8 neue Streamingserien mit L-Faktor
Wir haben die Streamingdienste nach neuen Serien mit lesbischen und bisexuellen Charakteren gescannt und sagen euch, wie hoch ihr L-Faktor ist und ob sich das Reinschalten lohnt.
Von Karin Schupp
3.3.2019 - Dank der Streamingdienste kommen viel mehr Serien zu uns und damit erfreulicherweise auch viel mehr Formate mit LGBTQ-Charakteren. Luxusproblem: Inzwischen sind es so viele, dass man schnell den Überblick verliert. Und selbst wenn sich herumspricht, dass es hier oder dort eine lesbische Figur gibt, stellt sich die Frage, ob die Rolle interessant und groß genug und die Sendung insgesamt sehenswert ist. Wir nehmen euch die Arbeit ab und haben acht Serien für euch angeschaut.
1. Workin' Moms (Kanada, seit 2017) – Mütter vorm Nervenzusammenbruch
Vier berufstätige Mütter - die PR-Expertin Kate (Catherine Reitman, die die Serie auch schreibt und produziert), die Psychotherapeutin Anne (Dani Kind, Wynonna Earp), die Maklerin Frankie (Juno Rinaldi) und die IT-Angestellte Jenny (Jessalyn Wanlim) –, kehren nach der Geburt ihres Kindes in ihre Jobs zurück, was ihren Alltag und ihre Beziehungen nicht einfacher macht.
Der L-Faktor: Frankie ist lesbisch und leidet an einer postnatalen Depression, die ihre Beziehung mit Giselle (Oluniké Adeliyi) sehr belastet. Aber keine Sorge: Die Staffeln 2 und 3 meinen es aber weitaus besser mit ihr und ihrem Liebesleben! In einer Nebenrolle ein weiterer Wynonna Earp-Star: Katherine Barrell (die als lesbische Polizistin Nicole zum Lesbenschwarm wurde) als allseits gehasste perfekte Übermutter.
Lohnt sich das? Schonungslose Frauencomedy ohne Tabus, in der sich vor allem Mütter wiederfinden werden. Aber: zu drei Vierteln hetero.
Wo? Bei Netflix steht Staffel 1 der bisher drei Staffeln.
2. All American (USA, 2018) - Sport-Soap mit Beverly Hills 90210-Flair
Der talentierte Highschool-Footballer Spencer (Daniel Ezra), der aus einem ärmeren Viertel in Los Angeles kommt, wird von einer Schule in Beverly Hills abgeworben und muss sich von nun an in den zwei unterschiedlichen Welten zurechtfinden. Es geht um Sport, Gangs, Rivalitäten und natürlich Liebe.
Der L-Faktor: Spencers beste Freundin Coop ist lesbisch, gespielt wird sie von der Rapperin Bre-Z (Empire).
Lohnt sich das? Hollywoods schwuler Powerproduzenten Greg Berlanti, der in allen seinen Serien LGBT-Charaktere (z.B. Supergirl, Riverdale und demnächst Batwoman) unterbringt, enttäuscht selten. Im Mittelpunkt steht natürlich Spencer, aber Coop hat auch eigene Storylines und kriegt im Laufe der Staffel eine Freundin.
Wo? Google Play (OmU) – Staffel 1 läuft aktuell noch
3. Deutschland 86 (Deutschland, 2018) – Stasi-007 in geheimer Mission
DDR-Aushilfsspion Martin (Jonas Nay), der in Deutschland 83 die Bundeswehr unterwanderte und in Eigenregie einen Atomkrieg verhinderte, wird aus seiner Verbannung in Angola zurückgeholt, um seiner skrupellosen Stasi-Tante Lenora (Maria Schrader, Aimee & Jaguar) bei einer Geheimoperation in Afrika zu helfen. Doch bald fährt er wieder sein eigenes Ding und wechselt mehrfach die Seiten – oder doch nicht?!
