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Achtung, diese lesbische Softdrink-Werbung gefährdet Ungarns Kinder!

Nach homophoben Protesten muss Coca-Cola in Ungarn eine Strafe für homosexuelle Werbemotive zahlen, die die „Entwicklung von Minderjährigen beeinträchtigen“. Ungarns LGBT-Community meint: Man muss die Brause nicht mögen, um den Konzern zu unterstützen.

Von Karin Schupp

19.10.2019 - Ein lesbisches, ein schwules und ein heterosexuelles Paar zeigten die Motive der Kampagne „Love is Love“, die Coca-Cola in Ungarns Hauptstadt Budapest plakatieren ließ. Das Hetero-Paar sorgte für keinen Ärger, die beiden anderen aber schon: Die Stadt verhängte nun ein Bußgeld in Höhe von umgerechnet etwa 1.500 Euro - ihrer Ansicht nach verstoßen sie gegen das Verbot von Motiven, die „die körperliche, geistige, emotionale und moralische Entwicklung von Kindern und Minderjährigen beeinträchtigen.“

Der Getränkekonzern hatte die Plakate im August nur ein paar Tage anlässlich des Sziget-Festivals aufgehängt und durch eine Cola-Sonderedition mit regenbogenfarbenem Logo ergänzt, die ebenfalls in der Stadt beworben und auf dem Festivalgelände verteilt wurde.

Coca-Cola/ Facebook Das Hetero-Paar ist das einzige, das sich näherkommen darf - die beiden anderen Pärchen könnten genau genommen auch einfach nur gut befreundet sein...

Petition und Boykott-Aufruf gegen „homosexuelle Superpropaganda“

Schon im Sommer kochte in Ungarn homophobe Empörung hoch, viele Plakate wurden beschmiert, und eine von der ultrakonservativen Gruppe CitizenGo gestartete Petition gegen die Werbung bekam 42.000 Unterschriften.

„Die homosexuelle Lobby hat Budapest bereits im Griff“, behauptete das rechte Portal Pesti Srácok, der Chefredakteur der regierungsnahen Zeitung Demokrata, Andras Bencsik, sprach im ungarischen Fernsehen von einer „homosexuellen Superpropaganda“, die „ein sehr wirksames Werkzeug für den Selbstmord der weißen, europäischen Zivilisation“ sei. Und István Boldog, ein Abgeordneter der rechtsnationalen Regierungspartei Fidesz, verstieg sich sogar dazu, auf Facebook zu einem Boykott der süßen Brause aufzurufen - was seine Partei allerdings offiziell ablehnte.

... wobei nicht unterschlagen werden soll, dass die beiden Frauen sich an den Händen berühren!

Ungarn LGBT-Community unterstützt den Konzern

Auch wenn die #LoveIsLove-Kampagne wohl vor allem eine gelungene Marketing-Aktion war: Der Weltmarktführer hat die Solidarität der Community. Schon im August sagte der schwule Aktivist Tomas Dobos dem Deutschlandfunk: „Natürlich sollen wir keine Illusionen haben. Alle Firmen möchten Profit machen. Aber trotzdem ist es wichtig, wenn eine Firma solche Themen aufgreift. Sie gehen damit ein Risiko ein. Auch Coca-Cola ist ein Risiko eingegangen, und das finde ich gut.“

Und so bot der ungarische LGBT-Verband Háttér Társaság, der die Strafe auf Facebook als „verfassungwidrig“ kritisierte, dem Konzern Rechtshilfe an, „weil die Entscheidung der Behörde nicht nur für das Unternehmen, sondern für die gesamte ungarische LGBT-Community gilt.“

Coca-Cola Ungarn

„Wir drücken die Werte aus, für die wir stehen“

Wie ernst es dem Getränkehersteller ist und ob er gegen das Bußgeld zur Wehr setzen wird, ist nicht bekannt. Bislang beließ man es bei einer Erklärung, in der es heißt: „Coca-Cola glaubt weiterhin, dass wir alle gleich sind, unabhängig von Nationalität, Religion, Geschlecht, Alter, ethnischer Herkunft, Sprache, Hobbys oder Meinungen. In unseren Anzeigen, Beiträgen und Botschaften drücken wir die Werte aus, für die wir stehen.“

Zumindest in der deutschen Niederlassung des Unternehmens Deutschland scheint Vielfalt gelebt zu werden: Hendrik Hartje, Chief Information Security Officer in Berlin, steht auf der im Oktober veröffentlichten Liste der „Top 100 Out Executives 2019“, also der erfolgreichsten offen LGBT-Manager:innen in Deutschland, seine Kollegin Annette Pampel, Senior HR Consultant Diversity, wurde in die Liste der „Top 20 Future Leader“ aufgenommen.

Ungarn landete 2019 im Ranking der LGBT-freundlichsten Länder Europas auf Platz 19 (von 49) und damit nur vier Plätze hinter Deutschland, aber seit 2010 die rechtskonservative Partei von Viktor Orbán an die Macht kam, hat sich das Klima für LGBTQ jedoch spürbar verschlechtert.

 

Weiterlesen: Deutschlands LGBTI-Freundlichkeit lässt nach - zwei Rankings der LGBTI-freundlichsten Länder (Mai 2019)

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