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Gegenwind für Tabea Kemmes Kandidatur als Präsidentin bei Turbine Potsdam

Ex-Fußballnationalspielerin Tabea Kemme kandidiert als Präsidentin bei Turbine Potsdam und eckt dabei mit ihren Reformideen an. Im Interview erklärt sie, für welche neue Richtung sie steht und wieso sie den Wahltermin am 18. Juni kritisiert.

Uta Zorn Tabea Kemme mit Maria Ringel vom Turbine-Vorstand

Von Karin Schupp

25.5.2021 - Tabea Kemme könnte die erste offen queere Vereinspräsidentin eines Bundesliga-Clubs werden: Die Fußball-Olympiasiegerin (29) tritt bei Turbine Potsdam gegen den amtierenden Präsidenten Rolf Kutzmutz an.

Während Teile der Vereinsführung ihr „vereinsschädigendes Handeln“ vorwerfen, kritisiert die hauptberufliche Kommissarin, die über zehn Jahre beim zweifachen Champions League-Gewinner spielte, dass die Wahl auf den 18. Juni gelegt wurde - also deutlich nach Ende der Bundesliga-Saison, sodass viele der Bundesliga-Spielerinnen nicht mehr vor Ort sein werden - und eine digitale Teilnahme oder Briefwahl nicht möglich sein soll.

 

L-MAG: Du möchtest Präsidentin von Turbine Potsdam werden. Wie kam‘s zu dieser Entscheidung?

Tabea Kemme: Nachdem ich meine Karriere zum Jahresende 2019 vorzeitig wegen einer langwierigen Verletzung beendet hatte, habe ich mir die Frage gestellt, was ich im deutschen Frauenfußball bewirken möchte. Unter anderem habe ich vierzehn Jahre lang meine Erfahrung als aktive Spielerin machen dürfen, nach meiner letzten Station bei Arsenal habe ich zudem den Vergleich zwischen der deutschen und englischen Liga ziehen dürfen. In Potsdam zurück habe ich meine Erfahrungen einbringen wollen, bin hier aber auf verschlossene Türen gestoßen. Veraltete Strukturen lassen eine Professionalisierung nicht zu, nicht einmal das Bewusstsein ist dafür da. In enger Zusammenarbeit mit meinem Kompetenzteam haben wir ein Konzept, wie eine Professionalisierung auszusehen hat, ausgearbeitet.

Wo besteht Reformbedarf im Verein? Was würdest du als Präsidentin konkret ändern?

Um wieder international zu spielen, müssen wir den Verein strukturell wie auch personell besser aufstellen. Zum anderen haben wir den Spielerinnen eine ganz klare Perspektive zu geben, hier denke ich ganz besonderes an den Nachwuchs. Turbine Potsdam war in der Vergangenheit ein sehr attraktiver Verein, mit einer neuen Vision und Aufstellung wollen wir in Europa wieder wettbewerbsfähig sein.

Welches Feedback hast du bisher aus dem Verein und den Mannschaften bekommen? Bekommst du viel Unterstützung? Oder eher Gegenwind?

Bisher hatte ich der 1. Mannschaft und dem Verwaltungsrat das Konzept vorgestellt. Der Vorstand sieht das in zweigeteilter Meinung, vom aktuellen Präsidenten habe ich keine Unterstützung. Hier wird mir vereinsschädigendes Handeln vorgehalten, und es werden mir Schuldzuweisungen an Niederlagen der Mannschaft entgegen geworfen. Von Seiten vieler ehemaliger Unterstützer des Vereins habe ich viel Unterstützung, wie auch von Sympathisanten des Sports in ganz Deutschland.

Du hast letzte Woche auf Instagram kritisiert (siehe oben), dass die Mitgliederversammlung, an der die Wahl stattfinden wird, auf den 18. Juni gelegt wurde und es keine Briefwahl geben wird. Der amtierende Präsident Rolf Kutzmutz hat daraufhin erklärt, dass wegen der Einladungsfristen kein früherer Termin gemäß möglich sei und die Vereinsatzung keine Briefwahl erlaube. Was genau stört dich an dem Termin?

Der Termin selber stört mich nicht, nur hat es der Verein hier den Mitgliedern zu ermöglichen, ohne Anwesenheit am Versammlungsort an der Versammlung teilzunehmen und Mitgliederrechte durch elektronische Kommunikation auszuüben. Oder ohne Teilnahme ihre Stimmen vorab schriftlich abzugeben. Die Mitglieder sind das höchste Gut eines Vereins, und es muss jedem Mitglied des Vereins die Möglichkeit gegeben werden, seine oder ihre Stimme abzugeben.

Und was tust du dafür?

Es sind einige Unklarheiten von Seiten der Mitglieder. Einige Eltern von Kindern, die im Nachwuchs spielen und nicht wissen, ob und wie sie ihre Stimme abgeben können. Hier versuche ich dann über die Sozialen Medien einen Überblick zu gestalten, wie es jedem möglich ist, die Stimme abzugeben.

Wie können dich Turbine-Fans konkret unterstützen?

Wenn die Turbine-Fans das Konzept, Turbine Potsdam wieder in die Erfolgsspur zurückzubringen, unterstützen und mit voller Power dahinterstehen, dann freue ich mich auf den 18. Juni 2021 diesen Weg zusammen mit allen Mitgliedern einzuschlagen. Denn um international wieder wettbewerbsfähig zu sein brauchen wir die Unterstützung von Weggefährten.

Du hast dich auch der Initiative „Fußball kann mehr“ angeschlossen, die mehr Geschlechtergerechtigkeit im Fußball fordert. Hast du das Gefühl, dass eure Forderungen auf offene Ohren stoßen?

Vergangenes Wochenende war ich beim Female Football Kongress als Co-Moderatorin und auch Expertin. Hier war auch die „Fußball kann mehr“-Kampagne Thema, es gibt viele Befürworter und Unterstützer. Selber erfahre ich derzeit, wie schwer es ist, in veraltete und verkrustete Strukturen mit Inhalten für eine Professionalisierung zu argumentieren. Die Ideen werden weder angenommen noch gehört. Die Kampagne schafft ein Bewusstsein für die derzeitige Situation Im Fußball. Final hat in meinem Augen die Qualität im Vordergrund zu stehen, ob männlich, weiblich oder divers.

Wenn‘s mit dem Amt bei Turbine nichts wird – wie wär‘s mit einer Kandidatur als DFB-Präsidentin?

Mein voller Fokus liegt auf dem 18. Juni, mit meinem Team die Professionalisierung bei Turbine Potsdam anzugehen.

Wer Mitglied bei Turbine Potsdam werden will: Hier könnt ihr dem Verein beitreten

 

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