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Beschimpft, angespuckt, rausgeworfen - #MeQueer: Ein Hashtag geht um die Welt

Unter dem Hashtag #MeQueer machen Menschen auf Twitter öffentlich, welche homo- und transphoben Diskriminierungen sie erlebt haben. Wie weit wir noch von echter Akzeptanz entfernt sind, zeigen auch viele negative Reaktionen darauf.

Fahne: Charlie Nguyen, CC-BY

Von Lena Schneider

26.8.2018 - Zuerst #MeToo, dann #MeTwo und jetzt #MeQueer. Hinter dem Hashtag, der seit letztem Wochenende in der Twitter-Gemeinde kursiert, verbirgt sich eine neue Bewegung, die die Herabsetzung der LGBTIQ-Community in Deutschland aufzeigen soll. In den Tweets zu #MeQueer berichten seitdem tausende Twitter-Nutzer von ihren persönlichen Erlebnissen mit Homo- und Transfeindlichkeit im Alltag.

Ins Leben gerufen wurde #MeQueer von Autor Hartmut Schrewe, der mit diesem Tweet vom 13. August den Stein ins Rollen brachte:

Betroffene äußern sich auf Twitter daraufhin sowohl zu Reaktionen auf ihr Coming Out als auch zu unangebrachten Bemerkungen, die sie sich häufig anhören müssen. Wie absurd diese Kommentare eigentlich sind, bemerken einige offenbar erst, wenn ihnen auf ihre unangebrachten Fragen eine dumme Antwort entgegen geschmettert wird.

Doch viele Geschichten lassen sich nicht mit einer schlagfertigen Antwort relativieren. Die Mehrheit der Tweets unter #MeQueer erzählen von subtilen oder offenen Beleidigungen und schlichtweg brutalen Gewalterfahrungen aufgrund ihrer eigenen Sexualität.

Der Backlash ließ nicht auf sich warten

Wie auf Twitter üblich, gab es trotz des sensiblen Themas einen großen Backlash auf die Aktion. Als Resonanz auf ihre emotionalen Beiträge erhielten die Verfasserinnen und Verfasser oftmals erschreckend negative Reaktionen. Dass das Verweisen auf Diskriminierung einer Randgruppe gesellschaftlich keine allzu hohe Relevanz habe, ist dabei noch das Harmloseste. Sätze wie „Kann man dich noch abtreiben?“ oder „Das tut weh? Hungersnöte, Verkriegung, Versklavung, DAS tut weh“ zeigen immer deutlicher, wie weit Deutschland nach wie vor von ausnahmsloser Akzeptanz aller Menschen entfernt ist.

Wieso noch ein weiteres Hashtag?

Viele Twitter-Nutzer stellten zudem die Notwendigkeit eines weiteren Hashtags neben #MeToo und #MeTwo in Frage. Argumentiert wird dabei, dass bei immer häufiger auftretenden Hashtags dieser Art die ernsten Hintergründe ihre Bedeutung verlieren würden. Dass eine Aufklärung Unwissender jedoch bitter nötig ist, zeigen die Schilderungen der #MeQueer-Teilnehmer, die von tagtäglichem Hass und Gewalt sprechen, weil sie nicht der gesellschaftlich anerkannten Norm entsprechen.

Die Tweets unter #MeQueer stehen dafür, dass auch trotz der Einführung der Ehe für Alle nicht überall Friede, Freude, Eierkuchen herrscht. Darüber zeigten sich auch viele Unbeteiligte geschockt, was noch deutlicher macht, wie sehr die täglichen Anfeindungen gegen die LGBTIQ-Community in Deutschland unter den Teppich gekehrt werden.

#MeQueer kursiert inzwischen auch in anderen Sprachen

Knapp zwei Wochen nach dem ersten #MeQueer-Tweet stellt sich nun die Frage: Ist die Wirkung des Hashtags bereits abgeflaut oder geht es jetzt erst richtig los? Tatsächlich scheint das Thema nach wie vor brandaktuell und niemals ausgeschöpft zu sein (in Berlin wurde neulich beispielsweise ein lesbisches Pärchen grundlos angegriffen).

Wie brisant die Debatte ist, lässt sich auch daran erkennen, dass viele deutsche Medien wie BuzzFeed, Vice oder die Frankfurter Allgemeine über #MeQueer berichten. Und auch international hat das Hashtag Wellen geschlagen. So schrieben etwa die weltweite Nachrichtenagentur Reuters, die französische Webseite Komitid, das Gay Social Network Hornet und die spanische Huffington Post über die Bewegung, und mittlerweile kursiert #MeQueer auch schon in Englisch und Spanisch. In Spanien schickten inzwischen schon Politiker wie der Bürgermeister von Barcelona und das Innenministerium Gruß-Tweets an die LGBT-Community.

Zwar löst ein einziges Hashtag nicht alle Probleme, aber wir sind dadurch zumindest einen Schritt weiter auf dem Weg der Besserung. Doch solange keine volle Akzeptanz herrscht, wird immer jemand etwas zu #MeQueer sagen können.

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