L-Mag

„Celesbian“: Lesben im Rampenlicht

Neumodische Wortschöpfung oder humorvolle Beschreibung unserer Lieblingsstars? L-MAG erklärt den Begriff „Celesbian“

ILLU: Rory Midhani

Von Charlotte Hannah Peters

26.04.2020 – Ich erinnere mich noch an Unterhaltungen in meiner frühen Jugend. Bei heimlichen Zigaretten hinter der Sporthalle raunten meine Freundinnen und ich uns mit glühenden Wangen, gespeist aus ersten Ahnungen und dem brennenden Bedürfnis, andere zu finden, in denen wir uns wiedererkannten, zu: „Weißt du, dass Beth Ditto von Gossip lesbisch ist?“ Und wir konnten es kaum fassen, dass dort im Fernsehen jemand über ein Begehren sang, welches wir als das unsrige wähnten.

Jahre später hörte ich zum ersten Mal das Wort „Celesbian“. Es stammt aus dem US-amerikanischen Englisch und kam um 2008 auf. Zusammengesetzt aus „Celebrity“ (dt.: Berühmtheit) und „Lesbian“ wird damit eine offen lesbische Berühmtheit bezeichnet. Und diese gab es – was ich zum Zeitpunkt der geflüsterten Unterhaltungen hinter der Sporthalle noch nicht ahnte – schon immer.

Da ist Sappho, die als wichtige Lyrikerin der Antike gilt, auf der griechischen Insel Lesbos, Frauen in Poesie, Musik und Tanz unterrichtete und in ihren Gedichten die Schönheit ihrer Freundinnen besang. Oder Anne Lister, die britische Großgrundbesitzerin, die im 19. Jahrhundet in codierten Tagebüchern detailliert ihre romantischen Beziehungen zu Frauen beschrieb und später ihre große Liebe Ann Walker „heiratete“ (siehe Seite 38). Als mich hunderte Jahre nach ihr auch das lesbische Schicksal ereilte, denselben Namen wie mein Date zu tragen, sagte diese über den Tisch hinweg und von Lachen unterbrochen: „Wie bei Anne Lister und Ann Walker.“

Nach Anne Lister gab es Menschen wie die US-amerikanische Sängerin und gefeierte „Mutter des Blues“, Ma Rainey, deren Songtexte mitunter lesbisch zu interpretieren sind. „I mean to follow everywhere she goes (…) I want the whole world to know“ (dt.: „Ich will ihr überallhin folgen, ich will, dass es die ganze Welt weiß“), heißt es in ihrem 1928 veröffentlichten Song „Prove It On Me Blues“. In Berlin sang „Celesbian“ Claire Waldoff über Hannelores Braut und in Paris schrieben die Künstlerinnen Claude Cahun und Marcel Moore surrealistische Theaterstücke, bevor sie vor den Nazis auf die britische Insel Jersey flohen, wo sie auf Wehrmachtskundgebungen in Männerkleidung antifaschistische Flugblätter verteilten.

Aber zurück zum Jahr 2008. Es begann mit einer Annonce im US-amerikanischen Lesbenmagazin GO Magazine, in der die „heißeste Lesbe der USA“ gesucht wurde; die Jurymitglieder des Wettbewerbs selbst erhielten die Bezeichnung „Celesbian“. Seitdem gibt es Buzzfeed-Quizze, mit denen du herausfinden kannst, welche „Celesbian“ deine Seelenverwandte ist („Which Celesbian is your Soulmate?“) und die Serie „The L Word“ hat einer ganzen Riege an Celesbians ins Rampenlicht verholfen.

Einige kritisieren bei der Bezeichnung die Betonung der sexuellen Orientierung als Marketingmasche. Ich erinnere mich aber noch an jene halb versteckten Unterhaltungen auf dem Schulholf: „Weißt du, das Beth Ditto lesbisch ist?“ und die Erleichterung damals zu wissen, dass, wenn ich diese Worte eines Tages nicht mehr nur flüstern würde, es bereits in aller Öffentlichkeit Menschen gibt, auf die ich zeigen und sagen kann: „Schau, wie wir.“

Dieser Text erschien zuerst in der März/April-Ausgabe, hier bestellbar als E-Paper.

 

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Kolumne von Karin Schupp

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