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Filmtipp „Happiest Season“: Lesbisches Weihnachten mit Kristen Stewart

Die Romantic Comedy „Happiest Season“ bietet alles, was das Genre verspricht - aber in lesbisch: Peinliche Situationen, Beziehungsquerelen, einen fulminanten Showdown und ein schön kitschiges Happy End unterm Weihnachtsbaum! Jetzt bei Streaminganbietern.

Abby (Kristen Stewart, l.) und Harper (Mackenzie Davis) - Foto: 2020 TriStar Productions, Inc. and eOne Features LLC. All Rights Reserved

Von Karin Schupp

11.12.2020 - 82 Weihnachtsfilme erscheinen in diesen Tagen in den USA – im US-Fernsehen und –Kino ist das ein eigenes Genre, das bisher ausschließlich heterosexuellen Hauptfiguren vorbehalten war. In diesem Jahr beginnt sich das aber endlich zu ändern: Etwa ein halbes Dutzend der neuen „Christmas Flicks“ präsentieren homosexuelle Paare in den Hauptrollen, darunter auch der Thanksgiving-Film Abendessen mit Freunden (Amazon Prime), in denen sich Kat Dennings (2 Broke Girls) als Lesbe aber die Bildschirmzeit mit ihrer besten Heterofreundin teilen muss.* Durch und durch lesbisch ist hingegen eine Produktion, die nicht nur den größten Star aller Weihnachtsfilme auffährt, sondern auch der einzige Film mit offen queerer Hauptdarstellerin ist: Happiest Season mit Kristen Stewart.

Die queere Schauspielerin spielt die selbstbewusst lesbische Abby, die mit ihrer Freundin über Weihnachten zu deren Familie reist und Harper (Mackenzie Davis, bekannt aus der tollen lesbischen Folge „San Junipero“ der Netflix-Reihe Black Mirror) dort einen Heiratsantrag machen möchte. Kleines Problem, von dem sie erst kurz vor der Ankunft erfährt: Dort weiß noch niemand, dass Harper lesbisch und Abby mehr als nur ihre Mitbewohnerin ist.

Ins Gästezimmer im Keller verfrachtet

Aber während Harper vor ihren anspruchsvollen Eltern offenbar mühelos die perfekte, heterosexuelle Single-Tochter gibt, erlebt die ins Gästezimmer im Keller verfrachtete Abby das Versteckspiel bald nicht mehr als amüsante Camouflage: Sie erkennt ihre Freundin gar nicht mehr wieder und fühlt sich zunehmend unwohl damit, ihre sexuelle Identität versteckten zu müssen und von ihrer großen Liebe verleugnet zu werden.

„Ich war auch schon an Weihnachten bei Partnerinnen zu Hause, deren Eltern es nicht wussten… Ich war ‚die gute Freundin‘ bei Familienfesten“, beschrieb die lesbische Regisseurin/ Drehbuchautorin Clea DuVall (die durch ihre Rolle in dem Coming Out-Film Weil ich ein Mädchen bin bekannt wurde) in The Advocate die Situation, die vielen von uns nur allzu bekannt vorkommt. „Bei einem Coming Out hat man keine Ahnung, was passiert oder wie die Leute reagieren werden, und das macht Angst.“

Trailer (in der englischen Original-Version):

Abby & Harper oder Abby & Riley?

Aber keine Sorge: Happiest Season ist schließlich kein Drama, sondern eine Romantic Comedy, die sich an alle gängigen Genre-Regeln hält: harmlose Scherze, peinliche Situationen, Beziehungsquerelen, ein Showdown am Ende und schließlich ein schön kitschiges Happy End unterm Weihnachtsbaum! Und nicht zu vergessen: Auch die anderen Familienmitglieder haben so ihre Probleme und Geheimnisse, die ebenfalls irgendwann zutage kommen.

Nichts in Happiest Season hat man nicht schon woanders gesehen, aber das war eben immer nur in hetero. Und unsere zwei Hauptfiguren sind auch nicht – wie in vielen anderen Filmen – die einzigen queeren Menschen weit und breit: Abbys bester schwuler Freund John (Dan Levy) und Harpers Ex-Freundin Riley (Aubrey Plaza, Parks & Recreation) sind als Nebenfiguren echte Highlights. Und Stewart, die wohl noch nie zuvor eine Rolle hatte, die ihrer echten Persönlichkeit so nahe zu sein scheint, hat mit Plaza sogar so viel Chemie, dass viele Zuschauerinnen lieber die beiden als Paar gesehen hätten (wobei Harper sich zugegebenermaßen fast durchweg von einer wenig sympathischen Seite zeigt).

In den USA die Nr.1 beim Streamingdienst Hulu

Auch den restlichen Charakteren schaut man gerne zu, auch wenn sie recht schablonenhaft geraten sind – Mutter (Mary Steenburgen): Kontrollfreak, Vater (Victor Garber): unter Druck stehender Politiker, die ältere Schwester Sloane (Alison Brie, GLOW): superbitchy. Nur die leicht sonderbare Schwester Jane (mit viel Spaß gespielt von Mary Holland, Ko-Autorin des Drehbuchs) mischt den Film mit ein wenig Unberechenbarkeit auf.

Der Film, der wegen der Pandemie nicht ins Kino kommen konnte und in den USA direkt beim Streamingdienst Hulu landete, steht dort aktuell auf Platz 1 – ein Beweis, dass ein lesbischer Film mit lesbischer Regisseurin, recht queerem Cast (neben Stewart sind auch Levy und Garber schwul und Plaza bisexuell) und noch dazu einem komplett von LGBT-Künster:innen bestückten Soundtrack, darunter Tegan and Sara, Sia und Anne-Marie, sowohl ein LGBT- als auch ein heterosexuelles Publikum erreichen kann.

Auch bei uns ist Happiest Season jetzt bei Streaminganbietern erhältlich - wenigstens ein Vorteil von Corona, denn auf einen Kinostart hätten wir viel länger oder sogar vergeblich warten müssen!

Happiest Season (USA, 2020), Regie: Clea DuVall, Buch: Clea DuVall/ Mary Holland, mit: Kristen Stewart, Mackenzie Davis, Dan Levy, Aubrey Plaza, Mary Steenburgen, Victor Garber, Alison Brie, Mary Holland u.a.), 102 min. - bei Streaminganbietern

 

* Der Artikel bezieht sich auf Mainstream-Produktionen – beim lesbischen US-Streamingdienst Tello gab es schon letztes Jahr einen selbst produzierten  lesbischen Weihnachtsfilm, „Season of Love“ (unsere Filmkritik), demnächst kommt dort neu „I Hate New Year’s“.

 

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