Der L-Faktor: Lenora ist jetzt mit der südafrikanischen Freiheitskämpferin Rose (Florence Kasumba) liiert. In einem Nebenstrang werden auch die beiden Schwulen aus Deutschland 83, Tobias (Alexander Beyer) und Alex (Ludwig Trepte), in einer – passend zur Ära - Aids-Story weitererzählt.
Lohnt sich das? Erschien schon im Herbst, ging aber ein bisschen unter - nicht zu Unrecht, denn hier fehlt viel vom Sehspaß, den Deutschland 83 bot: Statt Entdeckungsreise in die deutschen 80er-Jahre spielen große Teile in der zeitlosen Wüste Afrikas, und der ehemals tapsig-unerfahrene Martin ist plötzlich ein Actionheld von der Stange. Lobenswert: Lenoras und Rose Beziehung spielt keine unwichtige Rolle.
Wo? Amazon
4. The Family (USA, 2016) – Unterkühlte Thrillerserie
Der Sohn einer hochrangigen Politikerin (Joan Allen) verschwand als Kind spurlos – und zehn Jahre später taucht Adam (Liam James) plötzlich wieder auf. Seine Rückkehr wirft Mutter und Vater Warren, den missratenen älteren Sohn Danny (Zach Gilford) und die überangepasste Tochter Willa (Alison Pill), die längst nur noch nach außen hin die intakte Familie geben, vollends aus der Bahn. Und eine Frage schwebt über allem und interessiert auch Polizei und Medien: Ist der junge Mann wirklich Adam?
Der L-Faktor: Eine Hauptfigur erlebt ihr lesbisches Coming Out – und es ist nicht die Journalistin Bridey, die als „lesbische Lifestyle-Bloggerin“ eingeführt wird, tatsächlich aber bisexuell ist (oder einfach nur mit allen ins Bett geht, die ihrer Recherche nutzen). Gespielt wird sie von Floriana Lima, die als lesbische Maggie in Supergirl weitaus mehr Sympathien auf sich zog.
Lohnt sich das? Vor allem was für Fans von Floriana Lima, denn trotz spannender Prämisse hält The Family das Publikum mit eisiger Atmosphäre, unsympathischen Figuren und großen Plot-Löchern auf Distanz (aber natürlich will man trotzdem wissen, ob es Adam ist oder nicht...).
Wo? Amazon und iTunes (OmU), Google Play, Maxdome, Videoload (OV)
5. Forever (USA, 2018) – Und wenn sie nicht gestorben sind...
Über die wohl ungewöhnlichste Serie des letzten Jahres kann man nicht viel erzählen, ohne schon zu viel zu verraten – vor allem nach den ersten beiden Folgen wird man jeweils alle Erwartungen komplett über Bord werfen müssen. Es geht um June (Maya Rudolph) und Oscar (Fred Armisen), die nach zwölf Jahren Ehe in eine gleichförmige Routine verfallen sind, die ihm gefällt, während sie zunehmend unglücklich wird. Ein Ski-Trip in Folge 1 - auf Junes Wunsch mal was Neues - hat ungeahnte Folgen...
L-Faktor: Eher subtil queer: June befreundet sich mit der Nachbarin Kase (Catherine Keener) - auch das wieder mit entscheidenden Konsequenzen. Dass sie ein Paar werden, wird nicht ausdrücklich gezeigt, aber Fred, sein Freund und auch viele Zuschauerinnen mutmaßen das (und wäre Kase ein Mann, würde wohl niemand daran zweifeln).
Lohnt sich das? Ein Muss für alle, die vorhersehbare Serien vom Reißbrett langweilen, auch wenn der Überraschungsfaktor gegen Ende der acht Folgen nachlässt. Eine klassische Lesbenstory ist es aber nicht.
