L-Mag

Die lesbischen Filme der Berlinale 2016

Während in Berlin das Internationale Filmfestival Berlinale (11.-21. Feb.) beginnt, stellen wir euch die Filme mit lesbischem Inhalt vor, die in diesem Jahr um den LGBT-Filmpreis Teddy konkurrieren.

Regenbogenfamilie in "Rara" - Foto: Latido Films

Von Karin Schupp

l-mag.de, 11.2.2016 - Der Teddy wird 30, aber für Lesben gibt’s leider nicht viel Gelegenheit zu feiern: Nur vier Filme mit lesbischen Protagonistinnen bietet das Berlinale-Programm in diesem Jahr - es sei halt „wirklich sehr arbeitsintensiv, Filme mit lesbischem Inhalt zu finden“, erklärte Wieland Speck, Panorama-Chef und „The Daddy of the Teddy“, gegenüber der taz. Dabei hat man doch gerade jetzt das Gefühl, dass es so viele Lesbenfilme gibt wie nie zuvor (wir berichteten hier und hier). Insgesamt konkurrieren rund 35 Spielfilme, Dokumentationen und Kurzfilme um den wichtigsten LGBT-Filmpreis der Welt - auch das eine recht schmale Liste: Im Vorjahr waren es knapp 50 Produktionen.

Eine Alternative bietet da auf jeden Fall die Retrospektive „Teddy 30“, in der unter anderem Klassiker lesbischer Regisseurinnen wie Chantal Akerman, Cheryl Dunye, Barbara Hammer, Ulrike Ottinger und Monika Treut vertreten sind. Letztere zeigen auf der Berlinale auch ihre neuen Filme: Ottingers 12-stündige (!) Reisedoku Chamissos Schatten läuft in der Sektion Forum, das Panorama zeigt Treuts Doku Zona Norte über ein alternatives Schulprojekt in Brasilien. 

Die lesbischen Filme auf der Teddy-Liste:

Rara, Chile/ Argentinien 2016, Regie: Pepa San Martín, 88‘, Spanisch mit englischen UT

Sara wird bald 13 und kommt gerade in die Pubertät, was mit dem ein oder anderen Ausraster gegenüber ihren getrennt lebenden Eltern verbunden ist. Zu spät realisiert sie, dass ihr Vater ihre Spannungen mit der Mutter dazu ausnutzt, das Sorgerecht für Sara und ihre jüngere Schwester zu fordern - dass seine Ex mit einer Frau zusammenlebt, gefällt ihm nämlich gar nicht. Die Story mag uns als nicht sonderlich originell erscheinen, in Chile ist sie aber tatsächlich kürzlich so passiert, und die Botschaft ist klar: Die vier Schauspielerinnen spielen die Regenbogenfamilie so fröhlich und authentisch, dass auch der hartnäckigste Homophobe nicht ernsthaft am Wohlergehen der Kinder zweifeln kann. Rara läuft in der Kinderfilm-Reihe Generation, ist aber auch für Erwachsene geeignet.

Já, Olga Hepnarová (Ich, Olga Hepnarová), Tschechien u.a. 2016, Regie Tomás Weinreb/ Petr Kazda, 100‘, Tschechisch mit engl. UT

Die lesbische LKW-Fahrerin Olga Hepnarová war die letzte Frau, die 1973 in der Tschechoslowakei hingerichtet wurde. Mit 22 fuhr sie acht Menschen tot, um sich an der Gesellschaft zu rächen, von der sie sich unverstanden, geächtet und nicht gehört fühlte. Der Panorama-Eröffnungsfilm zeigt den Leidensweg der düsteren jungen Frau (beeindruckend: Michalina Olszanska), der unaufhaltsam auf die Katastrophe zusteuert. Dabei ist sich Olga, die nur mit ihren Loverinnen annähernd leichte Momente erlebt, ihrer Probleme durchaus bewusst und versucht mehrfach vergeblich, sich in die Psychiatrie einweisen zu lassen. Keine leichte Kost, aber sehenswert!

 

Inside the Chinese Closet, NL 2015, Regie: Sophia Luvarà, 72’, Mandarin/ Englisch mit engl. UT

China hat 1,4 Milliarden Einwohner, wovon - nach konservativer Schätzung - mindestens 70 Millionen lesbisch oder schwul sein müssten. Aber auch wenn Homosexualität nicht mehr illegal ist, ist das Thema doch ein großes Tabu, und wer unverheiratet bleibt, bereitet seinen Eltern Schande. Die Dokumentation begleitet den schwulen Andy, dessen Vater ihn in eine Ehe mit einer Lesbe drängen will, und die lesbische Cherry, die bereits eine Scheinehe führt und jetzt ihren Eltern einen Enkel liefern soll.

 

Zjednoczone Stany Miłości (United States of Love), Polen/ Schweden 2016, Regie: Tomasz Wasilewski, 104‘, Polnisch mit engl. UT

Polen, 1990. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs versuchen vier Frauen, aus ihrem Kleinstadt-Dasein auszubrechen: Agata verliebt sich in einen jungen Priester, Schuldirektorin Iza hat ein Verhältnis mit dem Vater einer ihrer Schüler, und die Lehrerin Renata fühlt sich von ihrer verheirateten Nachbarin Marzena angezogen, einer Ex-Schönheitskönigin, die von einer Karriere als Model träumt. Der kühle, farbentsättigte Look unterstreicht, dass es nicht etwa um Romantik, sondern um Gefühlsnöte in einer lustfeindlichen Umgebung geht - für ein Happy End zwischen Renata und Marzena lässt das wenig hoffen… Der Film feiert im Wettbewerb der Berlinale Weltpremiere.

"United States of Love" - Foto: Oleg Mutu

Und zu guter Letzt noch ein Film, der nicht auf der Teddy-Liste steht, weil die lesbische Rolle darin zu klein ist:

Chi-Raq, USA 2016, Regie: Spike Lee, 127‘, Englisch mit deutschen UT

Spike Lees moderne Lysistrata-Adaption (im Wettbewerb außer Konkurrenz): Weil die Straßenkämpfe zwischen zwei rivalisierenden Gangs in Chicago immer blutiger werden, beschließt eine Gruppe von Frauen (Angela Bassett, Jennifer Hudson u.a.), ihre Männer mit einem Sex-Streik dazu zwingen, auf Hass und Gewalt zu verzichten. Als lesbische Mitstreiterin (die bei einem Hetero-Sexstreik bei den Frauen eigentlich voll auf ihre Kosten kommen müsste…): die lesbische Schauspielerin Felicia „Snoop“ Pearson, bekannt aus The Wire.

UPDATE: Tatsächlich ist diese Rolle so winzig, dass sie kaum erwähnenswert.

Felicia Pearson (ganz rechts) in "Chi-Raq" - Foto: Screenshot Trailer

Alle Termine stehen auf der Berlinale-Webseite, das Teddy-Programm steht hier.

Achtung, Handy- und Tablet-Nutzerinnen: Die eingebundenen Trailer werden möglicherweise nicht angezeigt - unsere Webseite ist leider (noch) nicht voll mobiltauglich.

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