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Küssen für Lesben verboten?!

Ein lesbisches Paar flog aus einem Kaffeehaus in Wien, weil es sich zur Begrüßung küsste: die "Zurschaustellung der Andersartigkeit" passe nicht zur Tradition des Hauses. Am Freitag findet daher vor dem Café eine Protestkundgebung statt.

Es sei "mehr als ein Begrüßungskuss" gewesen, sagt die Wirtin, die diesen Moment allerdings gar nicht selbst beobachtet hat. Das hier ist übrigens nicht das Original-Paar. - Foto: Philippe Leroyer, CC-BY-NC-ND

Von Sabine Mahler

l-mag.de, 15.1.2015 – Trifft sich ein lesbisches Pärchen in einem Kaffeehaus und küsst sich zur Begrüßung. Daraufhin bittet sie der Kellner, das zu unterlassen, das Paar beschwert sich bei der Cafébesitzerin - und wird von ihr des Hauses verwiesen. Klingt nach 1923? Passierte letzte Woche. Nicht in Kampala und auch nicht in St. Petersburg, sondern in Wien. Die „Zurschaustellung der Andersartigkeit“, so wird die Wirtin Christl Sedlar zitiert, gehöre nicht in ein Wiener Traditionscafé, sondern in den Puff. Seither verbreitet sich die Nachricht von den anachronistischen Zuständen im Café Prückel in der österreichischen und deutschen Presse. Zumal es nicht der erste homophobe Vorfall in diesem Kaffeehaus war. Schon 2005 wurde ein lesbisches Paar wegen öffentlicher Zärtlichkeiten vor die Prückel-Tür gesetzt. Damals startete die Wiener LGBTI-Community eine Protestaktion, und man küsste sich öffentlich im Kaffeehaus. Ähnliches ist nun wieder geplant: für eine Kundgebung vor dem Wiener Café am 16. Januar 2015 gibt es auf der Facebook-Seite #Küssen im Prückel inzwischen über 7.000 Zusagen. Dieses Mal soll nicht nur geknutscht werden, es sind auch musikalische Einlagen und Reden geplant.

Die Kaffeehausbesitzerin hat sich inzwischen ebenfalls zum Thema geäußert, doch ihre Aussage gegenüber der Zeitschrift Vice beweist nur, dass im Kaffeehaus Prückel eben eine besondere Form der Nostalgie herrscht: Nicht etwa das lesbische Paar sei von ihr falsch angegangen worden, sondern „wir haben uns gemobbt gefühlt, weil sie hier rumgemacht haben“.

Update, 15.1.: Christl Sedlar hat sich heute für ihr Verhalten entschuldigt. "Meine Reaktion war überzogen", sagte sie. Sie "bedauere die Auseinandersetzung mit den beiden Besucherinnen meines Kaffeehauses" und wolle sich bei dem Paar "in aller Form entschuldigen". Um echte Einsicht handelt es sich dabei wohl nicht, denn sie fügte hinzu: "Ich sehe es als Geschäftsführerin des renommierten Prückel jedoch weiter als meine Aufgabe an, darauf zu achten, dass anerkannte Standards des gesellschaftlichen Verhaltens von allen Gästen eingehalten werden."

Die Protestkundgebung findet nach jetziger Planung dennoch statt. Eine gestern angekündigte Gegendemo "Solidarität mit dem Café Prückel" verzeichnet auf Facebook bisher erst fünf Zusagen.

Update, 16.1.: Mehrere tausende Menschen protestierten vor dem Café Prückel, darunter auch Wiens Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou, die lesbische Europa-Abgeordnete Ulrike Lunacek (Die Grünen) und das rausgeworfene Paar selbst. Auch einige Prückel-Unterstützer fanden sich ein. Das Café den ganzen Tag über geschlossen.

Protestkundgebung: Freitag, 16. Jan., 17 Uhr vor dem Café Prückel, Stubenring 14 (Luegerplatz), Wien

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