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Goodbye, „The L Word: Generation Q“ – aber doch kein Abschied für immer?!

„The L Word: Generation Q“ wurde nach drei Staffeln abgesetzt – traurig, aber nicht zu Unrecht, denn die Lesbenserie machte viele Fehler. Das uns in Aussicht gestellte neue Reboot „The L Word: New York“ hat die Chance, es besser zu machen. Ein Kommentar.

Showtime/ Jill Greenberg

Von Karin Schupp

25.3.2023 - Es hatte sich bereits angedeutet, und doch war die Nachricht am Donnerstag ein Schock: Der US-Sender Showtime cancelte The L Word: Generation Q nach drei Staffeln.

Aus Controller-Sicht ist die Entscheidung klar: Dass der Pay-TV-Kanal, der bald im Streamingdienst Paramount+ aufgehen wird, sparen muss, war schon länger bekannt, und das 2019 gestartete Reboot der legendären Lesbenserie The L Word (2004-2009) war von Anfang an kein großer Quotenerfolg – ohne Aufwärtstrend.

Im Gegenteil: In Staffel 3, die im November 2022 begann, gingen die Einschaltquoten ebenso kontinuierlich zurück wie die ebenfalls wichtige Währung des Social Media-Buzz. Gen Q wurde zwar in den Sozialen Medien diskutiert, aber die Stimmung war zunehmend negativ, vor allem nachdem zwei beliebte Charaktere im Laufe von Staffel 3 (mehr oder weniger) aus der Serie verschwunden waren (keine Spoiler hier!).

Wird The L Word in New York wiederauferstehen?

Dennoch scheint Showtime an die Idee und Marke The L Word zu glauben, denn gleichzeitig wurde bekannt gegeben, dass der Sender ein weiteres Reboot mit dem Arbeitstitel The L Word: New York entwickelt.

Ein ungewöhnlicher Move, der darauf hindeutet, dass Gen Q intern als irreparabel gilt. Dafür spricht auch, dass Ilene Chaiken, Ko-Schöpferin der Originalserie, diesmal an der Neuauflage beteiligt sein soll, nachdem sie das Gen Q-Ruder einer neuen Showrunnerin, Marja-Lewis Ryan, überlassen hatte.

Reaktionen der Schauspielerinnen auf Instagram:

Unkreative Storylines, fehlende Spannungsbögen

Die bewies, dass es für den Job halt nicht reicht, lesbisch und ein Fan der Originalserie zu sein. Die 38-Jährige mit Indiefilm-Hintergrund kam ohne TV-Erfahrung an Bord, und das merkte man.

Das soll nicht heißen, dass die Serie nicht unterhaltsam war, aber sie hatte so viel mehr Potenzial - und wies stattdessen viele handwerkliche Probleme auf, die über das traditionelle Meckern (das seinerzeit auch Ilene Chaiken ertragen musste: „Wieso sind die beiden jetzt getrennt?“ oder „Zu wenig/ zu viel Sex!“) hinausgehen: Unkreative Storylines, bei denen selbst Daily Soaps abwinken würden, inkonsistente Charaktere, das unzeremonielle Beenden von Lovestorys und insgesamt zu kurze oder ganz fehlende Spannungsbögen – es ließ sich einfach zu wenig mit den Figuren mitfiebern.

Dass „story arcs“ (Handlungsbögen), die neben den Charakteren entscheidend für das Funktionieren einer Serie sind, nicht zu ihren Stärken gehören, gab Ryan in einem Youtube-Interview im Januar selbst zu. Und es spricht für sich, dass sie als ihr größtes Verdienst nannte, vielen diversen und POC (=People of Color)-Frauen, trans und nichtbinären Personen Jobs vor und hinter der Kamera gegeben zu haben.

Das ist tatsächlich lobenswert, und es war dringend nötig, die Serie in Sachen Diversität ins 21. Jahrhundert zu holen.

