz nach seinem Amtsantritt im Juni löste Luigi Brugnaro sein Wahlversprechen ein und verbannte alle Kinderbücher, die Regenbogenfamilien zeigen und zu Akzeptanz von Homosexualität auffordern, aus den Grundschulen und städtischen Bibliotheken - insgesamt 49 Exemplare.

„Wir wollen keine Kinder diskriminieren“, sagte der konservative Unternehmer der Tageszeitung La Repubblica. „Zu Hause können sich Eltern ‚Papa Eins‘ und ‚Papa Zwei‘ nennen, aber ich muss an die Mehrheit der Familien denken, in denen es eine Mutter und einen Vater gibt.“

Proteste von Elton John und fast 300 AutorInnen

Ein nationaler und internationaler Aufschrei - Elton John, schwuler Vater mit Zweitwohnsitz in Venedig, prangerte die Diskriminierung an, und fast 300 italienische AutorInnen forderten solidarisch, dass auch ihre Bücher aus den Regalen entfernt werden sollten - führte dazu, dass die Liste auf zwei Bilderbücher reduziert wurde: „Jean a deux mamans“ (Jean hat zwei Mütter) von Ophélie Texier und „Piccolo Uovo“ (Kleines Ei) von Francesca Pardi, die unterschiedliche Familienformen, darunter schwule Pinguine und lesbische Hasen als Eltern, zeigt.

Selbst der Papst mag die lesbische Hasen-Familie

Pardi bekam inzwischen von unerwarteter Seite Unterstützung: Papst Franziskus, dem sie „Piccolo Uovo“ und weitere LGBT-Kinderbücher geschickt hatte, bedankte sich und ließ in einem Brief ausrichten, dass er "auf eine stets fruchtbare Aktivität im Dienste der jungen Generation und die Verbreitung von wahren menschlichen und christlichen Werten" hoffe. 

Diese beiden Bilderbücher hält Venedigs Bürgermeister für Kinder "nicht geeignet".

Kein CSD in der Lagunenstadt?

Wer bei Brugnaro auf Einsicht hoffte, wurde enttäuscht: der homophobe Politiker fand inzwischen ein neues Thema. „In meiner Stadt wird es niemals einen Gay Pride geben“, verkündete er letzte Woche in La Repubblica - der sei nämlich der „Gipfel des Kitsches“ (den superkitschigen venezianischen Karneval ignorierte er dabei geflissentlich). "Sollen sie ihn doch in Mailand vor ihren eigenen Häusern machen.“ In Venedig fanden bisher zwei CSDs statt.

„Venedig ist nicht Brugnaros Stadt“, konterte Flavio Romani von der LGBT-Organisation Arcigay. „Wir werden nächstes Jahr zurück sein und ihn einladen, mit uns an der Spitze der Parade zu laufen“, sagte er der Newsagentur AFP. „Dann wird er sehen, was ein Gay Pride wirklich ist.“ 

Keine Ehe für alle in Italien

Italien ist übrigens das einzige Land Westeuropas, in dem Lesben und Schwule sich weder verpartnern noch heiraten können. Premierminister Matteo Renzi will allerdings noch dieses Jahr einen Gesetzesentwurf vorlegen, der gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften legalisieren (aber nicht mit der Ehe gleichstellen) soll.

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