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Jördis Trauer: „In Geschichten über queere Menschen sollte eine Natürlichkeit mitschwingen“

Jördis Trauer spielt in „Soko Stuttgart“ (3. Mrz.) einen trans-nichtbinären Kunststudenten - wir sprachen mit der queeren Schauspieler:in über die Folge, in der auch ein Frauenpaar mit Kind und „Princess Charming“-Star Irina Schlauch vorkommen.

ZDF/ Markus Fenchel Jördis Trauer als „Julian“ in „Soko Stuttgart“ - eine Rolle, die ursprünglich für einen Mann geschrieben wurde

Von Sarah Stutte

2.3.2022 - Die nichtbinäre und genderfluide Schauspieler:in Jördis Trauer spielt in der neuen Folge der ZDF-Krimiserie SOKO Stuttgart einen Kunststudenten, der unter Mordverdacht gerät. Und die Episode „In Stein gemeißelt“ hat noch mehr Queerness zu bieten: ein lesbisches Paar und Princess Charming-Star Irina Schlauch in einem Kurzauftritt. Was Jördis an ihrer Rolle gefallen hat und warum das „Rummantschen“ viel Spaß machte, erzählt sie im Interview mit L-MAG.

 

In der neuen SOKO-Folge wird der Bildhauer und Professor Christian Schilling in seinem Atelier erschlagen aufgefunden. Du spielst Julian Koch, einen seiner Kunststudenten. War die Rolle von Anfang an als trans-nichtbinär angelegt?

Nein, sie war von Drehbuchautor Klaus Jochmann für einen Mann geschrieben worden. Doch Regisseur Patrick Winczewski hatte mich zuvor im Tatort Weimar („Der feine Geist“) gesehen und wollte, dass ich die Figur als queere Person spiele. Mir hat es gut gefallen, dass er offen dafür war und diesen Julian Koch als einen Menschen gesehen hat, der nach seiner Identität sucht, aber auch künstlerisch tätig ist und in dieser Kunst alles verarbeitet. Dennoch war die Identität der Figur an sich überhaupt nicht Thema, sondern einfach so gesetzt. Mir persönlich ist es wichtig, dass in den Geschichten über queere Menschen auch eine Natürlichkeit mitschwingt.

Ist die Identität von Julian Koch deiner Meinung nach denn deutlich gezeichnet oder hätte das Publikum hier vielleicht noch mehr Background gebraucht?

Es gibt eine Stelle, wo die beiden Kollegen aus dem Ermittlerteam darüber reden und dabei gesagt wird, dass Julian Koch sich als Mann definiert. Ich selbst habe die Figur als nichtbinäre Figur gesehen, weil ich mich auch selber als genderfluid und nichtbinär sehe. Ich finde, wir können dem Publikum schon zutrauen, dass Dinge offen sind und nicht immer erklärt werden müssen. In vielen ausländischen Serien ist das Normalität. In deutschen Produktionen habe ich hingegen oft den Eindruck, dass aus einer queeren Thematik ein Problem gemacht wird. Da muss gelitten werden oder es der queeren Person sehr schlecht gehen. Doch das wir einfach normale Menschen sind, glücklich und mit sich im Reinen, wird nicht thematisiert.

Florian Liedel/ photoselection Jördis Trauer

Stichwort Kreativität. Dir liegt Musik und Theater, doch wie ist es mit der bildenden Kunst? War das in der Rolle Neuland für dich?

Durch einen befreundeten Schauspieler und Maler habe ich kurz vorher angefangen, mich mit Malerei und Collagen zu beschäftigen. Während Corona habe ich mich dann darin ausprobiert. Lustigerweise kam dann genau dieses Rollenangebot. Ich glaube an Anziehung und dass plötzlich diese Thematik so präsent war, fand ich sehr schön. Julian Koch sollte erst ein Bildhauerstudent sein. Ich habe mich daraufhin für die Vorbereitung mit einer Bildhauerin getroffen, die mir viel darüber erzählt hat, wie sie arbeitet. Dann wurde die Rolle in Richtung Bildender Künstler verändert, weil man das filmisch besser erzählen konnte.

Eine Szene mit dir im Atelier sieht sehr nach Jackson Pollock und Action Painting aus. Hat dir das Spaß gemacht?

Ja, total. Es war lustig, mit der Farbe rumzumantschen. Ich mochte es total gerne, dass der Regisseur durch Handlungen gezeigt hat, wie es der Figur geht. Die ganze Szene war vorher nicht groß besprochen, wurde in einer Einstellung gedreht und ich hatte auch nur ein Kostüm, das ich dafür beklecksen konnte.

Irina Schlauch hat auch einen Part in der Folge. Kanntest du sie vorher schon?

Eher indirekt. Ich habe sehr viele Freund:innen, die Fans von ihr sind, weil sie die ganze Princess Charming-Staffel verfolgten. Ich musste sie erst googeln, als ich die Kolleg:innenliste bekommen habe. In meinem Freundeskreis waren alle dann hellauf begeistert. Wir hatten aber keine gemeinsamen Szenen und sind uns am Set auch nicht über den Weg gelaufen.

Die Folge hat auch sonst einen queeren Bezug. Es gibt ein lesbisches Paar und man erfährt nebenbei etwas über die Stiefkind-Adoption. Gab das für dich auch den Ausschlag, hier mitzutun?

Ich fand einerseits den Kunsthochschul-Kontext gut, weil ich mich darin wiederfinden konnte. Der Fokus auf die unterschiedlichen queeren Geschichten hat mir aber auch gefallen. Genauso wie die Thematik, dass sich zwei Frauen ein Kind wünschen. Aus meinem privaten Umfeld weiß ich, was für ein langwieriger Prozess das sein kann. In der Folge fand ich besonders die Machtstrukturen interessant, da die Samenspende auch der Verfolgung von Eigeninteressen dient.

SOKO Stuttgart, „In Stein gemeißelt“, am Do, 3. März,18 Uhr im ZDF - oder schon jetzt in der ZDF-Mediathek.

 

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