Wo? Amazon
6. Camping (USA, 2018) - Natur, Streit, Sex (und Bären)
Der Camping-Trip des Ehepaars Walt (David Tennant, Jessica Jones) und Kathryn (Jennifer Garner, Alias) mit ihren - zum Teil nicht geladenen - Gästen löst Beziehungskrisen aus und lässt schwelende Konflikte aufbrechen. Und wenn auch nur ein Funken Spaß aufzukommen droht, wird er vom spaßbefreiten Kontrollfreak Kathryn sofort im Keim erstickt.
Der L-Faktor: Harry (Bridget Everett) und ihre Frau Nan (Yimmy Yim) als Campingplatz-Chefinnen. Dass auch Teenie-Camperin Sol (Cheyenne Haynes) lesbisch ist, durchschaut zunächst nur die bisexuelle Jandice (Juliette Lewis) - das ist aber nur ein sehr kleiner Handlungsstrang.
Lohnt sich das? Vor allem in den ersten Folgen ist Kathryn so furchtbar, dass es fürs Publikum fast so anstrengend ist wie für die Camper. Und ausgerechnet die beste Figur, Harry, ist nicht in allen acht Folgen dabei. Aber wer durchhält: Am Ende gibt es zwei neue Frauenpaare!
Wo? Google Play, iTunes, Maxdome, Sky Go, Sony, Videoload
7. Matrjoschka (USA, 2019) – Und ewig grüßt das Murmeltier
Nadia (Natasha Lyonne) gelingt es einfach nicht, ihre Geburtstagsparty zu verlassen, ohne früher oder später zu sterben – sei es nach Minuten oder Tagen: Jedesmal landet sie wieder im Badezimmer ihrer Freundin Maxine (Greta Lee), bei der das Fest stattfindet. Zusammen mit Alan (Charlie Barnett), der ebenfalls in einer Zeitschleife steckt, versucht sie herauszufinden, wie sie aus dem Teufelskreis ausbrechen können. In Nebenrollen u.a. Chloë Sevigny und Dascha Polanco (Daya in Orange is the New Black).
Der L-Faktor: Natasha Lyonne ist zwar vor allem für Lesbenrollen, zuletzt in Orange is the New Black, bekannt, aber in dieser schwarzen Komödie, die sie mit Amy Poehler (Parks & Recreation) und Leslye Headland schrieb, ist sie hetero. Die einzige Lesbenrolle hat Headlands Frau Rebecca Henderson (bekannt aus dem Lesbenfilm Approriate Behavior) als Nadias Freundin Lizzy. Die lesbische Regisseurin Jamie Babbit (But I’m a Cheerleader) führte neben Headland und Lyonne Regie.
Lohnt sich das? Unterhaltsam, originell und: Natasha Lyonne schaut man einfach gerne zu. Aber eher ein Kinofilm als eine Serie - nach den vier Stunden sehnt man sich eigentlich keine zweite Staffel herbei.
Wo? Netflix
8. God Friended Me (USA, 2018) – Wenn Gott dein Facebook-Freund wird
Miles (Brandon Micheal Hall), Pfarrersohn und überzeugter Atheist, bekommt auf Facebook eine Freundschaftsanfrage von Gott und wird danach von „Gott“ immer wieder auf Menschen gestoßen, die seine Hilfe benötigen. Miles‘ Hacker-Freund Rakesh (Suraj Sharma) und die Journalistin Cara (Violett Beane) unterstützen ihn bei seinen Hilfsmissionen und auf der Suche danach, wer hinter „Gott“ steckt.
Der L-Faktor: Miles‘ Schwester, die Cafebesitzerin Ali (Javicia Leslie), ist lesbisch und hat eine Freundin.
Lohnt sich das? Charmante Feelgood-Serie, ohne allzu rührselig zu werden. Ali ist bisher - außer in Folge 3 - nur eine Nebenfigur, scheint aber im letzten Drittel der Staffel (die in den USA noch bis Ende März läuft) stärker ins Spiel zu kommen.
Wo? Google Play, Microsoft (OmU), iTunes (OV) - Staffel 1 läuft noch
OmU = Originalversion mit Untertiteln, OV = englische Originalversion
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