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Filmtipp „Spencer“: Eiszeit im Königshaus - Kristen Stewart glänzt als Lady Diana

An Weihnachten mit der royalen Familie gerät Lady Diana, überwältigend gut gespielt von Kristen Stewart, an den Rand eines Nervenzusammenbruchs, bis sie sich aus dem goldenen Käfig des Königshauses befreit. „Spencer“ startet am 13. Jan. im Kino.

Pablo Larraín/ DCM Lady Di (Kristen Stewart) und ihre Lieblings-Hofdame Maggie (Sally Hawkins)

Von Frank Hermann

12.1.2022 - Zwischen Prinzessin Diana (Kristen Stewart) und der Royal Family herrscht Eiszeit. Die Ehe mit Charles (Jack Farthing) ist am Tiefpunkt. In dieses Setting muss sich Di laut Protkoll begeben, denn Tradition ist Tradition, und die Weihnachtsfeiertage wollen auf dem Anwesen der Queen (Stella Gonet) in Sandringham begangen werden. Vorschriften, Regeln, Rituale um sie herum, im Inneren Chaos, Schmerz und Rebellion. Das ist dennoch kein Biopic, sondern wie es anfangs auf der Leinwand steht: „Eine Fabel, die auf einer wahren Tragödie basiert“. Das Psychogramm einer fragilen Persönlichkeit innerhalb eines kurzen Zeitraums von drei Tagen.

„Keep noise to a minmum. They can hear you.“ So lautet eine Anweisung für das Personal - aber sie gilt auch für Diana, die noch nicht den Mut findet, aus diesem Käfig auszubrechen. Einzig im Umgang mit ihren Söhnen wirkt sie unbeschwert. Ansonsten wird sie drinnen überwacht von den Royals und deren Hofschranzen und draußen von den Paparazzi, deren Objektive sie als Mikroskope empfindet, die sie, wie „ein Insekt“ so genau wie möglich sezieren möchten.

Irgendwann wird sie die Ketten sprengen

Doch irgendwann wird sie die Ketten sprengen, sich als Symbol dafür die ungeliebte Perlenkette, eine Geschenk ihres Gemahls, vom Hals reißen (schon deshalb, weil Charles' Geliebte Camilla Parker, die gleiche verehrt bekam). Zunächst trägt Diana zu jeder Mahlzeit – mit einer Ausnahme, die sogleich moniert wird - das vorgeschriebene Kleid. Als einzigen Protest erlaubt sie sich das stetige Zuspät-Erscheinen zu den Mahlzeiten oder beim Fototermin.

Kristen Stewart verleiht der Prinzessin so viel Glaubwürdigkeit, wie es in einer fiktionalen "Biografie" möglich ist. All die Kämpfe mit ihren Damönen wie Verfolgungsangst, Depression und Brechsucht verdrängt sie mit ungeheurem Kraftaufwand um des aufgezwungenen schönen Scheins willen. Warum ihr dabei mehrfach Anna Boleyn (die zweite der sechs Ehefrauen Heinrichs VIII. und im 16. Jahrhundert Königin von England) erscheint, ist allerdings ein skurriler Regieeinfall.

Aufatmen mit ihrer einzigen Verbündeten am Meer

Am dritten Tag wird Diana ausbrechen und mit ihrer Hofdame Maggie (Sally Hawkins), einer fiktiven Figur, am Meer sitzen und aufatmen. Die Zofe, die ihr dabei ihre Liebe gesteht, ist zugleich die einzige Verbündete, und auch die Einzige, die Lady Di als Menschen schätzt.

Stewart ist überwältigend gut, zeigt all die Zerbrechlichkeit und lässt doch immer wieder Energie zum Widerstand aufblitzen. Keine Spur von Bella Swan, jener Figur, die die lesbisch lebende Schauspielerin jahrelang in der Twilight-Reihe verkörperte und die mit mehreren Nominierungen für den Negativ-Filmpreis Goldene Himbeere einherging.

Das hier ist eine gereifte Charakterdarstellerin, deren Qualitäten bereits in Willkommen bei den Rileys (2010) aufblitzten und für Die Wolken von Sils Maria (2015) mit dem französischen Filmpreis César ausgezeichnet wurden. Die Zusammenarbeit mit Regisseur Pablo Larrain (Jackie) könnte zu weiteren Preisen führen - eine Golden Globe-Nominierung hat sie für Spencer bereits bekommen (bei der Verleihung am 9. Jan. gewann allerdings Nicole Kidman).

Spencer (GB/ D, 2021), Regie: Pablo Larraín, Buch: Steven Knight, mit Kristen Stewart, Timothy Spall, Sally Hawkins, Jack Farthing u.a., 117 min., Kinostart: 13. Jan.

 

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