L-Mag

Lizzo: „Ich war als Kind schon anders“

Lizzo mischt die Musikwelt auf. Mit einer Stimme, die unter die Haut geht. L-MAG Autorin Lena Braun traf die beeindruckende Sängerin in einem Berliner Hotel und wurde in ihren Bann gezogen

Von Lena Braun


8.08.2020 – Plötzlich steht sie im Raum. „Können wir das Interview da hinten machen?“ Lizzo trägt ein klassisches schwarzes Kleid und brandneue Sneakers. Sie weist auf die im Halbdunkel liegende Sitzecke, sinkt auf das Sofa, kuschelt sich in das Leder. Sie sieht einen an und man ist sofort in ihrem Bann. Unglaublich!
„Who’s that girl?“ – Wer ist sie? Lizzo ist ein Phänomen und hat genau unsere L-MAG-Kragenweite: eine queere Künstlerin, die in den USA gerade der Shooting-Star ist und nun auch in Europa ankommt. Als Melissa Jefferson in Detroit geboren, wuchs sie in Houston auf. Sie studierte klassische Flöte und zog 2011 nach Minneapolis. Von da an krachte es, denn Lizzo fiel auf in der Stadt. Sie gründete Indie-Hip-Hop-Gruppen wie The Chalice, Grrrl Prty, The Clerb, Ellypseas und Absynthe. 2013 erschien ihr eigenes Debütalbum „Lizzobangers“ und 2015 folgte die zweite Platte „Big Grrrl Small World“. Mit Hilfe des Grammy-nominierten Musikproduzenten Ricky Reed optimierte das Gesangstalent die Qualität ihrer Stimme. 2016 ging sie zu einem großen Label mit ihrer EP Coconut Oil. Sie war Gast in TV-Shows wie der „Late Show“ mit David Letterman und Gastjurorin in „RuPaul’s Drag Race“. Sogar mit Prince und Missy Eliot hat sie schon gearbeitet. Aber noch immer ist sie das schräge und irgendwie auch schüchterne
Mädchen, das anders ist. Nur wagt sie es jetzt, genau das zu ihrem Thema zu machen. 2018 trat sie in der „Say It Louder“- Kampagne des Modelabels ModCloth auf. Auf dem New Yorker CSD-Event „Pride Island“ trug sie ein regenbogenfarbenes Strickoutfit, entworfen von der Absolventin Grace Insogna von dem New Yorker Fashion Institute of Technology (FIT). Das Stück war das erste Plus-Size-Outfit, das für die jähr liche „Future of Fashion Show“ der Hochschule jemals entworfen wurde. Im April 2019 erschien Lizzos drittes Studioalbum „Cuz I Love You“.

 

 

L-MAG: Wie kam es zu dem Song „Cuz I Love You“?
Lizzo:(lacht) Einfach so, im Gespräch! Ich habe meiner Band eine Situation erzählt und meinte: „Wisst ihr, ich habe geheult, aber nicht, weil ich traurig bin. Ich weine aus Liebe! Und meine Band meinte: „Wow! Mach einen Song daraus!“

Bei der Zusammenarbeit mit Missy Eliot sagte sie dir, du seist talentiert. Was war das für ein Gefühl?

Ganz ehrlich, das war ziemlich schockierend. Da stand ich, improvisierte mit einer Frau, die ich verehre, und dann sagte sie: „Hey, mach weiter! Das ist genial, was du tust!“ Ich hätte ausflippen können, denn ich bin so was von überhaupt nicht cool!

Schön zu hören, dass du dich selbst eher als Außenseiterin und eigenartige Person, denn als cool bezeichnest. Erzähle uns mehr über deine Selbstdefinition!

Ich war schon als Kind anders. Ich las viel und gehörte eher zu den Nerds als zu den Coolen. Irgendwann gewöhnt man sich daran und steht dazu. Jetzt bin ich stolz darauf, dass ich einfach nicht zu den gängigen Typen gehöre. Ich denke, Menschen, die anders sind oder die ähnliche
komische Erfahrungen gemacht haben, werden fast magisch voneinander angezogen. So war das zumindest in Minneapolis. Plötzlich traf ich sie, die Leute, die so sind wie ich.

Was ist für dich der Unterschied zwischen überleben und an etwas wachsen?

Überleben, das heißt einfach nur existieren, und es gibt sicher Situationen, wo es genau darum geht – wo exakt das wichtig ist. Aber das reicht nicht. Wenn du eine Person bist, die von dem System, in dem sie lebt, nicht unterstützt wird, dann ist es kompliziert. Für eine, die nicht dem Mainstream entspricht, gehen nicht einfach so alle Türen auf. In diesem System bekommt man nichts geschenkt, da ist es nicht leicht, jemand zu werden. Als Außenseiterin hat man keine
Privilegien, denn das System, in dem wir leben, ist eigentlich dazu gemacht, solche wie mich zu zerstören.

Doch als du von Houston nach Minneapolis gingst, wurde plötzlich alles anders. Warum?

Ich glaube, weil ich etwas Neues war dort, in dem Moment, als ich auftauchte. Weißt du, Minneapolis ist wirklich etwas Besonderes. Es ist eine Stadt, die tatsächlich so ist, wie
Prince sie in seinem Film „Purple Rain“ beschreibt. In der Hip-Hop-Szene gab es
wenig Frauen, erst recht keine schwarzen Sängerinnen und schon gar keine mit einer Figur wie meiner. Damit fing alles an.


Album 2019: „Cuz I Love You“ (Warner Music)
www.lizzomusic.com

Dieser Text erschien zuerst in der Print-Ausgabe von L-MAG Mai/Juni 2019.

 

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Kolumne von Karin Schupp

Jeden Freitag hier auf l-mag.de: K-WORD, News aus der Lesbenwelt. Gefunden, ausgewählt und geschrieben von L-MAG Klatschreporterin Karin Schupp.
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