K-Word #337: Neues aus der Lesbenwelt
Heute: Lesbischer Coach beim Super Bowl, La Roux spricht erstmals Klartext über ihre sexuelle Identität, neue Bilder von Kristen Stewarts lesbischer Liebeskomödie, Anja Mittag, Wilhelmine, Marla Glen, DJ Tracy Young, Serientipps - und mehr!
Von Karin Schupp
31.1.2020 - Auch wer sich sonst nicht so für American Football interessiert, sollte in der Nacht von Sonntag auf Montag einen Blick auf den Super Bowl riskieren (ab 0:30 Uhr bei ProSieben und DAZN), denn in diesem Jahr schreibt Katie Sowers Geschichte: Die Assistenztrainerin der San Francisco 49ers ist der erste weibliche und erste offen homosexuelle Coach bei einem NFL-Finale. Die 33-Jährige, die früher selbst Football spielte, arbeitet seit 2017 beim fünffachen Super Bowl-Gewinner, und wenn ihr Team gegen die Kansas City Chiefs gewinnt, rückt sie sicherlich ihrem Ziel näher, das sie der SZ verriet: „Cheftrainerin und dann eine Position im Management.“
In den letzten zehn Jahren hat es Popstar La Roux („Bulletproof“) stets abgelehnt, ihre sexuelle Identität zu beschreiben - von „Alle denken, dass ich eine totale Lesbe bin. Sorry, bin ich aber nicht“ (2009) bis „Ich habe nicht das Bedürfnis zu sagen, dass ich gay bin“ (2015) - aber zum Erscheinen ihres neuen Albums „Supervision” (am 7. Februar) redete die Britin zum ersten Mal nicht drumrum: „Ich bin offensichtlich eine sehr androgyne Person und ich verliebe mich in Frauen. Ich besitze auch bisexuelle Neigungen, aber ich habe mich noch nie in einen Mann verliebt“, sagte sie im Interview mit unserer Schwesterzeitschrift Siegessäule. „Ich bin einfach keine Freundin von Zuschreibungen, ich benutze sie bloß, damit man nicht denken muss, ich kann nicht zu mir und meiner Sexualität stehen. Da ich aber auch ein sehr privater Mensch bin, kommt immer wieder das Missverständnis auf, dass ich mich möglicherweise schäme für meine Sexualität. Dabei ist das Gegenteil der Fall, ich schäme mich nicht für sie, ich nehme mich selbst komplett an.“ Am 15. Februar spielt La Roux im Berliner „Metropol“, der bislang einzige Deutschland-Termin ihrer Tour.
Bei vielen Fußballerinnen ist das so eine Sache: Eigentlich wissen alle, dass sie mit Frauen zusammen sind, aber als offiziell gilt es erst, wenn sie öffentlich darüber gesprochen haben - und dazu haben sie in den klassischen Medien oft gar keine Chance. Auch wenn die Reporter nicht immer so daneben liegen wie bei der holländischen Nationalspielerin und Ex-Bayern München-Star Vivianne Miedema, die schon lange out ist:
this has to be the best gay moment of 2019
— (@hiraibongs) January 1, 2020
pic.twitter.com/B5aaQWtRj4
Längst gibt’s aber auch andere Wege, ohne den ganz großen Paukenschlag zur sexuellen Identität zu stehen - wie etwa diese Fußballerinnen in den letzten Wochen auf Instagram (K-Word #334 - # 333 - #331) oder Ex-Nationalspielerin Anja Mittag, die letzte Woche im Podcast Busenfreundin über den hohen Lesbenanteil im Fußball sprach – auf rund 50 Prozent schätzt sie ihn – und erzählte, dass sie in Länderspielen schon gegen ihre (nicht namentlich genannte) schwedische Verlobte auf dem Platz stand (sie ist eine Ex-Kollegin ihres früheren Vereins FC Rosengård, die – wie Mittag – zu den erfolgreichsten Nationalspielerinnen ihres Landes gehört). Die Olympiasiegerin, Weltmeisterin und Champions-League-Gewinnerin ist zurzeit als Spielerin und Individualtrainerin beim Drittligisten RB Leipzig unter Vertrag – ihr erster Schritt zur neuen Karriere als Trainerin.
Und noch eine Rekordnationalspielerin: Die niederländische Fußballerin Sherida Spitse (Vålerenga Oslo) und ihre Frau Jolien van der Tuin wurden am 19. Januar Eltern einer Tochter. Das Paar, das seit 2018 verheiratet ist, hat bereits einen zweijährigen Sohn.
Der Pay TV-Sender Sky lässt uns zwar auf The L Word: Generation Q warten (kommt frühestens im April), tröstet uns aber wenigstens mit Gentleman Jack, einer BBC-/ HBO-Serie über Anne Lister (gespielt von Suranne Jones), der Shane des 19. Jahrhunderts, und ihre Lovestory mit ihrer Nachbarin Ann Walker (Sophie Rundle) – eine wahre Geschichte! Läuft seit 29. Jan. bei Sky Atlantic (Mi, 20:15 Uhr), die vier Doppelfolgen stehen jeweils danach beim Streamingdienst Sky Ticket (Probemonat: 4,99 Euro). Lest hier unsere Serienkritik.
