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Trans Kinder: Sozialisierung im falschen Geschlecht hat keinen Einfluss

Trans Kinder verhalten sich geschlechtsspezifisch, also entsprechend den gesellschaftlich akzeptierten Vorstellungen – egal, wie lange sie schon offen in dem Geschlecht leben, das ihnen entspricht. Das ergab die weltweit größte Studie zu diesem Thema.

Eric Parker/ CC-BY-NC

5.12.2019 - Zu einem nicht besonders überraschenden Ergebnis ist eine neue Studie der Universität Washington in der US-Stadt Seattle gekommen: Trans Kinder verhalten sich genauso wie ihre cis-geschlechtlichen Altersgenossen.

Die im November in der Fachzeitschrift PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America) veröffentlichte Untersuchung zeigt, dass es zwischen trans und cis-Kindern in Bezug auf Lieblingsspielzeug und bevorzugte Spielpartner_innen keine tiefgreifenden Unterschiede gibt. Einzig in der Wahl der Kleidung achteten trans Kinder etwas mehr darauf, dass sie dem gesellschaftlich akzeptierten Vorstellungen für ihr Geschlecht entspricht.

Die weltweit größte Studie zu trans Kindern

Für die US-weite Studie - die weltweit größte zu diesem Thema - wurden 317 trans Kinder, 200 cis Geschwister von trans Kindern und 316 cis Kinder, die nicht mit trans Kindern verwandt sind (alle im Alter von 3 bis 12 Jahren) untersucht und festgestellt, dass sich beide Gruppen im gleichen Maße geschlechtsspezifisch verhalten. Dabei kommt es nicht darauf an, wie lange die trans Kinder schon offen in dem Geschlecht leben, das ihnen entspricht.

Die trans Teilnehmer_innen der Studie hatten ihr Coming-Out als trans bereits hinter sich, benutzten das für sie passende Pronomen und einen neuen Vornamen; eine medizinische Transitionierung hatte noch nicht stattgefunden. Nicht miteinbezogen wurden nicht-binäre Kinder, die sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen und im Englischen das Pronomen ‚they‘ verwenden.

Anpassung an Geschlechtsrolle schon vor dem äußeren Coming-Out?

Die Forscher_innen seien von den Ergebnissen überrrascht gewesen und davon ausgegangen, dass die Sozialisierung - also wie die Kinder von ihrer Umwelt behandelt worden waren - vor dem Coming-Out die Geschlechtsidentität und Verhaltensweisen der trans Kinder stärker geprägt hätte. Dass also zum Beispiel ein trans Junge, der zuvor als Mädchen behandelt wurde, sich auch nach dem Coming-Out mehr Verhaltensweisen zuwendet, die stereotyp Mädchen zugeschrieben werden.

Dabei wird eine Schwachstelle der Studie deutlich: Statt von dem Moment des Coming-Outs müsste sie von dem Zeitpunkt ausgehen, von dem die Kinder wussten, dass sie trans sind. Ein Kind, das ab dem 8. Lebensjahr als trans lebt, kann beispielsweise schon seit vier Jahren gewusst haben, dass es trans ist, sich innerlich danach gerichtet haben, ohne sich schon zu outen. Auch wenn die Eltern es bis zum Coming-Out also als Junge behandelt haben, kann es sich innerlich schon an seine wirkliche Gender-Identität angepasst haben.

Trans Kinder sozialisieren sich selbst

Die Hauptautorin der Studie, die Psychologiedozentin Selin Gülgöz, sagt, dass sich trans Kinder selbst „sozialisieren“, also sich selbst beibringen, ihre neue, richtige Geschlechtsidentität zu leben. Es sei dabei nicht wichtig, wie lange das Kind als das andere Geschlecht gelebt habe. „Kinder bewegen sich in ihrer Umwelt nicht passiv. Wenn sie einmal ihre Geschlechtsidentität kennen, suchen sie in ihrer Umgebung nach Hinweisen, nehmen die gesellschaftlichen Erwartungen wahr und achten auf Informationen über das Geschlecht, dem sie sich zugehörig fühlen“, sagt Gülgöz. Außerdem bekräftigt die Studie die Annahme, dass die Transitionierung, also das äußere Coming-Out, nicht ausschlaggebend für die Geschlechtsidentität ist.

Wie es trans Aktivist_innen also schon immer predigen: Es kommt darauf an, wie du dich fühlst – nicht, wie du aussiehst.

Trans Kinder = Kinder, deren Geschlecht nicht mit dem Geschlecht übereinstimmt, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde

Cis Kinder = Kinder, deren Geschlecht mit dem Geschlecht übereinstimmt, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde

 

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