K-Word #384: Neues aus der Lesbenwelt - die Coming Outs 2020
Die Coming Outs des Jahres 2020: 34 Promis, die sich in diesem Jahr als lesbisch, bisexuell, queer, nichtbinär oder trans outeten.
Von Karin Schupp
25.12.2020 - Bekenntnisse oder Fotos mit der Liebsten auf Instagram oder der eigenen Webseite: so outen sich heutzutage viele Promis in eigenen Worten und unter Umgehung klassischer Medien oder zögerlicher Manager – oder weil sie (wie zum Beispiel viele Sportlerinnen) nicht bekannt genug sind, um journalistisches Interesse zu wecken. Aber auch ein Zeitungs- oder Fernsehinterview war für einige der richtige Weg, der Welt zu verkünden: „Ich bin lesbisch/ bisexuell/ queer/ nichtbinär und/ oder trans.“ Deutsche waren leider wieder nur wenige dabei – aber immerhin zeigten die queeren Fußballerinnen neues Selbstbewusstsein!
Sport:
Nachdem sich im letzten Jahr Fußballerinnen von Brasilien über Schweden bis Neuseeland outeten, fassten sich auch immer mehr deutsche Spielerinnen ein Herz und zeigen – vorzugsweise auf Instagram -, dass sie auf Frauen stehen:
Svenja Huth (VfL Wolfsburg), Olympiasiegerin und aktuelle Kapitänin des Frauennationalteams, veröffentlichte im Januar Neujahrsgrüße mit ihrer Freundin (s. Foto oben), und das tat auch Babett Peter (Real Madrid), die mit ihrer Ex- Wolfsburg-Kollegin Ella Masar zusammen ist. Im September wurde das Paar Eltern eines Sohns (K-Word #372). Bisher sei sie halt ein privater Typ gewesen, sagte die Weltmeisterin und Olympiasiegerin im Podcast Mittags bei Henning aber Ella sei halt „sehr, sehr offen” und zudem sei sie „jetzt in einem Alter, wo man seine Verantwortung in der Gesellschaft wahrnimmt.“
Am Valentinstag ließ Nationalspielerin Anna Blässe (VfL Wolfsburg) keinen Zweifel mehr daran, wem ihr Herz gehört: ihrer Teamkollegin Lara Dickenmann (die erfolgreichste Schweizer Fußballerin aller Zeiten outete sich schon 2018 als lesbisch). Die beiden sind inzwischen verheiratet.
Dass man fürs Coming Out nicht erst in ein bestimmtes Alter kommen muss, bewies Gina Chmielinski (Turbine Potsdam): Sie beantwortete im Januar in ihrer Instagram-Story die Frage „die Frage „Hetero oder homo?“ mit „Tendenz zu Sorry, Guys“. Lest hier unser Interview mit der U19-Nationalspielerin.
Und auch die niederländische Europameisterin und Vizeweltmeisterin Shanice van de Sanden (VfL Wolfsburg), die wir schon lange auf der Liste hatten, äußerte sich in diesem Jahr erstmals öffentlich zu ihrem Liebesleben: Im April postete sie auf Instagram zu ersten Mal ein Pärchen-Foto mit ihrer Freundin Tattjana Jempormiasse.
Die kanadische Ex-Olympiaschwimmerin Martha McCabe outete sich im Juni als lesbisch. „Ich möchte ein Beispiel für junge Schwimmerinnen sein und denen helfen, die damit zu kämpfen haben, damit sie es als normal ansehen“, sagte sie in einem Interview mit CBC Sports. Die 200-Meter-Brust-Spezialistin wurde 2011 WM-Dritte und war bei den Olympischen Spielen 2012 (Platz 5) und 2016 am Start.
Im Juli outete sich die Wrestlerin Tegan Nox auf Instagram, indem sie ein Pärchenfoto mit ihrer Freundin Sierra St. Pierre postete. „Mein Leben war immer eine ‚Don’t Ask, don’t tell‘-Situation“, sagte sie der Zeitschrift Newsweek. „Aber ich fand, es war der richtige Zeitpunkt.“ Die Waliserin steht beim US-Wrestling-Promoter WWE unter Vertrag und tritt regelmäßig in dessen Show NXT auf.