Wer in den 90er Jahren einen Fernseher hatte, kannte die Serie Beverly Hills 90210, und wenn wir damals auf das wahrscheinlichste lesbische Coming Out getippt hätten, hätte mit überwältigender Mehrheit Andrea Zuckerman gewonnen (die aber natürlich, wie alle anderen, hetero war). Das müssen auch die Ex-Darstellerinnen Jenny Garth (Kelly) und Tori Spelling (Donna) gemerkt haben, die Andrea, wieder gespielt von Gabrielle Carteris, in ihrem Reboot BH90210 ihre bisexuelle Seite ausleben lassen! Und nicht nur das: Auch Brandons Ex Emily Valentine (Christine Elise) kehrt als Lesbe zurück! BH90210 ist keine klassische Fortsetzung, sondern erzählt, wie der alte Cast (ohne den 2019 verstorbenen Luke Perry) die Erfolgsserie wieder aufleben lassen will, die Ex-Stars spielen also selbstironische Versionen ihrer selbst. Andreas Storyline endet aber enttäuschend – insofern müssen wir nicht traurig sein, dass es bei dieser einen Staffel bleiben wird. Die acht Folgen stehen jetzt exklusiv bei TVNOW.
Und noch eine Zeitreise von den Neunzigern in die Gegenwart: Vor Kerstin Ott gab’s schon mal eine lesbische Butch in den deutschen Charts. Mit ihrem Song „Believer” landete Marla Glen 1995 dank eines C&A-Werbespots einen Megahit und veröffentlichte zwei Top10-Alben. In den Nullerjahren war die Musikerin aus Chicago, die schon lange in Deutschland lebt, vor allem mit der ersten Lesben-Promi-Ehe – sie verpartnerte sich 2004 in Heilbronn -, der anschließenden Scheidung und finanziellen Problemen in den Medien. Nun kehrt sich kurz nach ihrem 60. Geburtstag ins Rampenlicht zurück und beschenkt sich und uns mit ihrem ersten neuen Album seit siebzehn Jahren: „Unexpected” erscheint am Sonntag.
Bei der Grammy-Verleihung am Sonntag war DJ Tracy Young nicht nur als erste Frau in der Kategorie „Bester Remix“ nominiert, sondern auch die erste Frau, die ihn - für ihren Radio-Remix von Madonnas „I Rise“ - gewann. „Ich nehme den Preis stolz im Namen aller weiblichen Produzentinnen, die so lange übergangen worden sind, entgegen“, rief sie auf der Bühne und bedankte sich unter anderem bei „meiner LGBTQ-Familie“ und natürlich bei Madonna, mit der sie häufig kooperiert. Young produzierte in den letzten zwanzig Jahren etliche Remixes von Superstars wie Lady Gaga, Cher, Celine Dion, Britney Spears, Mariah Carey, Shakira und Rihanna, über 50 ihrer Tracks landeten auf Platz 1 der „Billboard Club Charts“.
Unsere Glückwünsche gehen auch an Lizzo, einer guten Freundin der LGBTQ-Community (K-Word #327): Sie gewann drei der acht Grammys, für die sie nominiert war.
In Pittsburgh leben offenbar viele Kristen Stewart-Fans: Nachdem schon letzte Woche erste Bilder der Dreharbeiten zu ihrer lesbischen Romantic Comedy Happiest Season aufgetaucht waren (K-Word #336), gibt’s hier den ersten Clip, der sie mit ihrer Filmpartnerin Mackenzie Davis (Terminator 6) zeigt. Die Weihnachtskomödie, die ein wenig nach einer lesbischen Version von Meine Braut, ihr Vater und ich klingt, startet in den USA Ende Novemer und kommt dann hoffentlich auch bald zu uns.
It's real. It's happening. The filming of Mackenzie & Kristen holiday rom-com is underway. pic.twitter.com/7xOuiQUZbA
— Jetgirl Says Stuff (@jetgirl78) January 25, 2020
Am letzten Freitag hatte sie einen tollen Auftritt auf unserer Verlagsparty, am Montag ihre erste – natürlich restlos ausverkaufte - Soloshow in Berlin, und heute veröffentlichte Wilhelmine („Meine Liebe“, K-Word #321) ihre dritte Single „Solange du dich bewegst“. Am 14. April beginnt ihre Tour durch Deutschland, und wer nicht so lange warten will: zuvor spielt Wilhelmine im Support von Lotte (im Februar) und Selig (im März) – alle Termine stehen hier.
Die australische Version von Hochzeit auf den ersten Blick (in SAT.1 seit 2104) verkuppelte erstmals zwei Lesben: Tash Herz und Amanda Micallef, von „Experten“ als zueinander passend erachtet, ohne sich vorher kennen gelernt zu haben. Wie’s gelaufen ist und ob sie seit ihrer Hochzeit im September noch zusammen sind, zeigt Married at First Sight im Februar. Müsste für Lesben, die bekanntlich zum zweiten Date mit dem Umzugswagen vorfahren, doch wohl ein Heimspiel sein…
Jetzt im Kino: Die für sechs Oscars nominierte Romanverfilmung Little Women (wurde unter anderem schon 1994 als Betty und ihre Schwestern mit Winona Ryder, Kirsten Dunst und Claire Danes verfilmt) über vier Schwestern stellt Jo (Saoirse Ronan) in den Mittelpunkt, die Schriftstellerin werden und auf keinen Fall heiraten will, auch wenn ihr Nachbar Laurie (Timothée Chalamet) doch wirklich gut zu ihr passen würde... Man wartet förmlich darauf, dass bei ihr der Groschen fällt, aber Regisseurin Greta Gerwig löst sich dann doch nicht von der Vorlage, um ihr ein Coming Out zu schenken – auch wenn Louisa May Alcott (1832-1888), die feministische und möglicherweise selbst lesbische Autorin des Buchs, das vermutlich gefallen hätte! Ein schön altmodischer und trotzdem nicht unmoderner Film, in dem auch Emma Watson, Laura Dern und Meryl Streep mitspielen – hier steht unsere Filmkritik.
Weiterlesen: K-Word #336: Neues aus der Lesbenwelt
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