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Gender-Identitäten: Deutsche offener, als der Stammtisch glaubt

Trotz düsteren Getöses von „Gender-Gaga“: Was Gender-Identitäten angeht, sind die Deutschen - vor allem Frauen und Jüngere - offener, als man befürchten könnte. Aber: Es gibt Luft nach oben, und Unwissen sorgt für Unsicherheit. Das ergab eine Befragung.

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14.11.2023, red. - Trotz des düsteren Getöses von „Gender-Gaga“ und „Regenbogen-Diktatur“: Die Deutschen sind nicht so ablehnend, wie es erscheint, wenn man einen Blick in die sozialen Netzwerke wirft oder Bierzelt-Reden konservativer Politiker:innen hört.

Allerdings sind es vor allem die Frauen und die Jüngeren, die mit den Themen Diversität und Genderidentität etwas anfangen können. Und: Es herrscht immer noch viel Luft nach oben - und viel Unwissenheit.

Das ergab eine repräsentative Online-Befragung zum Thema Diversität, die das Marktforschungsinstitut Innofact im Auftrag der Dating-App Parship unter rund 1000 Singles und Paaren (Alter: 18-69 Jahre) durchführte.

7 Prozent identifizieren sich als nichtbinär

Schon die erste Zahl überrascht: 7 Prozent der Befragten identifizieren sich selbst als nichtbinär, 4 Prozent sind sich unsicher, woraus die Studie folgert, dass sich jede:r Zehnte nicht eindeutig als Mann oder Frau fühlt.

Auch wenn es durchaus sein könnte, dass die unsicheren 4 Prozent schlicht nicht wissen, was mit „nichtbinär“ gemeint ist, reicht die Anzahl doch über die universitären Blasen hinaus, denen „so ein woker Genderkram“ häufig unterstellt wird. Das zeigt auch ein Blick in die Altersgruppen: Zwar gaben am häufigsten die 18-29-Jährigen diese Antwort (8 Prozent), aber auch 4 Prozent der über 50-Jährigen.

Offenheit für geschlechtliche und sexuelle Identitäten

Die Offenheit für die Themen Geschlechtsidentitäten und sexuelle Orientierungen ist recht hoch: Drei Viertel der Frauen (74 %) und zwei Drittel der Männer (64 %) finden es gut, dass in der Gesellschaftheute mehr darüber gesprochen wird.

Nur die Hälfte aller Befragten (52 %) ist davon überzeugt, dass es  lediglich die beiden Geschlechter „Mann“ und „Frau” gibt. Bei den Männern (60 %) ist der Anteil allerdings deutlich höher als bei den Frauen (44 %). Jüngere stimmen dieser Aussage mit 45 % ebenfalls vergleichsweise seltener zu.

Unwissen sorgt für Unsicherheit

Allerdings herrscht viel Unwissen, was Inhalte und Begrifflichkeiten angeht. Viele Menschen wissen sicherlich nicht (genau), was Nichtbinarität ist, wie sie sich von Transsexualität unterscheidet und welche sexuellen Identitäten es überhaupt gibt. In der Befragung (die das selbst auch nur sehr knapp erklärte) wird das durch die Frage abgebildet, was hinter denBuchstaben in „LGBTQIA“ steht:Das weiß nur jede:r Zweite (51 %). Am besten informiert sind die 18-29-Jährigen: 69 Prozent sagen, dass sie das Acronym übersetzen können.

Ihr Unwissen führt dazu, dass ein Drittel der Deutschen (34 %) dieser Aussage zustimmt: „Mich verunsichert das Thema Geschlechtervielfalt, weil ich mich damit nicht so gut auskenne.“

Ebenfalls ein Drittel (34 %) wüsste gerne mehr darüber, jedoch ist hier die Altersverteilung weniger gleichmäßig: Die Hälfte der jungen Erwachsenen (49 %) zeigt sich interessiert, danach nimmt das Interesse kontinuierlich ab und liegt bei den über 60-Jährigen nur noch bei 23 Prozent.

Sichtbarkeit öffnet und hilft

Der offenere Umfang mit diesen Themen hat bei einem Drittel (33 %) dazu geführt, über die  eigene sexuelle Orientierung und/ oder Geschlechtsidentität nachzudenken. Besonders häufig tun das die unter 30-Jährigen: Hier hat das schon fast die Hälfte (46 %) getan.

Ein Drittel (33 %) der Befragten glaubt, sich leichter für das Thema öffnen zu können, wenn er oder sie mehr Menschen kennen würde, die sich nicht als ’Mann’ oder Frau’ identifizieren. Auch hier sind es vor allem die 18-29-Jährigen, die dieser Aussage zustimmen (44 %).

Zurückhaltung, was das Dating angeht

Und welche Rolle spielen Geschlechtsidentitäten und sexuelle Orientierungen beim Dating? Da sind die meisten deutlich zurückhaltender: Jeweils knapp jede:r fünfte Befragte (18 %) kann sich vorstellen, eine trans oder eine nichtbinäre Person zu daten. Am offensten sind 18-29-Jährige (28 % bzw. 26 %) und Frauen (23 % bzw. 18 %), während nur 14 Prozent der Männer eine trans und 16 Prozent eine nichtbinäre Person daten würden.

Rosa & hellblau: Männer halten stärker an Genderstereotypen fest

Was die Auflösung von Geschlechterrollen angeht, ist das Ziel noch überraschend weit entfernt, und vor allem die Männer hinken hinterher: Sie halten – über alle Altersgruppen hinweg - noch deutlich stärker als Frauen an Genderstereotypen fest.

Gut die Hälfte aller Befragten (54 Prozent) findet es in Ordnung, wenn Kinderkleidung/-spielzeug geschlechterspezifisch ist (z. B. für Jungen: blau/ Technik, für Mädchen: rosa/ Puppen). Dabei stimmen sogar 61 Prozent der Männer dieser Aussage zu, aber nur - bzw. immer noch! - 46 % der Frauen. Altersunterschiede gibt es hier erschreckenderweise nur wenige: Auch jede:r zweite 18-29-Jährige hat die Rosa-/ Blau-Schere im Kopf.

Auf der anderen Seite steht die (vermutlich andere?) Hälfte (52 %) der Befragten, die es wichtig findet,dass in der Werbung Geschlechtervielfaltabgebildet wird. Auch hier ist der Wert bei den Frauen wesentlich höher als bei den Männern (59 % vs. 46 %). Jüngere lassen für die Zukunft hoffen: Sie sind hier mit 64 % am stärksten vertreten.

 

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