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Regenbogen über dem Vatikan?

Die katholische Kirche versucht sich an einem anderen Umgang mit Lesben und Schwulen. Eine „Kehrtwende" (Tagesschau) oder ein „Kleines Erdbeben im Vatikan“ (Focus), wie andere Medien titelten, ist das aber noch lange nicht.

Der Petersplatz in Rom - Foto: Greg Kondrasuk, CC-BY-NC-SA

Von Karin Schupp

l-mag.de, 16.10.2014 - Als „Anomalie“ hatte Kardinal Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., die Homosexualität noch bezeichnet. Unter seinem Nachfolger Franziskus, so scheint es, geht die katholische Kirche jetzt erstmals in ihrer Geschichte in Trippelschrittchen auf Lesben und Schwule zu. Homosexuelle könnten die christliche Gemeinschaft mit ihren „Gaben und Eigenschaften“ bereichern, und der gegenseitige Beistand in gleichgeschlechtlichen Beziehungen könne „wertvoll“ sein, heißt es in einem Zwischenbericht, der während einer Synode zur Sexual- und Familienmoral veröffentlicht wurde. An der zweiwöchigen Tagung, die noch bis Sonntag dauert, nehmen rund 200 Erzbischöfe und Kardinäle, also eine Menge älterer Männer, teil.

Tatsächlich hängt aber noch lange nicht die Regenbogenfahne aus dem Fenster des Vatikans: die vorsichtige Wertschätzung lesbischer und schwuler Paare erfolgt, „ohne jedoch die moralischen Probleme, die mit homosexuellen Partnerschaften verbunden sind, negieren zu wollen.“ Und auch wenn man offenbar darüber nachdenkt, ob man Lesben und Schwulen einen „brüderlichen Platz“ in den Gemeinden anbieten könne, verurteilen die katholischen Funktionäre die Homosexualität weiterhin und bestehen darauf, dass eine Ehe nur zwischen Mann und Frau möglich sei.

Für viele Bischöfe schon zu liberal

Während sich in dem Zwischenbericht offensichtlich die gemäßigteren Bischöfe, etwa Kardinal Reinhard Marx, der Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz, durchgesetzt haben, setzte sofort heftiger Gegenwind ein. Der US-amerikanische Kardinal Raymond Leo Burke erklärte, dass sich eine „beträchtliche Zahl von Bischöfen“ nicht in dem Papier, in dem es auch um Heteropaare ohne Trauschein und wiederverheiratete Geschiedene geht, wiederfinde. Auch der polnische Erzbischof Stanislaw Gadecki distanzierte sich und beklagte sich beim Kirchensender Radio Vatikan unter anderem über die Erwähnung der "Möglichkeit, dass homosexuelle Paare Verant-wortung für Minderjährige übernehmen – als ob das etwas Akzeptables wäre.“

2015 wird eine weitere Synode endgültig über eine neuen Sexual- und Familienethik entscheiden. Und auch wenn noch nicht ganz klar ist, in welchem Jahrhundert der Vatikan im Moment noch herumdümpelt: ein grundlegendes Umdenken ist nicht zu erwarten.

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