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Juhu, wir werden toleriert - Ärger um die ARD-Themenwoche "Toleranz"

Im Vorfeld der ARD-Themenwoche „Toleranz“, die gestern startete, hagelte es Kritik am Konzept: Toleranz bedeutet Duldung, nicht Akzeptanz. Der männerdominierte Fokus der Werbekampagne war hingegen kaum Thema.

"Normal? Oder nicht normal?" - Originalmotiv der ARD (links) und Persiflagen mit den Wildecker Herzbuben, Beatrix von Storch (AfD) und dem ARD-Vorsitzenden Lutz Marmor - Fotos (v.ln.r.): ARD, BR/ quer.de, derzaunfink.files.wordpress.com, Twitter Gracia Gracioso

Von Isabel Lerch

l-mag.de, 16.11.2014 – Das ging ordentlich daneben: Mit ihrer Themenwoche will die ARD vom 15. bis zum 21. November umfangreich über Diskriminierung und Toleranz berichten. Dass Toleranz schon seit langem als problematisches Konzept gilt, lässt die ARD kalt. Auf ihrer Website heißt es: „Die Frage nach der Toleranz stellt sich immer dann, wenn es zu Konflikten mit der eigenen Anschauung kommt und persönliche Überzeugungen oder gesellschaftliche Normen auf die Probe gestellt werden.“

Der Toleranz-Begriff ist nicht neutral

Die Herrschaften der ARD haben dabei offenbar ignoriert, dass der Toleranz-Begriff nicht neutral ist, sondern immer ein Machtgefälle bedeutet. Die Politikwissenschaftlerin Wendy Brown schreibt dazu: „Wer andere toleriert, glaubt, dass es ihm oder ihr zusteht, sich zu entscheiden, marginalisierte Gruppen trotz ihrer ‚Andersartigkeit‘ zu dulden.“

Die Werbe-Kampagne der Themenwoche spricht problematische Assoziationsketten an: Zum einen werden rassistische Denkmuster bedient (kann ein schwarzer Mensch „bereichernd“ sein oder ist er bloß „belastend“?), zum anderen werden homophobe Ressentiments reproduziert (ein Mann küsst einen anderen auf die Stirn – ist das „normal“ oder nicht?). Das Netz reagierte auf diese Plakate prompt mit satirischen Mash-Ups und zahlreichen empörten Kommentaren.

Originalmotive der ARD-Themenwoche Toleranz - Foto: ARD

Die Werbe-Kampagne ist stark männerdominiert

Was bei all der Kritik leider vollkommen übersehen wird, ist die männliche Dominanz der medialen Kampagne. Auf den vier Werbeplakaten sind ausschließlich erwachsene Männer zu sehen. Kritiker monieren in diesen Tagen vieles, doch auch sie sind geschlechterblind und verurteilen die die fehlende Perspektive der Frauen nicht. Toleriert werden müssen offenbar vor allem Männer, und natürlich lautet die Formel auch hier mal wieder: Homosexualität = schwule Männer. Bedeutet das, dass lesbische Frauen längst toleriert werden - oder dass wir in der öffentlichen Wahrnehmung schlicht unsichtbar sind?

Einige TV-Tipps gibt's aber schon:

Lesbische Eltern - Familien zweiter Klasse (Doku), WDR, 16.11., 16:15 Uhr und weitere Termine oder Mediathek (bis 16.11.)

Tomboy (F 2011, Regie: Céline Sciamma), Eins Festival, 21.11., 20:15 Uhr und weitere Termine

Anders sein - jung, schwul, lesbisch (Doku), tagesschau24, 21.11., 23:15 Uhr und weitere Termine

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