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Gefahr für queere Geflüchtete: Corona-Lockdown in Flüchtlingscamp auf Lesbos

Die katastrophale Situation für die Geflüchteten auf Lesbos hat sich durch die Corona-Krise noch verschärft. Wir sprachen mit einer Aktivistin*, die vor Ort versucht, unter extrem schwierigen Bedingungen queeren Geflüchteten zu helfen.

Von Vincent Lindig

4.4.2020 - Das Flüchtlingscamp Moria auf der griechischen Insel Lesbos wurde ursprünglich für 3000 Menschen ausgelegt, aktuell harren dort über 20.000 aus. Die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie sorgen dort dafür, dass zuvor bestehende Missstände wie fehlende medizinische Infrastruktur und die generelle Unterversorgung sich verschärfen. Wir sprachen mit Chloe Powers, einer Aktivistin* der Gruppe Lesvos LGBTIQ+ Solidarity.

 

Chloe, du bist seit langer Zeit auf Lesbos aktiv. Die Corona-Pandemie sorgt auch dort für viel Veränderung. Wie sieht es vor Ort aus?

Im Moment ist es noch nicht so schlimm. Bisher gab es erst 3 oder 4 bestätigte Fälle auf den griechischen Inseln, keiner davon hatte direkten Kontakt mit Moria. Aber es arbeiten gerade mal 15 Ärzte und Ärztinnen in Moria. Das Camp ist abgeriegelt, die Menschen kommen nur schwer raus. An beiden Ausgängen sind Polizeiblockaden eingerichtet worden. Noch dazu gibt es nicht genügend medizinisches Material und Infrastruktur. Ein Ausbruch des Virus in Moria würde katastrophale Folgen haben.

Und dann gibt es noch das inoffizielle Camp neben Camp Moria, „Olive Grove“ – ist das ebenfalls abgeriegelt?

Ja, es gibt an allen Zufahrtsstraßen Polizeiblockaden. Die Beamten dort lassen niemanden rein oder raus. Die Menschen können ihre Zelte also kaum verlassen.

Eure Gruppe bietet queeren Geflüchteten Schutz vor Verfolgung innerhalb des Systems von Moria. Wie beeinflussen die derzeitigen Einschränkungen eure Arbeit?

Wir dürfen keine größeren Treffen mehr abhalten, allein das macht unsere Arbeit schon schwieriger. Wir müssen also ausweichen auf Betreuung und Kommunikation via Handy und Internet. Dadurch können wir zumindest Kontakt halten mit denen, die im Camp leben. Aber es ist ein seltsames Gefühl, insgesamt sind gerade einfach viel weniger Initiativen aktiv als zuvor. Uns sind die Hände gebunden. Es ist viel schwieriger als vorher, die Menschen zu erreichen. Wir von Lesvos LGBTIQ+ Solidarity begreifen uns als Gemeinschaft – und wir müssen uns an die neuen Gegebenheiten anpassen. Die Polizei ist sehr präsent auf den Straßen, die Situation hat sich also sehr stark verändert. Es herrscht eine angespannte Stimmung.

Wie ist das bei den Menschen, um die ihr euch kümmert?

Auch sehr angespannt. Da herrscht das Gefühl vor, dass in den letzten Monaten ein Problem auf das nächste folgte. Wenn es nicht die sich verschlechternden Zustände im Camp oder Neonazis auf den Straßen sind, dann sind es die vielen Polizisten vom Festland und jetzt eben das Coronavirus und die drakonischen Maßnahmen zur Eindämmung. Ich bin schon lange auf Lesbos und habe das Gefühl, dass wir einfach nicht zu Atem kommen. Das fühlen alle hier in Form von großer Angst und einer grundsätzlichen Unsicherheit.

Sind queere Geflüchtete, die in Camp Moria eingeschlossen sind, jetzt einer größeren Gefahr als zuvor ausgesetzt?

Die Eindämmungsmaßnahmen führen in Camp Moria zu einer sehr bedrohlichen Situation. Dort hocken derzeit so viele Menschen aufeinander, dass das schnell zu Gewalt führen kann. Es gibt zurzeit keinen Weg, darüber verlässlich zu berichten, weil wir ja nicht reinkommen. Aber wir sind sehr besorgt um die Sicherheit unserer Leute, die dort wortwörtlich gefangen sind.

 

Organisation Lesvos LGBTIQ+ Refugee Solidarity

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