Ikea Russland bleibt hetero
Wirbel um Ikea-Katalog in Russland: Bei einer Online-Abstimmung über das neue Cover-Foto lag das Bild eines Männerpaars weit vorn – und wurde gelöscht. Unbeachtet blieben bisher Motive, die zwei Freundinnen zeigen.
Aus Sankt-Petersburg Isabel Lerch
l-mag.de, 16.10.16 - Ein Foto sorgt momentan für Wirbel in Russland: Es zeigt zwei Händchen haltende Männer, die inmitten einer typischen Ikea-Einrichtung an einem Tisch sitzen und in die Kamera lächeln. Genug, um in Russland – einem Land, in dem Homosexualität noch immer stark tabuisiert wird und es ein Gesetzt gegen "Homo-Propaganda" gibt – für Aufregung zu sorgen.
Foto von Männerpaar am beliebtesten
Entstanden ist das Bild als Teil eines Wettbewerbs für den neuen Katalog des schwedischen Möbelherstellers in Russland. Unter dem Motto „Werde das Titel-Gesicht“ konnten Familien, Paare, Freunde und Einzelpersonen in ausgewählten Filialen an einem Fotoshooting in der nachgebauten Einrichtung des aktuellen Katalogtitels teilnehmen. In einer Online-Abstimmung soll nun bis zum 23. Oktober das beliebteste Bild gekürt werden, das Ikea danach für Werbezwecke verwenden will.
Der eigentlich harmlose Wettbewerb hat sich nun zu einem Politikum entwickelt: Während die anderen eingereichten Fotos nur wenige Stimmen erhielten, votierten innerhalb kurzer Zeit sehr viele User für das Männerpaar, das bald in Führung ging.
Freundinnen-Bilder gerieten nicht in den öffentlichen Fokus
Das Interessante: Ob es sich bei den abgebildeten Jungs überhaupt um ein schwules Paar handelt, weiß niemand so recht. Und obwohl die meisten eingereichten Fotos das Familienmodell Mutter-Vater-Kind zeigen, gibt es auch ein paar Bilder, die zwei miteinander vertraute junge Frauen abbilden (hier - auf der Seite nach unten scrollen - stehen alle aktuellen Motive). Dass es sich dabei möglicherweise um lesbische oder bisexuelle Frauen handeln könnte, scheint niemand ernsthaft zu vermuten – die Bilder gerieten nicht in den öffentlichen Fokus.
Anders als das Foto der beiden jungen Männer: Die russische Bewegung "Straight Alliance for LGBT Equality" rief auf dem in Russland beliebten sozialen Netzwerk VK seine über 20.000 Follower dazu auf, für das Bild abzustimmen: "Lasst uns die Jungs (durch Voten) unterstützen und sehen, wie Ikea in Russland seine Corporate Standards einhält."
Ikea nahm das Foto aus dem Wettbewerb
Der schwedische Konzern knickte ein: Anstatt sich an seine Unternehmensphilosophie zu halten, nahm Ikea das Bild vor ein paar Tagen aus dem Wettbewerb – offiziell auf Wunsch der beiden Jungs. Und das, obwohl ein Konzernsprecher zuvor noch versichert hatte, dass Ikea für alle da sei: „Bei uns ist jeder willkommen, unabhängig von Alter, geschlechtlicher Identität oder sexueller Orientierung. In dem Wettbewerb gelten, wie bei allem, was Ikea vertritt, dieselben nicht-diskriminierenden Prinzipien.“
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