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Filmtipp „Parallele Mütter“ - Starkes Plädoyer für Frauensolidarität

Ab 10. März im Kino: Ja, „Parallele Mütter“ ist der Film, in dem Penélope Cruz eine lesbische Sexszene hat. Vor allem aber erzählt Pedro Almodóvar von starken, eigenwilligen Frauen und ihrer Sehnsucht nach Geborgenheit, Liebe und einer (Wahl-)Familie.

Studio Canal Ana (Milena Smit) und Janis (Penélope Cruz)

Von Anja Kümmel

8.3.2022 - 25 Jahre ist es her, dass wir Penélope Cruz in ihrem Almodóvar-Debut bewundern konnten: als schwangere Prostituierte, die in einem Madrider Bus ein Kind zur Welt bringt. Zwar dauerte ihr Auftritt am Anfang von Live Flesh nur wenige Minuten, doch er verhalf ihr zu einer steilen Leinwandkarriere.

Im mittlerweile 22. Almodóvar-Streifen Parallele Mütter ist sie erneut mit Babybauch zu sehen – diesmal als die erfolgreiche Werbefotografin Janis, die während ihrer Affäre mit dem verheirateten Archäologen Arturo (Israel Elejalde) ungeplant schwanger wird. Sie ist voller Vorfreude und fest entschlossen, das Kind auch ohne die Unterstützung des Vaters großzuziehen – schließlich entstammt sie einer Linie von Single-Müttern, wie sie später verrät.

Auf der Entbindungsstation eines Madrider Krankenhauses lernt sie die 17-jährige Ana (Milena Smit) kennen, die ebenfalls ungewollt schwanger und im Gegensatz zu Janis völlig überfordert mit der Situation ist.

Die Chemie zwischen den beiden Figuren stimmt von Anfang an

Wie bei Pedro Almodóvar nicht anders zu erwarten, werden sich die Leben der beiden Hauptfiguren im Folgenden durch allerlei unwahrscheinliche Wendungen und schockierende Enthüllungen immer wieder kreuzen und mehr und mehr ineinander verstricken.

Parallele Mütter ist, wie viele Werke des spanischen Kultregisseurs, ein Frauenfilm im besten Sinne – eine Geschichte über starke, eigenwillige Frauen, die keine Männer an ihrer Seite brauchen. Und wie bereits in Volver (2006) liefert Cruz auch diesmal eine brillante, Oscar-nominierte Performance als facettenreiche Löwenmutter ab.

Neben ihr zu glänzen ist sicherlich nicht leicht – Newcomerin Milena Smit jedoch gelingt es bravourös, ihrer Rolle als Teenie-Mutter aus einer dysfunktionalen Familie Leben einzuhauchen. Und die Chemie zwischen den beiden gegensätzlichen Figuren stimmt von Anfang an.

Sinnliche, glaubwürdige Sex-Szene zwischen Janis und Ana

Ohne zu viele Twists zu verraten: Ja, es gibt sie, die Sex-Szene zwischen Janis und Ana. Und sie ist, auch wenn sie keinen großen Raum im Plot einnimmt, so sinnlich wie glaubwürdig. Auf den ersten Blick mag dieses lesbische Element etwas überraschen. Doch bei Almodóvar, so schräg seine Storys bisweilen auch daherkommen mögen, hat alles seinen Platz und seinen Sinn.

Zwar sehen wir Janis zunächst in einer Hetero-Beziehung – aber könnte sie nicht genauso gut bisexuell sein? Anas sexuelle Orientierung ist ohnehin nach allen Seiten hin offen – optisch zumindest verwandelt sie sich im Lauf des Films von einem verhuschten jungen Mädchen in einen selbstbewussten Tomboy. Ob das nun als queeres Coming Out zu verstehen ist, wird nicht thematisiert.

Anstatt die Beziehung zwischen Janis und Ana mit einem Label zu versehen, konzentriert sich der Film ganz darauf, ihrer Sehnsucht nach Geborgenheit und Liebe, nach einer (Wahl-)Familie Raum zu geben.

Empathie und Kommunikation statt weibliche Rivalität und Eifersucht

Im Gegensatz zu Almodóvars schrillen, bissigen Frühwerken ist Parallele Mütter ein recht versöhnlicher Film. Bei so viel Potential für weibliche Rivalität und Eifersucht hätte man eine Thriller-Groteske erwarten können, doch sind seine Figuren letztendlich, trotz all ihrer Fehler, um Empathie und offene Kommunikation bemüht. Welches Erstaunen hervorruft, zeigt wohl auch, wie selten auch heute noch eine derartige Solidarität unter Frauen auf der Leinwand zu sehen ist.

Ein unglaublich dichtes Werk, das elegant Privates mit Politischem verknüpft (in einem weiteren Handlungsstrang greift Almodóvar das düstere Erbe des spanischen Bürgerkriegs und der Franco-Diktatur auf) und es dabei irgendwie schafft, nie in Richtung Seifenoper abzudriften. Es ist angenehm zu sehen, wie unverkrampft der inzwischen 72-Jährige Regisseur mit der Zeit geht – und dabei ganz selbstverständlich intersektionalen Feminismus praktiziert.

Parallele Mütter (Spanien, 2021), Regie/ Buch: Pedro Almodóvar, mit: Penélope Cruz, Milena Smit, Aitana Sánchez-Gijón, Rossy de Palma, Israel Elejalde u.a., 123 min., Kinostart: 10. März

 

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