Fußball: Für die Deutschen geht die Krise weiter - für die Spanierinnen der Kampf
Die DFB-Frauen weiter im Tief: Am Freitag verloren sie in der Nations League gegen Dänemark. Die Spanierinnen erhielten weltweite Solidarität und beendeten zwar ihren Streik, aber nicht den Kampf um Reformen in ihrem Verband.

Von Uta Zorn
24.9.2023 - Am Freitag verloren die DFB-Frauen das erste Länderspiel nach der verkorksten Weltmeisterschaft mit 0:2 gegen Dänemark. Die erkrankte Martina Voss-Tecklenburg wurde durch Co-Trainerin Britta Carlson vertreten. Für das deutsche Team geht die Krise weiter.
In den ersten zwanzig Minuten waren die Deutschen spielbestimmend, doch dann drehten die Däninnen auf: aus einem guten Pass von Pernille Harder machte Amalie Vangsgaard in der 23. Minute das 0:1. Im Anschluss wirkten die Deutschen verunsichert und kamen nicht nenneswert vor das dänische Tor.
Verdienter Sieg der Däninnen
Nach dem Seitenwechsel gab es einige gute Kombinationen im deutschen Team. Zwei Kopfball-Chancen von Sydney Lohmann (54.) und von Kapitänin Alex Popp (56.) flogen aber am Tor vorbei. Einen unglücklichen Fehlpass in der 64. Minute von Guilia Gwinn, die ihr Comeback nach ihrem Kreuzbandriss gab, nutzte Amalie Vangsgaard erneut und brachte die Däninnen mit 2:0 in Führung. Die letzte halbe Stunde verstrich ohne einen zwingenden Torabschluss der deutschen Spielerinnen. Das war insgesamt zu harmlos, vorne fehlten Ideen und Torabschlüsse und hinten eine stabile Verteidigung. Die Däninnen gewannen somit verdient und liegen jetzt auf Platz 1 der Gruppentabelle in der Nations League.
Was ist eigentlich diese Nations League?
Die UEFA Women‘s Nations League ist ein fünfmonatiges Turnier, das in diesem Jahr zum ersten Mal und zukünftig alle zwei Jahre ausgetragen wird. 51 europäische Nationen spielen aufgeteilt nach ihrem europäischen Ranglistenplatz in drei Ligen A, B und C um Auf- und Abstieg und natürlich um den Titel.
In der ersten Phase (bis 5. Dez.) spielen alle Ligen in je vier Vierergruppen in Hin- und Rückspielen die Platzierungen aus. Die Siegerinnen in den Ligen B und C steigen in die jeweils höhere Liga auf, die Gruppenletzten aus A und B in die niedrigere Liga ab. In der zweiten Phase (21.-28. Feb. 2024), den sogenannten Playoffs, spielen die Drittplatzierten der Liga A gegen die Zweitplatzierten um 4 Plätze in Liga A (analog dazu die Platzierten aus den Ligen B und C um die Plätze in Liga B). Damit liegen die Startplätze für das nächste Turnier in zwei Jahren fest.
Es geht auch um die Qualifikation für die Olympischen Spiele
Zeitgleich zu den Playoffs spielen die vier Gruppen-Ersten der Liga A in der Finalrunde zwei Halbfinals, das Spiel um Platz 3 und das Finale. Neben dem Nations-League-Titel geht es alle zwei Jahre auch um die Qualifikation entweder für die Europameisterschaft oder, wie in dieser Saison, um die Teilnahme an den Olympischen Spielen.
Der europäische Verband hat neben den gesetzten Gastgeberinnen Frankreich zwei Plätze für die Spiele in Paris 2024 zu vergeben. Wer ein Olympia-Ticket will, muss seine Gruppe gewinnen und sich im Halbfinale durchsetzen, um das Endspiel der Nations League zu erreichen.
Das nächste Spiel ist schon am Dienstag
Die DFB-Frauen haben auch nach der Niederlage gegen Dänemark noch eine Chance auf die Olympia-Qualifikation. Allerdings müssen sie dafür die Gruppenspiele gegen Island und Wales und vor allem das Rückspiel gegen Dänemark gewinnen. Bereits am Dienstag steht die Partie gegen Island in Bochum (26. Sept., ZDF, 18.15 Uhr) an.
Bis dahin wird es weder im Kader, der mit nur wenigen Änderungen identisch zum WM-Kader ist, noch in taktischer Sicht Änderungen geben können. Die Aufarbeitung der WM steht noch aus, der Zeitpunkt der Rückkehr von Martina Voss-Tecklenburg ist im Moment ungewiss. Jetzt ist einmal mehr die Moral des Teams gefragt.
Die Spanierinnen kämpfen im Kollektiv gegen ihren Verband
Während die deutschen Fußballerinnen in erster Linie darum kämpfen, sportlich wieder in den Tritt zu kommen, kämpfen ihre spanischen Kolleginnen seit über einem Jahr auch gegen das System der Unterdrückung im spanischen Verband – und das im Kollektiv. Nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft traten die Spielerinnen wieder in den Streik. Der übergriffige Präsident Rubiales ist endlich zurückgetreten, Trainer Jorge Vilda wurde entlassen. Doch weil sowohl Interimspräsident Pedro Rocha als auch Vildas Co-Trainerin Montse Tomé, die zur Cheftrainerin aufstieg, zum System Rubiales gehören, ging der Streik weiter.
Als dadurch die Teilnahme an der Nations League in Gefahr war, schaltete sich die Regierung ein. Die Spielerinnen wurden unter Androhung von Geldstrafen und Sperren bis zu 5 Jahren (die das spanische Sportgesetz vorsieht) gezwungen, am Turnier teilzunehmen. Im Trainingslager wurde bis spät in die Nacht mit Sportstaatssekretär Víctor Francos und dem Verband verhandelt.
Erste Reformversprechen und weltweite Solidarität
Das Ergebnis ist eine Kommission, die die Reformen vorantreiben soll. Und aus dem System Rubiales muss es weitere Rücktritte geben. Trainerin Tomé darf vorerst im Amt bleiben und stand an der Seitenlinie, als die Spielerinnen schließlich am Freitag gegen Schweden antraten.
Auf dem Platz zeigten die Spanierinnen gemeinsam mit den Schwedinnen, die zuvor über einen Solidaritätsboykott nachgedacht hatten, ein Banner mit der Aufschrift #SeAcabó – Our fight is the global fight (= #Es reicht – unser Kampf ist der globale Kampf). Am Handgelenk trugen die Spielerinnen weiße Armbänder mit Botschaften für Jenni Hermoso, die nach Angaben der Trainerin zu ihrem „eigenen Schutz“ nicht nominiert worden war.
Spanien entschied das Spiel am Ende für sich mit 3:2 – entscheidender aber ist die weltweite Solidarität mit den spanischen Fußballerinnen, die auch viele andere Teams mit weißen Armbändern bekundeten.
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