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Filmtipp „Drama Queens“: Queeres Trash-Musical - erfrischend radikal

Laut, dramatisch, satirisch und ein bisschen durchgeknallt: „Drama Queens“ erzählt die Lovestory zwischen zwei Sängerinnen. Die eine ist punkig und offen lesbisch, die andere macht auf hetero und wird ein Star. In der Queerfilmnacht Juli, ab 8.8. im Kino.

Salzgeber

Von Hannah Geiger

9.7.2025 - In einem dunklen Club voller Menschen, die ausgelassen tanzen, begegnen sich Mimi und Billies Blicke. „Du und ich, wir werden das Patriarchat ficken!“ singt Billie laut ins Mikro und zieht mit einem lauten ‚Blopp‘ ein Requisit aus ihrem Körper – ein Akt der Grenzüberschreitung, der Mimi grinsen lässt. Billie Kohler (Gio Ventura) ist butchig, punkig, feministisch, offen lesbisch und tritt mit versauten Songs im queeren Underground auf. Mimi Madamour (Louiza Aura) dagegen ist schüchterner, hat es aber auch faustdick hinter den Ohren. Die beiden lernen sich bei einer Castingshow kennen und verlieben sich – trotz ihrer Unterschiede.

Als Mimi als Sängerin der Durchbruch gelingt, sie sich als hetero vermarkten lässt und sowohl Billie als auch ihre lesbische Identität verleugnet, entwickelt sich die Liebesgeschichte der beiden zu einem verzweifelten Drama, das in einer gewaltvollen Trennung mündet.

Während Mimi Karriere macht, stürzt Billie ab, parodiert ihre einstige große Liebe mit einem Techno-Punk-Song und wird damit selbst berühmt. Nach zehn Jahren finden die zwei Seelenverwandten nach einigen qualvollen Wendungen schließlich wieder zu sich und verbringen den Rest ihres Lebens gemeinsam, jedoch abseits des Scheinwerferlichtes.

Hommage und zugleich Vorwurf an versteckt lesbische Sängerinnen

Drama-Queens ist eine schonungslose Satire auf die Popkultur-Welt der 2000er. Es ist eine Hommage und – zugleich ein Vorwurf – an lesbische Sängerinnen, die der Karriere wegen im Schrank geblieben sind, und zeigt, dass ein solches Versteckspiel nicht nur ein, sondern mehrere Leben zerstören kann.

Gerahmt wird die Story durch die Beiträge des fiktiven schwulen Youtubers Steevyshady (Bilal Hassani) – Mimis größtem Fan und Stalker – der 2055 im Rückblick die Geschichte der zwei Liebenden exzentrisch nacherzählt.

Queer von der Story bis zur Besetzung

Dieser Film ist queer von der Story bis zur Besetzung – Gio Ventura (Billie) ist nicht-binär, Bilal Hassani aka Steevyshady bezeichnet sich als genderfluid und wurde durch die Teilnahme beim Eurovision Songcontest 2019 mit dem Song „Roi“ bekannt.

Alexis Langlois, nicht-binäre Stimme des neuen französischen Kinos, gibt einen Einblick in die queere Subkultur von Paris und kritisiert gleichzeitig die Filmindustrie: Während das Drehbuch schnell geschrieben war, hat es sechs Jahre bis zur Fertigstellung des Films gedauert, weil es schwierig war, in Frankreich eine Finanzierung für einen queeren Film zu finden. Die Premiere fand 2024 beim Cannes-Filmfestival statt, wo Drama-Queens für den „Queer Palm“-Award nominiert war.

Auch wenn der Film streckenweise überdreht wirkt und viel zu lang geraten ist: Die musikalischen Einlagen sind so hörenswert und eingängig, dass sich das Anschauen allein ihretwegen lohnt.

So erfrischend radikal war Kino lange nicht mehr – ein Film, der im Gedächtnis bleibt.

Drama Queens, Frankreich/ Belgien 2024, Regie/ Buch: Alexis Langlois, 115 min., franz. OV mit deutschen Untertiteln, in der Queerfilmnacht Juli in Deutschland und Österreich (alle Städte/ Termine), Kinostart in ausgewählten Kinos: 8. Aug. 2025

 

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