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Attacke auf polnischen CSD geplant - wie können wir die dortige Community unterstützen?

Heute wollen LGBT*-feindliche Gruppen den Pride im polnischen Płock angreifen. Wir sprachen mit Mathias Wasik von All Out: Die Organisation hat eine Petition an die EU gestartet, um der LGBT*-Community in Polen zu helfen.

Leonhard Lenz, CC0 Solidarität mit Polens LGBTQ-Community auf dem Berliner CSD 2019

Von Andreas Scholz

Update, 12.08. – Beim ersten CSD in der polnischen Stadt Plock am Samstag ist es weitgehend friedlich geblieben! Nach Medienangaben zogen rund 2.000 bis 3.000 Teilnehmer*innen durch die Innenstadt, geschützt von hunderten Polizist*innen. Zu der angekündigten Blockade der Demo kam es nicht. In Seitenstraßen und am Bürgersteig hatten sich um die hundert Gegendemonstranten eingefunden, um mit homofeindlichen Plakaten und Sprechchören wie „Das ist Polen, nicht Brüssel“ den CSD zu stören. Vereinzelt sollen auch Eier und Feuerwerkskörper geflogen sein, und am Ende kam es zu einem Gerangel. Allerdings eskalierte die Situation nicht. Aggressive Gegendemonstranten wurden sofort von der Polizei dingfest gemacht.

 

10.8.2019 - Am heutigen Samstag könnte es erneut zu einer Attacke auf einen CSD in Polen kommen! LGBT*-feindliche Gruppen haben auf Facebook dazu aufgerufen, einen Pride-Marsch in Płock an diesem Samstag zu blockieren. Im Juli war der erste Pride im polnischen Białystok von Rechtsextremen attackiert worden, die die Parade mit Steinen und Flaschen bewarfen. Die Organisation All Out, die sich für Menschenrechte von LGBTI* einsetzt, hat jetzt in Zusammenarbeit mit polnischen Aktivist*innen eine Unterschriftenaktion gestartet, um etwas gegen die derzeitige Eskalation des Hasses zu tun.

Ziel der Kampagne: Die Europäische Union soll die Diskriminierung von LGBTI* in Polen verurteilen und „die polnischen Behörden auffordern, LGBTI*-Personen zu schützen und Gesetze gegen Hassverbrechen aufgrund von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität zu erlassen.“ Wir stellten Mathias Wasik von All Out ein paar Fragen zur Aktion und zur Situation in Polen.

 

Warum habt ihr die Aktion gerade jetzt ins Leben gerufen?

Wir sehen in Polen eine Eskalation von Übergriffen auf die LGBTI*-Bevölkerung. Das Thema wird von rechten Politikern und Vertretern der katholischen Kirche für politische Zwecke instrumentalisiert. Und ihren hetzerischen Worten folgen Taten, wie wir zuletzt beim Pride-Marsch in Białystok gesehen haben. Mit der Aktion, die wir gemeinsam mit zwei polnischen Gruppen gestartet haben, wollen wir über die Grenzen Polens hinaus Solidarität für die polnische LGBTI*-Community mobilisieren. Diesen Samstag findet in Płock der nächste Pride-Marsch statt, und LGBT*-feindliche Gruppen trommeln bereits zu einer erneuten Blockade. Und im Oktober finden die polnischen Parlamentswahlen statt und wir erwarten, dass im Vorfeld die Debatte zu dem Thema nur noch heftiger wird.

Eure Aktion richtet sich konkret an Jean-Claude Juncker, Präsident der Europäischen Kommission, und an Ursula von der Leyen, gewählte Präsidentin der Europäischen Kommission. Warum?

Die EU sitzt am längeren Hebel, da Polen stark vom Geldfluss aus Brüssel abhängig ist. Deshalb sehen wir die Europäische Kommission in der Verantwortung einzuschreiten und ein klares Zeichen gegen den Hass in Polen zu setzen.

Es kam leider in der Vergangenheit immer wieder zu Angriffen auf polnische Pride-Veranstaltungen. Inwieweit seht ihr hier im Moment eine Eskalation der Situation?

Der Ton hat sich in den letzten Monaten eindeutig verschärft. Maßnahmen wie das Verteilen von LGBTI*-feindlichen Aufklebern, krasse Aussagen von katholischen Würdenträgern, die von einer „Regenbogen-Pest“ sprechen, und üble verbale Angriffe auf LGBTI*-Personen im Netz zeigen, dass wir eine neue Stufe der Gewalt erreicht haben. Wir wissen, wie schnell aus Hassreden, Hassverbrechen werden können – es ist allerhöchste Zeit zum Handeln.

In eurem Aufruf steht, dass sich etwa 30 polnische Landkreise zu „LGBT*-freien Zonen" erklärt haben. Wer steht hinter diesen Aktionen?

Diese Aktionen sind vor allem symbolisch. Rechtlich haben sie (noch) wenig Hand und Fuß. Aber sie senden ein Signal an die polnische LGBT*-Community: Wir akzeptieren euch nicht. Ihr seid nicht willkommen hier. In meinen Gesprächen mit polnischen LGBT*-Personen merken sie oft an, dass diese Ausgrenzung ganz gezielt mit dem Narrativ des „Anderen“ spielt. Es wird ein politisches Feindbild geschaffen, das Teil einer wilden Ideologie ist, die alles ablehnt, das als liberal, progressiv und „westlich" angesehen wird. Aber Polen ist auch die Heimat von Lesben und Schwulen, und wird es immer sein.

LGBT*-feindliche Gruppen rufen auf Facebook dazu auf, den Pride-Marsch in Płock an diesem Samstag zu blockieren. Von wem geht die Aggression aus?

Wir haben diesen Aufruf auf Facebook gesehen und unsere Mitglieder aufgefordert, die Facebook-Veranstaltung als hetzerisch zu melden. Leider hat Facebook bislang nicht auf die Forderungen gehört, sie zu entfernen. Es ist unklar, wer hinter dieser Aggression steht. Aber Białystok hat gezeigt, dass die Gefahr real ist. In diesem angespannten Umfeld kann es schnell passieren, dass wirklich jemand zu Schaden kommt. Wir arbeiten mit KPH - Kampagne gegen Homophobie und Lambda Warschau unter Hochdruck daran, die Öffentlichkeit auf dieses Wichtige Thema - mitten in Europa - zu lenken.

Helft mit einer Unterschrift unter der Petition, unseren polnischen Freund*innen eine Stimme zu geben:

action.allout.org

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