Schauspielerinnen:
Sie war die einzige deutsche Schauspielerin, die sich 2020 outete: „Ich liebe eine Frau, na und? Ich wollte die Liebe zu meiner Frau nicht länger verschweigen“, sagte Christina Hecke, die wir aus Der letzte Bulle, der ZDF-Reihe In Wahrheit und zwei lesbischen TV-Rollen (Brief an mein Leben und Vier kriegen ein Kind) kennen, im Februar in Bild. Verheiratet ist sie mit der Berliner Fotografin Steffi Henn.
In einem Interview verriet Alice Braga („Dr. Reyes” in X-Men: New Mutants), im Januar, dass sie seit 2017 mit der Schauspielerin Bianca Comparato (bekannt aus der Netflix-Serie 3%) zusammen ist. Im nächsten Jahr werden wir mehr von der Brasilianerin sehen: In der Miniserie We Are Who We Are, in der die Brasilianerin Chloe Sevignys Ehefrau spielt, und dem Actionfilm Suicide Squad (Kinostart: Aug. 2021).
Kurz und knapp machte es Pearl Mackie, die in der britischen Kultserie Doctor Who die erste lesbische Gefährtin des Doktors war (K-Word #228): „Stolz, bisexuell zu sein. Stolz auf all meine LGBTQ+-Brüder und Schwestern und alle dazwischen“, schrieb sie auf Instagram.
Riverdale-Hauptdarstellerin Lili Reinhart schrieb Anfang Juni zu dem Aufruf zu einer LGBTQ-Soli-Demo für #BlackLivesMatter auf Instagram: „Auch wenn ich es noch nie öffentlich gesagt habe: ich bin eine stolze, bisexuelle Frau.“
Camryn Grimes, zweifache Emmy-Gewinnerin für ihre Rolle in der US-Soap The Young and the Restless (dt. Titel: Schatten der Leidenschaft), outete sich auf Twitter als bisexuell, nachdem sie sich als Nachfolgerin für Ruby Rose in Batwoman ins Spiel gebracht hatte: Die Rolle der lesbischen Superheldin sollte nämlich mit einer queeren Schauspielerin besetzt werden.
Als schließlich Javicia Leslie zur neuer Hauptdarstellerin in Batwoman ernannt wurde, freute die sich in einer Pressemitteilung: „Ich bin extrem stolz, als erste Schwarze Schauspielern diese ikonische Rolle zu spielen. Und als bisexuelle Frau fühle ich mich geehrt, in dieser für die LGBTQ+-Community bahnbrechenden Serie dabei zu sein.“ Die 33-Jährige spielte zuvor auch in der Serie God Friended Me eine Lesbe.
Die US-Schauspielerin Niecy Nash (Claws, When They See Us) outete sich Ende August mit ihren Hochzeitsfotos: Die 50-Jährige hatte in dritter Ehe überraschend eine Frau, die Sängerin Jessica Betts, geheiratet. „Ich habe meine Sexualität nicht mein ganzes Leben lang unterdrückt. Ich liebe, wen ich liebe“, erklärte sie der Zeitschrift People und bezeichnete Betts als „größte Liebe meines Lebens.“
Auf ihrer Webseite schrieb im März Dominique Provost-Chalkley, die in der Kultserie Wynonna Earp (aktuell bei Syfy) die eine Hälfte des Frauen-Traumpaars WayHaught spielt, über ihr queeres Coming Out. Sie habe sich schon immer „von allen Formen und Geschlechtern angezogen“ gefühlt, erklärte sie anlässlich ihres 30. Geburtstags, ihre Gefühle aber unterdrückt, weil sie „NICHT anders sein“ wollte.
Mit einem TikTok-Clip zu Diana Ross' „I'm Coming Out“ machte Nikki Blonsky, bekannt aus dem Musicalfilm Hairspray (2007) mit John Travolta, im Juni genau das und schickte per Instagram sicherheitshalber noch ein „I'm gay“ hinterher.
