L-Mag

Löffelchenstellung und Zaubertrank

Zwei sehr unterschiedliche Filme: „Für immer eins“ (jetzt im Kino, DVD im Juni) zeigt die Beziehungskrise eines reiferen Frauenpaars, in „Girls Lost“ (L-Filmnacht) verwandelt sich ein Mädchen in einen Jungen - und fühlt sich endlich im richtigen Körper.

Schranklesbentum vs. Lesbentattoo auf der Hand: Federica (Margherita Buy) und Marina (Sabrina Ferilli) - Foto: Pro-Fun Media

Von Karin Schupp, l-mag.de, 19.5.2016

Girls Lost (L-Filmnacht im Mai):

Trailer und Filmbeginn locken auf die falsche Fährte: Girls Lost ist kein mystischer Horrorfilm, sondern ein Teenagerdrama um Geschlechtsidentität und das Erwachen von Sexualität. Kim (Tuva Jagell), Momo (Louise Nyvall) und Bella (Wilma Holmen) sind 14, beste Freundinnen und anders genug, um von den Jungs in der Schule übel gemobbt zu werden. Als sie den Nektar einer seltsamen Pflanze aus Bellas Gewächshaus trinken, passiert etwas Überraschendes: Die drei verwandeln sich in Jungs (jetzt von – klug gecasteten - männlichen Jugendlichen dargestellt) und haben Spaß, bis am nächsten Morgen der Zauber verfliegt.

Für Momo und Bella ist die Verwandlung ein Abenteuer, das ihnen zudem mehr Selbstbewusstsein gibt. Für Kim aber ist es etwas anderes. Hatte sie Momo doch zuvor schon anvertraut, dass sich ihr Körper anfühle, „als hätte er einen Reißverschluss, und darunter wäre ein ganz anderer Körper“, fühlt sie sich in ihrer neuen Haut wohler denn je und verfällt dem Zaubernektar wie ein Junkie. Auf ihren Spritztouren als Junge verliebt sie sich in das kleinkriminelle Arschloch Tony – sehr zur Verzweiflung von Momo, die ihrerseits in Kim verliebt ist. Und dann verliert die Pflanze ihre Wirkung…

Anders als in ihrem Liebesfilm Küss mich (Trailer) erzählt Alexandra-Therese Keining keine lesbische, sondern eine queere Geschichte. Ihre Adaption des schwedischen Jugendbuchs „Pojkarna“ (= Mann) ist eine intensive Story, die einen am Ende zwar ein wenig alleine lässt, aber dennoch eine Weile im Kopf nachschwingt, selbst wenn man mit dem Thema bisher nicht viel anfangen konnte.

Girls Lost (Pojkarna), Schweden, 2015, Regie: Alexandra-Therese Keining, mit Tuva Jagell, Louise Nyvall, Wilma Holmen, 106 min., OmU

L-Filmnacht-Termine in ganz Deutschland: www.l-film-nacht.de

 

Für immer eins (ab 19. Mai im Kino, DVD ab 9. Juni):

Architektin Federica (Margherita Buy) und Restaurant-Besitzerin Marina (Sabrina Ferilli) sind ein gut eingespieltes, nach fünf Jahren immer noch glücklich verliebtes Paar, kochen Seite an Seite, teilen sich dieselbe Brille, kabbeln sich und schlafen in Löffelchenstellung ein. Doch als Marina, ein Ex-Filmstar, ihre Lebensgefährtin in einem Interview outet, bricht ein schwelender Konflikt auf, der lange freundlich ignoriert wurde: Federica, geschieden mit erwachsenem Sohn, fühlt sich immer noch unwohl dabei, zu ihrer Beziehung mit einer Frau zu stehen. Und deshalb gefällt ihr auch nicht, dass Federica eine neue Filmrolle in Erwägung zieht, die sie wieder stärker ins Licht der Öffentlichkeit rücken würde. Als auch noch – lesbischer Super-GAU! – Federicas alter Flirt Marco wieder auftaucht, lässt sich die Krise nicht mehr aufhalten, und beide Frauen treffen Entscheidungen, die sie eigentlich gar nicht wollen…

Die lesbischen Sympathien liegen – natürlich - bei Marina, deren Verhalten und Emotionen aber auch besser nachvollziehbar sind als Federicas, die wie versteinert wirkt und viel zu lange selbst nicht weiß, was sie will.

Mit zwei der bekanntesten Schauspielerinnen Italiens, die ihre Rollen souverän verköpern, erzählt Regisseurin Maria Sole Tognazzi, auch Ko-Autorin des Drehbuchs, eine recht lebensnahe und weitgehend klischeefreie "Dramödie" (Selbstbezeichnung des Verleihs), allerdings wenig originell und ohne überraschende Wendungen. Für immer eins ist weder so schmonzettig, wie es der Titel befürchten lässt, noch der prickelnde „Aperol Spritz für die Seele“, den der PR-Text verspricht. Vielleicht eher ein Latte Macchiato mit Keks – ja, darauf können wir uns einigen.

Für immer eins (Io e Lei), Italien, 2015, Regie: Maria Sole Tognazzi, mit Margherita Buy, Sabrina Ferilli, 102 min., ab 19. Mai in ausgewählten Kinos und auf Festivals (Termine hier), DVD ab 9. Juni


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