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US-Wahl: Respekt und Sicherheit für LGBTQ - oder Gefahr und Ausgrenzung

In den Umfragen für die US-Wahl am 5. November liegen Kamala Harris und Donald Trump gleichauf. L-MAG-Autorin Merryn Johns, die in New York lebt, macht sich Sorgen, welche Folgen ein Sieg von Trump für die LGBTQ-Community und ihre Rechte haben könnte.

ABC News/ Screenshot TV-Debatte am 10. Sept.: Kamala Harris lacht über Donald Trumps Behauptug, dass sie eine „Marxistin“ sei

Von Merryn Johns, New York

30.10.2024 - Es ist nur noch eine knappe Woche bis zur Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten. Laut Umfragen liegen in der Endphase des Rennens um das Weiße Haus die Vizepräsidentin Kamala Harris und der ehemalige Präsident Donald Trump gleichauf. Das Einzige, was sie trennen könnte, ist ihr Abschneiden in sieben umkämpften Bundesstaaten, den so genannten „Swing States“ Georgia, Pennsylvania, North Carolina, Michigan, Wisconsin, Nevada und Arizona.

Einige rechtsgerichtete Experten sind überzeugt von Trumps Sieg, da er von einer „schweigenden Mehrheit“ der Wähler unterstützt werde. Sie seien über die illegale Einwanderung wütend, die die Biden-Regierung zugelassen habe.

Außerdem versucht Elon Musk, die Wahl zu Trumps Gunsten zu beeinflussen, indem er Leuten, die für Trump stimmen, mit Geld lockt: Jeden Tag bis zum 5. November können republikanische Wähler:innen in einem der sieben Swing States einen Jackpot von 1 Million Dollar gewinnen, den der Tech-Milliardär zur Verfügung stellt. Ist das überhaupt legal?

Kampf gegen trans Menschen als Wahlkampfthema 

Musk, Trumps reichster und lautstarkster Unterstützer, ist gegen die Rechte von LGBTQ und bezeichnet diese als Teil eines „Woke Mind Virus“. Er erklärte, dass seine trans Tochter für ihn „tot“ sei, auch Trump selbst setzte seine Tiraden gegen geschlechtsangleichende Maßnahmen fort. Letzte Woche behauptete der Kandidat gegenüber Fox News erneut, dass Schulen Kinder zu Transsexuellen umwandeln würden: „Keine Transgender, keine Operationen - wissen Sie, die nehmen Ihr Kind – an einigen Orten geht ihr Junge zur Schule und kommt als Mädchen zurück. Okay? Ohne elterliche Zustimmung.“

Bis heute hat Trumps Kampagne über 19 Mio. Dollar für zwei Fernsehspots ausgegeben, die sich ausdrücklich auf die Rechte von trans Menschen konzentrieren. Seit dem 1. Oktober wurden sie fast 55.000 Mal ausgestrahlt.

Harris' Sieg als Woman of Color wäre historisch

Kamala Harris und ihr Vizepräsidentschafts-Kandidat Tim Walz setzen sich dagegen konsequent für die LGBTQ-Community ein. Harris sagt, ihre Kampagne kämpfe „für einen neuen Weg nach vorn, der unsere Grundfreiheiten schützt und unsere Demokratie stärkt“.

Als Woman of Color, deren Sieg für die USA historisch wäre, musste Harris immer wieder Trumps Behauptungen, sie sei verrückt, marxistisch und dumm, zurückweisen (auch der homophobe Schauspieler Mel Gibson sagte, sie habe den „IQ eines Zaunpfahls“). Sie hat angeboten, zusammen mit Trump einen kognitiven Test zu machen, um zu beweisen, wer geistig besser für ein öffentliches Amt geeignet ist.

Die Wahl wird für die LGBTQ-Community entscheidend sein

Das Ergebnis dieses hauchdünnen Rennens wird für die LGBTQ-Community entscheidend sein. Imara Jones, eine schwarze Trans-Aktivistin und Expertin für die Anti-Trans-Bewegung, erklärte in  Newsweek, dass die nicht ganz so geheime Agenda der Republikaner, das „Projekt 2025“, insbesondere die Anerkennung von Transidentität in Frage stellt. („Projekt 2025“ ist ein 887-seitiger, extremistischer Plan, der die Macht der Exekutive unter Trump konsolidieren soll. Er selbst behauptet, davon keine Kenntnis zu haben.)

Andy Humm und Ann Northrop, langjährige Aktivist:innen und Co-Moderator:innen von  Gay USA, sind sich einig, dass Trump und „Project 25“ eine existenzielle Bedrohung für unsere Community darstellen.

Humm glaubt, dass Trump das „Projekt 25“ nutzen wird, um „trans Menschen zu verbieten, beim Militär zu dienen, und Abtreibungsrechte weiter auszuhöhlen. Alle LGBTQ-Rechte stehen auf dem Spiel, von der Gesundheit schwuler Männer bis zur Geschlechtsidentifikation.“

Ist die Ehe für alle in Gefahr?

Das gelte auch für „queere Frauen und Lesben im Besonderen“, fügt Northrop gegenüber L-MAG hinzu. „Sie werden darauf hoffen, dass der Oberste Gerichtshof die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe und der elterlichen Rechte für gleichgeschlechtliche Paare aufhebt. Sie hoffen auch, dass der Oberste Gerichtshof Homosexualität wieder unter Strafe stellt.“

Laut Humm gibt es jedoch Grund zur Hoffnung. Die Demokraten haben in den Umfragen zugelegt, seit der Oberste Gerichtshof das Recht auf Abtreibung gekippt hat.

Das sieht auch Northrop so. „Seit Trump 2016 zum Präsidenten gewählt wurde, hat ein Großteil der US-Bevölkerung (vor allem Frauen und LGBTQ+ Menschen) zurückgeschlagen und Wahlen für die Demokraten gewonnen. Ich denke, dass diese Welle des Widerstands in Umfragen unterschätzt wird, und bin daher überwiegend optimistisch.“

Freiheit und Chancen statt der Suche nach Feinden

Wenn Harris gewinnt, werde es „Respekt, Sicherheit und Ermächtigung für LGBTQ+ Menschen geben“, sagte Northrop, die ihre Karriere als lesbische Aktivistin 1988 im Kampf gegen Ronald Reagans AIDS-Apathie begann.

„Wenn wir Donald Trump, J.D. Vance und anderen Republikanern die Kontrolle überlassen, bedeutet das nicht nur Gefahr und Ausgrenzung für alle LGBTQ+ Menschen, sondern auch für Frauen, ethnische Minderheiten und Behinderte. Die Demokraten setzen sich für Freiheit und Chancen für alle ein. Bei den Republikanern geht es darum, Feinde zu finden und sie zu bestrafen.“

Dieser Wahlkampf war wild, Präsident Joe Biden überließ Vizepräsidentin Harris die Kandidatur und es gab zwei Attentatsversuche auf Trump. Aber es könnte noch wilder werden. Mit Trump haben die Republikaner einen unberechenbaren, rachsüchtigen Kandidaten nominiert, der nach einer autoritären Herrschaft strebt. Wenn er gewählt werden sollte, werden Queers und Frauen zu einer Existenz verurteilt sein wie sie jede Minderheit unter faschistischer Herrschaft erleidet.

Übersetzung: Karin Schupp

 

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