Der Regenbogen wird staatlich: Familienministerium stellt LGBTI-Portal online
„Weil in der Community, von Angehörigen und Beschäftigten in Bildungseinrichtungen breites Interesse an Informationen besteht“, so Familienministerin Franziska Giffey, soll ihr „Regenbogenportal“ die zentrale Anlaufstelle für LGBTI-Belange im Netz werden.
Von Dana Müller
8.5.2019 - Da hat sich das Familienministerium was ganz Besonderes ausgedacht: Das Online-Portal zu „gleichgeschlechtlichen Lebensweisen und geschlechtlicher Vielfalt“ geht morgen (9. Mai) an den Start.
Das Regenbogenportal des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) soll zentrale Anlaufstelle im Netz für Lesben, Schwule, Bisexuelle, sowie trans- und intergeschlechtliche Personen sein. Aber auch Angehörige von LGBTI, Fachkräfte und alle, die sich informieren wollen, finden hier Texte und Videos zu den verschiedensten Themen im Regenbogen-Spektrum.
„Weil in der Community und auch von Angehörigen und von Lehrerinnen und Lehrern sowie Beschäftigten in Bildungseinrichtungen ein breites Interesse an Informationen besteht, stellen wir mit dem Regenbogenportal das erste vom Bund koordinierte Wissensnetz in Deutschland zur Verfügung“, erklärt Ministerin Franziska Giffey in einer E-Mail-Antwort gegenüber L-MAG.
"Dafür einsetzen, dass jeder Mensch selbstbestimmt leben darf"
So weit sind wir also im Kampf um Gleichberechtigung sexueller und geschlechtlicher Identitäten gekommen, vom einst schwer umkämpften Strafparagraf 175 (der noch bis 1994 männliche Homosexualität kriminalisierte) hin zu einer staatlichen Webseite, die sich Aufklärung und Hilfestellung beim Coming Out auf die Fahne schreibt. Die Familienministerin selbst nimmt sich des Themas an. Im Begrüßungsvideo der Webseite verkündet die SPD-Spitzenpolitikerin: „In einer demokratischen Gesellschaft sollten wir uns dafür einsetzen, dass jeder Mensch selbstbestimmt leben, sich entwickeln und frei entfalten darf.“
Auf Anfrage von L-MAG ergänzt sie außerdem: „Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Intergeschlechtliche und sich als queer definierende Menschen leben in der Mitte der Gesellschaft: Sie sind Kinder, Geschwister, Freunde, Kolleginnen und Kollegen, Nachbarinnen und Nachbarn. Daher wurden die LSBTI*-Themen auch bewusst in der Familienabteilung des Ministeriums verortet, genauer gesagt im Referat für Gleichgeschlechtliche Lebensweisen und Geschlechtliche Vielfalt.“
Dieses Referat bringt seine Arbeit mit dem Regenbogenportal auf einen Höhepunkt. Das „Wissensnetz zu gleichgeschlechtlichen Lebensweisen und geschlechtlicher Vielfalt“, wie der Subtitel der Webseite lautet, befasst sich mit Themen, wie „Mein neugeborenes Kind ist intergeschlechtlich“, „Coming Out als schwul, lesbisch, bi, pan oder queer“ und „Regenbogenfamilien: Rechtliche Rahmenbedingungen“. Sogar „Queersein und Glaube“ und „Rassismus in der Community“ wird nachgegangen.
Spagat zwischen Community-Interna und Infos für Unwissende
Für ein staatlich verordnete Aufklärungsstelle im Internet ist es reichlich vielfältig, auch wenn es sicher erst einmal nur ein sehr gelungen Auftakt ist, dem hoffentlich noch viele Facts und Kontakte folgen. Der anfänglichen Auswahl von empfohlenen Filmen und Büchern folgen bestimmt noch viele weitere.
Wobei der Spagat zwischen internen Community-Diskussionen und dem Informieren von Unwissenden kein leichter ist. Denn abgeholt werden sollen auch Menschen, die meinen, bisher keine Berührungspunkte zu Homosexuellen, Trans* und Interpersonen zu haben, und sich nun als Eltern, Verwandte oder pädagogisch Arbeitende damit auseinander setzen müssen.
Regenbogenfahne vorm Familienministerium
Das SPD-geführte BMFSFJ sorgte bereits 2017 unter Katarina Barley für Furore. Als die CDU gemäß des alten „Beflaggungserlasses“ des Innenministeriums daran festhielt, dass staatliche Institutionen nur hoheitliche Staatssymbole hissen dürfen, lud Barley anlässlich der Ehe-Öffnung und des Berliner CSD zum Empfang und hisste die Regenbogenfahne mit reichlich Sekt und knallenden Korken. Nun weht die Queer-Flagge nicht nur zur CSD-Saison vor dem Familienministerium.
Auf der Webseite können ab jetzt die Geschichte des Christopher Street Days nachgelesen, queere Begriffe nachgeschlagen und knapp 300 Beratungsstellen, Bildungs- und Freizeitangebote, Selbsthilfegruppen und Interessenverbände gesucht werden. Usus auf Regierungsseiten ist übrigens sprachliche Vielfalt. Die bietet neben Deutsch und Englisch auch Türkisch und Arabisch bis hin zu leichter Sprache. Viel bunter könnte die Seite kaum sein. Na dann: Auf ein Internet voller Regenbogen und Vielfalt.
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