Der Schauspielerinnen-Nachwuchs wartet mit dem Coming Out nicht unnötig lange: Blu Hunt, die wie ihre Figur in X-Men: New Mutants (K-Word #369) queer und indigen ist (ihre Vorfahren waren Apachen), sagte der Zeitschrift People: „Ich dachte: Warum fühle ich mich Dani so verbunden? Oh, vielleicht bin ich einfach super-queer? Das war das Beste an dieser Rolle: zu wissen, dass ich queer sein und die indigene Community repräsentieren durfte.“
Auch Jo Ellen Pellman spielt in ihrer ersten großen Rolle, der Musical-Verfilmung The Prom (bei Netflix; unsere Filmkritik), eine lesbische Teenagerin und freute sich „als kleine queere Schauspielerin aus Ohio“ schon vor Beginn der Dreharbeiten öffentlich über diese Chance. Der New York Times sagte sie kürzlich: „Als ich mein Coming Out im letzten Highschool-Jahr hatte, war das keine große Sache. Ich bin eines Abends beim Fernsehen einfach damit rausgeplatzt: ‚Mom, ich glaube, ich bin queer.‘ Und sie so: ‚Das ist völlig in Ordnung.‘“ Mama Pellman ist übrigens auch lesbisch.
Bi-Coming Out aus einer Hetero-Beziehung heraus
Im Februar erklärte die britische Moderatorin und Schauspielerin Jameela Jamil (The Good Place), dass sie queer sei - um sich als Jurorin einer Dragqueen-Show gegen den Vorwurf zu wehren, dass sie nicht der LGBTQ-Community angehöre. In der Times präzisierte sie später, dass sie wohl pansexuell sei: „Ich stehe nicht nur auf cis Heteromänner.“ Tatsächlich ist sie aber seit 2015 mit einem zusammen: Dem Sänger James Blake.
Angesprochen auf einen Tweet aus dem Jahr 2018, der als bisexuelles Coming Out verstanden werden konnte, sagte die Schauspielerin Rosario Dawson (Claire Temple in Daredevil, Jessica Jones, Luke Cage und Iron Fist) ebenfalls im Februar: „Ich meine, es ist nicht ganz falsch, aber es war kein richtiges Coming Out. Jetzt aber wohl schon!“ Jedoch fügte sie hinzu: „Aber ich hatte noch nie eine Beziehung in der Richtung.“ Aktuell ist sie mit dem US-Politiker Cory Booker liiert.
Chyler Leigh, die in Supergirl die lesbische Schwester der Titelheldin spielt, hat sich auf der Webseite ihrer Charity „Create Change“ als dem LGBTQ-Spektrum zugehörig geoutet. Allerdings blieb bis heute unklar, als was genau sie sich identifiziert. Leigh, die durch Grey’s Anatomy bekannt wurde, ist seit 2002 mit dem Musiker Nathan West verheiratet und hat drei Kinder.
Musikerinnen:
Zehn Jahre lang schwieg La Roux zu den L-Gerüchten, aber Anfang des Jahres öffnete sich der britische Popstar („Bulletproof“), sagte etwa unserer Schwesterzeitschrift Siegessäule: „Ich besitze auch bisexuelle Neigungen, aber ich habe mich noch nie in einen Mann verliebt“ und bezeichnete sich in der Zeitung The Independent als „fucking gay“.
Auch über die Grammy-nominierte Rapper-Ikone Da Brat („SockIt2Me“) pfiffen es die Spatzen schon seit vielen Jahren von den Dächern, aber wem ihr Herz gehört, verriet sie erst mit Mitte 40, als sie sich im März über ein Geschenk ihrer Lebensgefährtin Jesseca Dupart derart freute, dass sie ihr Gefühlsventil auf Instagram öffnete.
So lange wartete die Sängerin Angèle (aktueller Hit: „Fever“ mit Dua Lipa) nicht: Die 25-Jährige, die in Frankreich und ihrer belgischen Heimat ein Popstar ist und bei den MTV Europe Music Awards 2020 als „Best Belgian Act“ ausgezeichnet wurde, outete sich im August mit dem T-Shirt-Spruch „Portrait of Women who love Women“ (= Porträt von Frauen, die Frauen lieben), ihre Freundin ist die französische Comedienne Marie Papillon.
„Meine Sexualität zu verstehen und zu akzeptieren ist etwas, mit dem ich zu kämpfen habe, seit ich ein Teenager war“, schrieb die britische Elektropop-Musikerin Låpsley im Juni auf Instagram. Lange habe sie ihre sexuelle Identität als schambehaftet erlebt, „aber jetzt oute mich der Welt mit Stolz als bisexuelle Frau.“
Im April outete sich die US-Sängerin Rebecca Black im Podcast Dating Straight als queer und erklärte: „Das Wort 'queer' fühlt sich für mich einfach richtig an. Ich habe viele verschiedene Menschen gedatet und ich weiß einfach nicht, was sie Zukunft bereithält. An manchen Tagen fühle ich mich eher lesbisch, als an anderen.“ Black wurde mit 13 durch ihren viralen Youtube-Hit „Friday“ (2011) bekannt – bis heute ihr größter Erfolg.
