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Berlin unterstützt Lesben mit Kinderwunsch

In Berlin können Frauenpaare seit 1. Juli einen Zuschuss für eine Kinderwunschbehandlung beantragen. Damit geht die Hauptstadt einen Schritt weiter als die explizit heterosexuelle Bundesinitiative - und nimmt damit eine Vorbildfunktion ein.

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Von Dana Müller

3.7.2021 - Wer Kinder will, muss zahlen – so lautet zumindest für lesbische Paare mit Kinderwunsch die bisherige Devise in Deutschland. Während sich bei verheirateten heterosexuellen Paaren die gesetzliche Krankenkasse mit 50 Prozent an den Kosten für die „Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft“ beteiligen kann, gehen lesbische Paare grundsätzlich leer aus.

Denn laut Sozialgesetzbuch (§27a SGB V) haben ausschließlich verheiratete Paare einen gesetzlichen Anspruch auf finanzielle Unterstützung bei der künstlichen Befruchtung, die „Ei- und Samenzellen der Ehegatten“ verwenden (§27a SGB V, abs. 4). Dabei können die Gesamtkosten – je nach Behandlungsart – für Paare bis zu 5.000 Euro betragen.

Seit der Öffnung der Ehe auch für homosexuelle Paare (im Oktober 2017) wurde der erste Grundstein hin zur kassenärztlichen Förderung für Lesben gelegt. Bis dahin schieden sie von einer Kostenübernahme aus, weil die zuvor eingetragene Lebenspartnerschaft nicht mit der als Voraussetzung geltenden Ehe gleichgestellt war.

Berlin gibt auch Frauenpaaren einen Zuschuss zum Eigenanteil

Nun setzt Berlin - als zweites Bundesland nach Rheinland-Pfalz - ein wichtiges Zeichen Richtung bundesweiter Gesundheitspolitik: Neben der kassenärztlichen Förderung bietet das Land eine weitere Unterstützung für „ungewollt kinderlose Paare“, wie es auf der Webseite des Landesamt für Gesundheit heißt. Demnach können Paare eine weitere Förderung in Höhe von maximal 800 € (bei IVF – In-vitro-Fertilisation) bzw. 900 € (ICSI – Intrazytoplasmatische Spermieninjektion) beantragen. Sie haben damit die Möglichkeit auf einen Zuschuss von maximal 50 Prozent des Eigenanteils (also auf den Restbetrag nach Erhalt der Krankenkassen-Bezuschussung). Dies gilt allerdings nur für die zweite und dritte Behandlung, das heißt für die erste Behandlung müssen Lesben auf jeden Fall rund 5000 € in die Hand nehmen.

Bereits seit 1. April 2012 stellt der Bund finanzielle Hilfen für Kinderwunschbehandlungen bereit, doch erst mit dem Inkrafttreten der Erweiterung der Bundesförderrichtlinie im März 2021 können erstmals auch „unverheiratete Paare, die in einer auf Dauer angelegten nichtehelichen, heterosexuellen Lebensgemeinschaft leben, finanzielle Unterstützung aus Bundesmitteln erhalten“, so heißt es auf der Webseite des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) wörtlich. Damit soll künftig auch unverheirateten Paare finanzielle Hilfe beim Kinderwunsch zukommen, vorausgesetzt die jeweiligen Länder erlassen entsprechende Förderungsprogramme.

Doch Berlin geht nun einen Schritt weiter und unterstützt – im Gegensatz zu der explizit heterosexuellen Bundesinitiative – seit 1. Juli „gleichgeschlechtliche weibliche Paare, bei denen eine medizinische Indikation vorliegt und verschiedengeschlechtliche Paare, die auf eine Fremdsamenspende angewiesen sind“. Chapeau, Berlin! Damit zeigt die Hauptstadt mal wieder, dass sie nicht nur ein LGBT-freundlicher Lebensort, mit reichhaltigen Kultur- und Partyangebot ist, sondern auch, dass die Landespolitik viel näher dran an diversen Lebensrealitäten ist.

Der Staat sollte alle Menschen mit Kinderwunsch gleich behandeln

Denn bisher diskriminieren die mit staatlichen (!) Zuschüssen finanzierten gesetzlichen Krankenkassen nicht nur lesbische Paare, sondern auch Unverheiratete und Partnerschaften, bei denen die eigenen Samen- oder Eizellen nicht verwendet werden können, obwohl die medizinisch-technischen Voraussetzungen dafür schon längst gegeben sind.

Bleibt zu hoffen, dass die neue Bestimmung in Berlin auch eine Vorbildfunktion für andere Bundesländer hat und eventuell sogar zu einer bundesweiten Debatte führt. Denn gerade im Wahlkampfjahr 2021 wäre es an der Zeit, diese veraltete Diskriminierung verschiedener Beziehungen abzuschaffen! Entweder unterstützt der Staat ALLE Menschen mit Kinderwunsch oder niemanden.

Hier stehen Infos und der Antrag für Berlin, und hier gibt's weitere Informationen zur Finanzierung einer künstlichen Befruchtung.

Ergänzung der Redaktion: Gefördert werden nur Frauen, bei denen eine „medizinische Indikation“ (z.B. Eileiterverschluss) vorliegt. Unklar ist, ob die Förderung auch trans Männer oder „diverse“ Personen mit Kinderwunsch miteinschließt.

 

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