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Filmtipp „Drive-Away Dolls“: Lesbisch, schräg und sexy

Zwei lesbische Freundinnen geraten an einen Koffer, der Kriminellen gehört, lassen sich dadurch aber ihren Roadtrip nach Florida nicht vermiesen. Die unterhaltsame Komödie, die nicht „Drive-Away Dykes“ heißen durfte, startet am 7. März im Kino.

Universal Pictures/ Wilson Webb Was ist bloß in dem Koffer? Marian (Geraldine Viswanathan) und Jamie (Margaret Qualley)

Von Karin Schupp

5.3.2024 - Manchmal muss man sich einfach mal ein bisschen aus der Schusslinie ziehen: So ergeht’s Jamie (Margaret Qualley, Maid), nachdem sie von ihrer Freundin Suki (Beanie Feldstein, Booksmart) beim Fremdwerden erwischt wurde und nun als frischgebackener Single ohne Wohnung da steht. Kurzerhand überredet sie ihren Bestie, die brave, schüchterne Marian (Geraldine Viswanathan, Der Sex-Pakt), zu einem Roadtrip nach Florida.

Und schon geht’s los Richtung Süden. Was die beiden zunächst aber nicht wissen: Im Kofferraum des Autos, das sie nach Tallhassee überführen sollen, liegen ein Koffer und eine Hutschachtel, die natürlich – so will es das Genre – Kriminellen gehören. Die bemerken die Verwechslung früher als unser lesbisches Duo und heften sich an ihre Fersen.

Umwege zu Lesbenbars, Kussparty mit lesbischem Fußballteam

Allerdings haben Arliss (Joey Slotnick) und Flint (C. J. Wilson) nicht auf dem Zettel, dass Jamie jeden Umweg in Kauf nimmt, um die lokalen Lesbenbars entlang der Ostküste zu erkunden (von denen es überraschend viele gibt: der Film spielt 1999, als das noch schöne Realität war!) - schließlich gibt's dort die eine oder andere Eroberung zu machen. Und auch Marian, deren letzter Sex schon länger zurück liegt und die anfangs lieber ein gutes Buch liest, kommt bei einer Knutschparty mit einem lesbischen Fußballteam auf den Geschmack - was zu einer überraschenden Wendung in der Dynamik der kleinen Reisetruppe führt.

Kein Wunder also, dass es eine Weile dauert, bis Jamie und Marian ihre brisante Fracht finden. Und noch länger, bis das Publikum den höchst ungewöhnlichen Inhalt des Koffers zu sehen bekommt und es zum Showdown mit den zwei recht unfähigen Ganoven kommt. Und klar ist auch, dass die Lesben - inklusive der hinterhergereisten Suki, die zufällig Polizistin ist (wenn auch keine besonders gute) - am Ende die Oberhand behalten!

Universal Pictures Hätte ihr eigenes Spin-Off verdient: Suki (Beanie Feldstein) als Jamies Ex

Typischer Coen-Stil und überwiegend lesbische Charaktere

Drive-Away Dolls ist der erste Film, den Ethan Coen (Fargo, The Big Lebowski) nicht mit seinem Bruder Joel, sondern mit seiner Frau Tricia Cooke drehte. Die unterhaltsame Road-Komödie im liebenswert trashigen B-Movie-Style atmet dennoch den Geist der Coen-Brüder: schwarzer Humor, schräge Figuren, skurrile Ideen und - allerdings in Maßen - krude Gewalt (nach dem Prolog des Films hat man aber das Schlimmste überstanden). Der entscheidende Unterschied: hier gibt es überwiegend lesbische Charaktere, lesbische Settings und mehr lesbischen Sex, als man ihn sonst aus Mainstreamfilmen kennt.

Mag das Grundgerüst aus klassischen Kinoversatzstücken bestehen, ist es doch vor allem eine queere Komödie, die sich selbst nicht allzu ernst nimmt, sich zur Abwechslung mal weder auf eine Coming-out-Story noch auf eine Liebesgeschichte konzentriert (auch wenn es eine Lovestory gibt!) und bei all dem zwar überdreht, aber doch authentisch rüberkommt.

Queere Drehbuchautorin basierte „Jamie“ basiert auf einer Freundin

Zu verdanken haben wir das der Ko-Drehbuchautorin und –regisseurin: Cooke identifiziert sich als lesbisch bzw. queer und verriet in Interviews, dass sie neben ihrer Ehe mit Coen auch eine Lebensgefährtin hat. „Jamie“ basiert auf einer guten Freundin, mit der sie früher durch die Lesbenszene zog: „Sie war unglaublich freiheitsliebend und wir gingen zusammen in Bars (…). Als die Introvertierte, die ich bin, war ich nie so gut darin, in Bars zu gehen und jemanden zu finden“, sagte sie der Webseite Autostraddle:

Margaret Qualley und Geraldine Viswanathan überzeugen in den Hauptrollen, besonders jedoch brilliert die lesbische Schauspielerin Beanie Feldstein als überdramatische Verlassene, die Jamie weniger aus Ermittlungseifer denn aus Eifersucht hinterherreist. In Nebenrollen sind der schwule Oscar-Nominierte Colman Domingo als Gangsterboss, Matt Damon und Pedro Pascal zu sehen, in einem Cameo am Ende auch Miley Cyrus.

Der Film durfte nicht „Drive-away Dykes“ heißen

Coen und Cooke schrieben das Drehbuch übrigens schon im Jahr 2002, doch obwohl damals bekannte Namen wie Holly Hunter, Selma Blair, Christina Applegate und Chloë Sevigny für die Hauptrollen im Gespräch waren, wollte kein Studio einen „trashigen und albernen“ Lesbenfilm mit großem Budget finanzieren, wie Coen der Webseite Moviemaker sagte.

Das ändert sich glücklicherweise allmählich, doch ganz so selbstverständlich sind lesbische Hauptfiguren im Mainstreamkino immer noch nicht, wie der blöde, nichtssagende Titel beweist. Über den beklagten sich auch die Coen-Cookes schon vielfach öffentlich: Bei ihnen hieß der Film nämlich Drive-Away Dykes, doch wegen „der Spießer vom Studio“ (Coen) mussten sie die „Dykes“ in doofe „Dolls“ umtaufen. Immerhin taucht ihr Titel am Ende in einem Graffiti auf, „und er ist es immer noch in unseren Köpfen und sollte es auch in euren sein.“

Teil 2 der lesbischen B-Movie-Trilogie kommt!

Wer auf den Geschmack gekommen ist: Drive-Away D(olls)ykes ist Teil einer lesbischen B-Movie-Trilogie, deren zweiter Teil ab Mitte März gedreht wird. Zwar handelt es sich dabei leider weder um eine Fortsetzung noch um ein Spinoff mit Suki als Hauptfigur, doch Honey Don’t klingt ebenfalls viel versprechend: Margaret Qualley spielt diesmal eine lesbische Privatdetektivin, im Cast sind auch Aubrey Plaza (Parks and Recreation, The Happiest Season) und Avengers-Star Chris Evans.

Drive-Away Dolls, USA 2024, Buch/ Regie: Ethan Coen, Tricia Cooke, mit: Margaret Qualley, Geraldine Viswanathan, Beanie Feldstein, Colman Domingo u.a., 84 min., Kinostart: 7. März

 

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