Film-Tipp: „Princess Cyd“ - Cooles Coming-of-Age
Teenagerin Cyd findet im Sommer bei ihrer Tante zu sich und entdeckt, dass das Liebesleben mehr zu bieten hat als „Geht-so-Sex“ mit Jungs. „Princess Cyd“ überzeugt durch seine starken Farben, Dialoge und Frauenfiguren – jetzt in der Queerfilmnacht.
Von Paula Lochte
10.12.18 - Fußball, Freundinnen, Sonnenbaden – Diskurse, Delikatessen, Literatursalons. Die 16-jährige Cyd (Jessie Pinnick) und ihre Tante Miranda (Rebecca Spence) könnten unterschiedlicher kaum sein. Entsprechend verkrampft sind ihre ersten Gespräche, als sie sich nach acht Jahren Distanz wiedersehen.
Um den ständigen Streitereien mit ihrem Vater zu entkommen, verbringt Cyd nämlich den Sommer bei der Schwester ihrer Mutter, die vor einigen Jahren ermordet wurde. Tochter wie Schwester vermissen sie schmerzlich.
Dennoch ist Princess Cyd kein trauriger Film, sondern eher ein „Feel-Good-Movie“: Es wird keine heile Welt vorgegaukelt, doch weil die Hauptfiguren so grundsympathisch, einfühlsam und füreinander da sind, geht das Publikum am Ende trotzdem mit einem positiven Gefühl aus dem Kino.
„Ist es komisch, dass ich mit Katie schlafen möchte?“
In ihrer Gegensätzlichkeit tun Cyd und Miranda einander gut. Die eine gewinnt an Tiefe, die andere an Unbeschwertheit. Teenie Cyd wird im Laufe des Films immer reifer, Schriftstellerin Miranda scheint wieder jünger zu werden. Ein doppeltes Coming-of-Age.
Mirandas Garten, der in sattem Grün und Blau steht – Farben, die den gesamten Film durchziehen – ist die Kulisse für diese wechselseitige Annäherung. Glaubst du wirklich an Gott, Himmel und Hölle?, fragt Cyd dort Miranda, die von allein gar nicht auf die Idee gekommen wäre, ihren Schreibtisch zu verlassen. Warum Literatur? Was und wen begehrst du? Ist es komisch, dass ich mit Katie schlafen möchte?
Katie (Malic White) ist eine zierliche und belesene Butch, die im lokalen Café arbeitet, in das sich Cyd beim Joggen verirrt hat. Die Anziehungskraft zwischen den beiden ist sofort greifbar. Katie prescht vor, Gesten und Gespräche werden schnell intim und zweideutig, wobei es für Cyd noch ungewohnt ist, sich so sehr zu einer Person und zu einer Frau hingezogen zu fühlen. Wenn sie von ihrem Freund in South Carolina erzählt, verwendet sie eher Attribute wie „ganz nett“.
Fürs eigene Glück gibt es kein Standardrezept
Das ist überhaupt nicht komisch, antwortet Tante Miranda übrigens auf die Katie-Sex-Frage (wann war ein filmisches Coming Out je so unkompliziert?!). Ebenfalls ungewöhnlich für einen US-Film: Gezeigt wird eine wunderschöne lesbische Sexszene, die noch dazu nicht bereits vor dem Orgasmus endet.
Ein besonderer Reiz des Films sind auch seine Dialoge. Denn Regisseur und Drehbuchautor Stephen Cone gelingt es, tiefsinnige Gespräche nicht einfach dadurch zu symbolisieren, dass die Schauspieler stummgeschaltet reden, der Zuschauer aber nur gute Filmmusik hört. Nein! In Princess Cyd sprechen und diskutieren die Figuren wirklich miteinander.
Eine Schlüsselszene ist dabei, als Tante Miranda ob einer Bemerkung ihrer Nichte der Kragen platzt. Es ist nicht die Erfüllung der Erwartungen anderer, die einen glücklich macht, erklärt sie: „Es ist kein Handicap, wenn man so ist und nicht anders. Die Menschen sind alle verschieden. Und jeder muss sein eigenes Glück finden. Da gibt es kein Standardrezept.“
Kurzum: Eine klare Empfehlung für diesen filmischen Bildungsroman!
Princess Cyd (USA 2017), Regie: Stephen Cone, mit Rebecca Spence, Jessie Pinnick, Malic White u.a., 97 min., OmU - im Dezember in verschiedenen deutschen Städten - Orte und Termine stehen auf der Webseite der Queerfilmnacht
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