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Abschied von Ika Hügel-Marshall, Pionierin der afrodeutschen Community

Die Berliner Künstlerin Ika Hügel-Marshall, eine der ersten Aktivistinnen der afrodeutschen Bewegung, ist am 21. April überraschend verstorben. Ein Nachruf von ihrer guten Freundin und Weggefährtin Miss Sam.

Sabine Galler Ika Hügel-Marshall (13.3.1947-21.4.2022)

Von Miss Sam

26.4.2022 - Ika-Hügel-Marshall, Pionierin der afrodeutschen Community, ist am 21. April im Alter von 75 Jahren plötzlich und unerwartet verstorben. Als mich die Nachricht ereilte konnte ich kaum atmen - so fassungslos und erschüttert war ich.

Erst kürzlich habe ich ihr beim Malen ihrer schönen farbenfrohen Bilder zugeschaut, während ihre Partnerin Dagmar Schultz und ich am Schneiden eines Videos waren. Sie sah dabei so friedlich und in sich ruhend aus. Dabei hatte sie in ihrem Leben schon so viel grausame strukturelle Gewalt erlebt, von welcher sie in ihrem autobiographischen Zeitdokument „Daheim Unterwegs. Ein deutsches Leben“ berichtet (2020 wiederaufgelegt vom Unrast Verlag). In den USA erhielt sie für dieses Buch den Audre Lorde Literary Award.

1947 wurde Ika als einzige Afrodeutsche in Roth bei Nürnberg geboren. Schon sehr früh musste Ika und ihre Familie erfahren, wie struktureller Rassismus eine Familie entzweien konnte. Auch in der Schule wurde ihr trotz guter schulischer Leistungen immer wieder signalisiert, dass sie so wie sie ist nie genug ist! Immer wieder musste sie zahlreiche Barrieren und Widerstände überwinden, um ihre schulischen und beruflichen Ziele zu verwirklichen. Sie gab niemals auf!

Ika war Diplompädagogin, Künstlerin, Lehrbeauftragte an den Berliner Universitäten FU und TU und der Alice Salomon Hochschule. In Frankfurt/ Main baute sie in den Achtzigern zusammen mit Sunny Graff das Zentrum „Frauen in Bewegung e.V.“ auf. Sie machte ihren schwarzen Gürtel in Taekwondo und unterrichtete in Berlin Selbstverteidigungskurse für Schwarze Frauen, migrierte und jüdische Frauen.

Viele Jahrzehnte lang war die Lebensgefährtin von Dr. Dagmar Schultz. Sie war psychosoziale Beraterin vieler People of Color/ afrodeutscher Menschen in verschiedenen Lebenslagen, enge Freundin von May Ayim und der Pionierin/ Aktivistin der Afrodeutschen Bewegung Audre Lorde, Co-Autorin des Scripts für die Dokumentation „Audre Lorde – The Berlin Years1984 to 1992“ und Protagonistin in dem Film. Ihr letztes Buch, „May Ayim. Radikale Dichterin, sanfte Rebellin“, das sie mit Nivedita Prasad und Dagmar Schultz herausgab, erschien im Sommer 2021.

Vor allem war sie Freundin, Schwester und immer darauf bedacht, anderen POC's mit ihrer mentalen Stärke Kraft zu geben, damit diese den Alltagsrassismus, verbunden mit der strukturellen Ungerechtigkeit, überstehen konnten. Mit Ika geht für mich eine wichtige Mentorin, diese Lücke ist nicht zu schließen. Danke für alles, liebe Ika.

Miss Sam, Afrodeutsche, Dipl. Sozialpädagogin & Teil des ehrenamtlichen Freizeitkollektivs der „Butch Barflys“ - in tiefer Verbundenheit & Dankbarkeit gemeinsam mit Ika-Hügel-Marshall viele Etappen des Lebens erlebt zu haben. 

In Berlin eröffnet am 17. Juni eine Ausstellung von Ikas künstlerischen Werken in der „Begine – Treffpunkt und Kultur für Frauen e.V.“ (Potsdamer Str. 139).

 

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