Vermisst: die alten Charaktere und das Gemeinschaftsgefühl

Aber die neuen, nicht mehr nur lesbischen Charaktere wirkten bisweilen, als seien sie am Diversitäts-Reißbrett entstanden. Denn das queer-bunte Drehbuchteam um Ryan tat sich schwer damit, ihnen Leben einzuhauchen, sie zu einer Einheit mit den Original-Charakteren – allen voran Bette (Jennifer Beals), Shane (Kate Moennig) und Alice (Leisha Hailey) – verschmelzen zu lassen, sodass das ersehnte Gemeinschaftsgefühl fehlte (unvergessen die Tisch-Szenen im „Planet“!). Zudem wurde ihnen verübelt, dass sie viel zu wenige der früheren Figuren zurückholten (in Staffel 3 machten sie’s immerhin mit drei starken Gastauftritten besser!).

Fazit: Viele der alten Fans waren unzufrieden, das erhoffte neue, jüngere Publikum aber auch, wenn auch aus zum Teil anderen Gründen (zu lesbisch, nicht queer/ trans genug) oder einfach, weil man heutzutage keine linearen Serien mehr schaut oder bessere Drehbücher gewöhnt ist. Letzteres ist sicherlich auch ein Grund dafür, weshalb The L Word: Generation Q nicht über das geneigte Nischenpublikum hinaus punkten konnte und deshalb quotentechnisch enttäuschte.

Kritik an den Drehbuch- und Personal-Entscheidungen übten in ihrem Podcast Pantsübrigens auch Leisha Hailey und Kate Moennig  – zwar recht dezent, aber im Vergleich zur branchenüblichen höflichen Heuchelei doch sehr deutlich.

Re-Reboot: Eine Chance auf einen Neuanfang

Insofern bietet der Re-Reboot The L Word: New York eine echte Chance für einen Neuanfang an einem neuen Schauplatz. Für den Sender hat es den Vorteil, dass die bisherigen Verträge mit Ryan und dem Cast ungültig sind und er nun neu entscheiden kann, welche Gen Q-Charaktere an die Ostküste ziehen dürfen, ob es ein „Reboot Classic“ mit möglichst vielen der alten Figuren oder eine ganze neue Serie ohne Verbindung zu vergangenen Staffeln geben wird.

Moennig/ Instagram Story Kate Moennig kritisierte in ihrer Nachricht an die Fans nicht zum ersten Mal die Richtung, die ihre Figur „Shane“ nahm

Und ein bisschen mehr Sorgfalt bei der Wahl der Showrunnerin und der Autor:innen sollte diesmal im Vordergrund stehen. Nicht nur Chaiken, sondern auch Hailey und Moennig, die in Staffel 3 beide erstmals Regie führten und die Serie und ihr Publikum sehr gut verstehen, ohne in Nostalgia hängen zu bleiben, sollte mehr Einfluss eingeräumt werden (trotz ihres „Executive Producer“-Titel hatten sie in Gen Q nichts zu sagen).

Und auch Beals, die in Staffel 3 nur noch in vier Folgen mitspielte, soll Gerüchten zufolge unzufrieden gewesen sein und unter neuen Bedingungen vielleicht zu einer Rückkehr zu bewegen sein.

Wir werden für das Re-Reboot kämpfen müssen!

Wichtig ist auch: The L Word: New York ist längst keine beschlossene Sache! Und wir Fans werden auch dafür kämpfen müssen. Die Nachricht des Re-Reboots wurde sicherlich lanciert, um die Luft aus dem befürchteten Shitstorm wegen der Absetzung zu nehmen. Ein „Entwicklungs-Auftrag“ bedeutet allerdings längst nicht, dass jemals eine Serie draus wird – die meisten dieser Projekte erblicken nie das Licht der Welt. Bleiben wir also dran und zeigen der TV-Welt, dass die Zeit von The L Word noch längst nicht vorbei ist!

Alle 6 Staffeln der Originalserie The L Word stehen in der Flatrate von Amazon Prime.

Die Staffeln 1 und 2 von The L Word: Generation Q gibt's in den Flatrates von Sky Go, WOW und Paramount+. Wann und wo Staffel 3 in Deutschland laufen wird, ist aktuell noch nicht bekannt. 

 

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