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Heteros organisieren ihren eigenen CSD

„Wir sind eine unterdrückte Mehrheit“: Weil sie sich als Heterosexuelle von der LGBT-Community an den Rand gedrängt fühlen, veranstalten zwei Männer mit rechtsextremen Verbindungen am Samstag in Boston eine „Straight Pride Parade“.

Super Happy Fun America Die Veranstalter möchten, dass ihre "Hetero-Flagge" am Rathaus von Boston gehisst wird, und fordern, dass das Acronym LGBTQ mit dem "S" für "straight" (= hetero) ergänzt wird

Von Karin Schupp

29.8.2019 - „It’s great to be straight!“, heißt es im Aufruf zur „Straight Pride Parade“ am 31. August in Boston. „Heteros sind eine unterdrückte Mehrheit. Der Tag wird kommen, an dem Heteros endlich als gleichberechtigt innerhalb aller anderen Orientierungen gelten werden.“

Ein CSD für Heteros, auf dem sie endlich einmal stolz zu ihrer sexuellen Orientierung stehen und gegen ihre Unterdrückung protestieren können? Das klingt nach Satire oder einem schlechten Scherz, der an einem feuchtfröhlichen Kneipenabend geboren wurde.

Aber trotz des fröhlichen Namens „Super Happy Fun America“, den sich die beiden Veranstalter John Hugo und Mark Sahady gaben: Die Parade ist alles andere als harmloser Quatsch.

Hauptredner: Ein ultrarechter, frauenhassender Schwuler

Wie Daily Beast aufdeckte, gehör(t)en beide Männer der Organisation „Resist Marxism“ an, die dafür bekannt ist, linke AntifaschistInnen – auch körperlich – zu bedrohen und anzugreifen. Hugo kandidierte mit Unterstützung dieser Gruppierung bei den US-Kongresswahlen 2018 für die Republikaner, fiel aber durch. Sahady hat zudem Verbindungen zu den „Proud Boys“, die vom FBI als rechtsextrem eingestuft wurden.

Dass mit Milo Yiannopoulos ein Schwuler als Hauptredner eingeladen wurde, ist nur auf den ersten Blick homofreundlich: Der Wortführer der neuen Rechten und Ex-Redakteur der rechtspopulistischen Webseite Breitbart gründete 2016 die Gruppe „Gays for Trump“, hält Feminismus für „Krebs", Trans für psychisch krank und Lesben für verwirrte Heteras - auf seiner Webseite verkaufte er T-Shirts mit der Aufschrift „Lesben sind nicht real“.

Die armen Heteros - von allen Seiten bedroht: Von der LGBTQ+-Community, den Promis, den Mainstream-Medien (MSM) und den "Social Justice Warriors" (SJC = Kämpfer für soziale Gerechtigkeit) - Foto: Super Happy Fun America

Illegal ist der Aufmarsch nicht. „Auf Basis der Werte einer Organisation kann die Stadt eine Genehmigung nicht verbieten“, sagte Bostons Bürgermeister Marty Walsh nach der Anmeldung im Juni und lud im gleichen Atemzug dazu ein, den LGBT Pride in seiner Stadt zu besuchen und „zu zeigen, dass Liebe immer gewinnt“.

Schon im Frühjahr hatte der Stadtrat Hugos und Sahadys Antrag abgelehnt, im Pride-Monat Juni am Rathaus nicht nur die Regenbogenfahne, sondern auch die „Hetero-Fahne“ zu hissen. Boston gilt als eine der LGBTQ-freundlichsten Städte der USA, Massachussetts war der erste Bundesstaat, der 2004 die Ehe für alle legalisierte.

Wegen Brad Pitt und „Glitterbomben“: Zensur! Terroristen!

Der Gegenwind hielt das Thema in den Medien: Zuerst musste „Super Happy Fun America“ zwei Fotos von Brad Pitt von seiner Webseite entfernen – der Filmstar wollte verständlicherweise nicht mit der Parade in Verbindung gebracht werden – und jammert prompt über „Zensur“.

Dann rief die Gruppe ein Bombenentschärfungskommando, nachdem sie mehrere Umschläge mit buntem Glitter – ein bekanntes LGBTQ-Protestmittel gegen homophobe Menschen und Organisationen - im Briefkasten gefunden hatte. Der Täter solle als Terrorist verfolgt werden, forderte Hugo anschließend gegenüber dem Sender NBC, „selbst wenn es nur Babypuder war.“

Die Idee des „Hetero-CSD“ kommt bei rechtsextremen Gruppen sehr gut an, nicht zuletzt, weil sie ihrer intoleranten Hasspolitik eine fröhlich-unschuldige Fassade bietet – in Boston soll neuerdings ein Cosplay-Wettbewerb die Parade aufpeppen - und sich daher sicherlich gut zur Mitgliederwerbung eignet.

CBS Sacramento/ ScreenshotWir sind „eine total friedliche rassistische Gruppe“ sagte Don Grundmann, Chef der National Straight Pride Coalition (links hinter dem Transparent), bei einer Sitzung des Stadtrats von Modesto

Rassistische „Straight Pride Parade“ in Kalifornien war ein Flop

Radikalere Nachahmer gibt es bereits: Während sich die Bostoner zumindest nach außen hin nicht explizit „anti-gay“ nennen und laut offiziellem Aufruf keine Rassisten und Gegner der US-Verfassung zulassen, lud die offen homophobe und rassistische Gruppe „National Straight Pride Coalition“ zum „Straight Pride“ in Modesto/ Kalifornien ein, um – laut Aufruf - die „westliche Zivilisation“ zu verteidigen.

Die Parade, die trotz heftiger Proteste, unter anderem vom dort angesiedelten Weingut Gallo, der größten Weinkellerei der Welt, am vergangenen Samstag stattfand, war allerdings ein glatter Reinfall: Statt der erwarteten 500 Teilnehmenden kamen nur rund 20, während ihnen auf der Gegenseite etwa 200 LGBT-DemonstrantInnen gegenüber standen. Hoffen wir, dass die Parade in Boston ebenso grandios floppt und von der angekündigten Gegendemo zahlenmäßig weit übertroffen wird! Auf dass diese „Straight Pride Parade“ die letzte ihrer Art ist!

 

Einen guten Vorschlag hatte Chris Evans alias „Captain America“:

„Wie wäre es mit einer ‚Verzweifelt versuchen, unsere eigenen schwulen Gedanken zu begraben, indem wir homophob sind, weil uns als Kind niemand beigebracht hat, Zugang zu unseren Gefühlen zu haben‘-Parade? Was denkt ihr? Zu deutlich?“

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