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Knast für lesbische Küsse in Marrakesch?

In Marokko ist Homosexualität nicht nur auf dem Papier verboten: Zwei Teenagerinnen droht jetzt Gefängnis, weil sie sich geküsst und umarmt haben. Dagegen laufen weltweit Menschenrechtsgruppen, eine Twitter-Kampagne und zwei Petitionen Sturm.

Zeeshan/ Twitter

Von Karin Schupp

l-mag.de, 12.11.2016 – Wegen eines Kusses kommen in Marokko zwei Teenagerinnen vor Gericht. Sanaa (16) und Hajar (17) wurden Anfang November verhaftet, nachdem sie sich auf einem Hausdach in Marrakesch geküsst und umarmt hatten. Ein Verwandter hatte sie dabei fotografiert und die Bilder an ihre Familien geschickt, worauf die Mutter einer der beiden jungen Frauen die Polizei rief.

Lesbische Küsse sind "zügellose und unnatürliche Akte"

Nach drei Tagen in einem Gefängnis für erwachsene Straftäterinnen (statt im Jugendstrafvollzug) sind beide wieder auf freiem Fuß, werden aber am 25. November vor Gericht stehen. Angeklagt werden sie wegen des Paragrafen 489 im Strafgesetzbuch, der „zügellose und unnatürliche Akte mit einer Person des gleichen Geschlechts“ verbietet und mit einer Haft zwischen sechs Monaten und drei Jahren bestraft. Auch in der jüngeren Vergangenheit kamen deswegen schwule Männer ins Gefängnis, im Fall von Sanaa und Hajar gilt daher ein Urteil als wahrscheinlich.

Twitter-Hashtag #FreeTheGirls und zwei Petitionen

Der Fall schlägt allerdings hohe Wellen, seit er vom Menschenrechtsverband „Moroccan Association of Human Rights“ und der Frauen-Organisation „L’Union Feministe Libre“ öffentlich gemacht wurde. Beide fordern die Abschaffung des Paragrafen und setzen sich für das Paar ein; ersterer stellt einen Verteidiger zur Verfügung, letztere hat Kontakt zu der Mutter aufgenommen, die ihre Tochter und deren Freundin angezeigt hat.

Auf Twitter verbreitete sich weltweit der Hashtag #FreeTheGirls, und zwei Petitionen sammeln Unterschriften für Sanaa, Hajar und alle weiteren Gefängnisinsassen, die wegen Homosexualität verknackt wurden: All Out verlangt Freisprüche und Haftentlassungen, Change.org fordert die Vereinten Nationen (UN) auf, Druck auf die marokkanische Regierung auszuüben.

Marokko kein "sicheres Herkunftsland" für Homosexuelle

Dass Homosexualität in Marokko immer noch verboten und gesellschaftlich geächtet ist, spielt auch im umstrittenen „Asylpaket II“ eine Rolle, mit dem unsere Bundesregierung Marokko, Tunesien und Algerien zu „Sicheren Herkunftsländer“ erklären will. Die Folge wäre, dass LGBT-Flüchtlinge keine Aussicht auf Asyl hätten. Das Gesetz, das im Bundestag bereits im Februar 2016 beschlossen wurde (s. unseren Artikel), ist allerdings noch nicht in Kraft getreten, weil der Bundesrat noch nicht zugestimmt hat.

Wie ZEIT Online kürzlich berichtete, soll auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Lage deutlich kritischer einschätzen als dessen Chef, Innenminister Thomas de Maizière (CDU). Internen Akten sei zu entnehmen, dass die drei Länder für Homosexuelle, Frauen und politisch Verfolgte bei weitem nicht so sicher seien, wie es die Bundesregierung behauptet. 

Links zu den Petitionen auf All Out und Change.org

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