Aus den Schlagzeilen:
Dass Donald Trumps eine lesbische Nichte hat, erfuhren wir aus dem Enthüllungs-Buch „Zu viel und nie genug“, das Mary Trump über ihren Onkel schrieb (und von dem sie schon am ersten Verkauftstag im Juli fast eine Million Exemplare verkaufte). Mit ihrer Familie habe sie nie über ihre Homosexualität gesprochen, sagte die Psychologin dem LGBT-Magazin The Advocate. „Meine Familie waren so anti-alles, gegen alles, was anders war als sie. Also habe ich einfach angenommen, dass sie auch anti-gay waren.“
„Ich habe mich immer als bisexuell betrachtet. Auch wenn ich nie eine Ehefrau hatte, könnte ich genauso eine Frau statt eines Ehemanns haben“, sagte die Tierschützerin Carole Baskin, die durch die Netflix-Doku Großkatzen und ihre Raubtiere (Originaltitel: Tiger King) bekannt wurde, im Oktober der LGBT-Webseite Pink News und ergänzte später gegenüber TMZ, dass sie in den 1980er Jahren Sex mit Männern und Frauen gehabt habe und sogar eine „nichtsexuelle“ Ehefrau hatte, die zudem hetero war…
„Ich mag Frauen. Ich bin lesbisch. Ich habe 42 Jahre gebraucht, um das auszusprechen“, sagte der US-Reality-Star Braunwyn Windham-Burke, bekannt aus Real Housewives of Orange County, im Dezember in einem Interview mit dem LGBTQ-Medienverband GLAAD. Obwohl sie jetzt eine Freundin hat, wolle sie aber dennoch mit ihrem Mann, mit dem sie sieben Kinder hat, verheiratet bleiben.
Nichtbinär und/ oder trans:
Sara Ramirez outete sich 2016 als bisexuell und im August auch offiziell als nichtbinär. Auf Instagram und Twitter hatte der Ex-Grey's Anatomy-Star zuvor schon vermerkt, neben dem weiblichen Pronomen auch das genderneutrale (und nicht ins Deutsche übersetzbare) „they/ them“ zu verwenden.
Jill Soloway heißt jetzt Joey Soloway: Der_die frühere Showrunner der trans-queeren Amazon-Serie Transparent wählte im Juni den neuen Vornamen und freute sich, „endlich einen Namen zu haben, der zu meiner nichtbinären Existenz passt.“ Ein trans Coming Out war das aber nicht.
Drei Promis, die bisher als lesbische cis Frauen galten, outeten sich 2020 auf Instagram als trans und nichtbinär: „Ich bin trans, meine Pronomen sind he/ they, und meine Name ist Elliot“, schrieb Elliot Page, Oscar-nominiert für Juno und aus Blockbustern wie Inception und X-Men: Der letzte Widerstand bekannt, am 1. Dezember (unser Artikel). Page, der mit der Tänzerin Emma Portner verheiratet ist, outete sich 2014 als lesbisch und war seitdem in mehreren lesbischen Rollen - Freeheld, My Days of Mercy, Stadtgeschichten und zuletzt der Netflix-Serie The Umbrella Academy - zu sehen.
Der kanadische Fußballstar Quinn (WM-Bronze 2019) erklärte im September: „Bei den Menschen, die ich am meisten liebe, bin ich schon seit vielen Jahren offen trans. (…) Nun möchte ich auf für Queers sichtbar sein, die keine Menschen wie sie selbst in ihrem Feed sehen. Ich weiß, dass das vor Jahren mein Leben gerettet hat.“
Und Basketball-Weltmeisterin Layshia Clarendon, die sich bisher als „lesbisch, weiblich, nicht-cisgender“ definierte, hängte im Dezember noch den Begriff „trans“ dran: „Es gibt tatsächlich nicht nur eine Art, trans zu sein. (…) Man kann trans und nichtbinär, genderqueer und so viel mehr sein“, schrieb er (was Pronomen angeht, ist Clarendon offen und akzeptiert „sie“, „er“ und das genderneutrale „they“).
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