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Kinotipp „Can You Ever Forgive Me?“: Eine schön untypische, lesbische Kinoheldin

Dass der für drei Oscars nominierte Film „Can You Ever Forgive Me?“ eine lesbische und eine schwule Hauptfigur hat, ist nur ein weiterer guter Grund, die unterhaltsame Dramedy über die Fälscherin Lee Israel anzusehen (Kinostart: 21. Feb.).

Fox Searchlight

Von Karin Schupp

19.2.2019 - Lee (Melissa McCarthy) ist eine griesgrämige Einzelgängerin, die nur ausgeht, um sich zu betrinken oder auf einer Party das halbe Buffett in ihrer Handtasche zu versenken und danach mit einem geklauten Mantel zu verschwinden. Die Autorin von Biografien hat’s finanziell bitter nötig: Ihre besseren Tage sind längst vorbei, und die Verlage interessieren sich mittlerweile nicht mehr für ihre Ideen, zumal sich Lee mit ihrer wenig charmanten Art auch nicht gerade gut vermarkten lässt (was ihre Laune natürlich noch weiter verschlechtert).

“Lassen Sie sich was einfallen”, fordert ihre entnervte Literaturagentin sie auf, und Lee lässt sich etwas einfallen: Sie beginnt, Briefe verstorbener Prominenter zu fälschen und an Antiquariate zu verkaufen. Ein überraschend einträgliches Geschäft, bei dem sie von ihrem Trinkkumpan und einzigem Freund Jack (Richard E. Grant) unterstützt wird – bis die ersten Antiquare und Käufer misstrauisch werden…

Lee ist lesbisch, Jack ist schwul - und das kommt nicht zu kurz

Die tragikomische Geschichte über zwei Misfits, die keine geborenen Kriminellen sind und trotz der unvermeidlichen Konsequenzen die Zeit ihres Lebens haben, ist nicht nur unterhaltsam erzählt, sondern jubelt dem Mainstream-Publikum auch zwei homosexuelle Hauptfiguren unter: Lee ist lesbisch, und Jack ist schwul. Und das kommt wahrlich nicht zu kurz, sondern spielt ganz selbstverständlich immer wieder eine Rolle. Jack bekommt zwischendurch eine Affäre, und auch Lee hat eine Verehrerin, steht sich dabei aber selbst im Weg – und das ist offenbar typisch für sie, wie ein Treffen mit ihrer Ex spät im Film andeutet.

Das ist zwar unromantisch, bleibt aber der echten Lee Israel treu. Die gab’s nämlich wirklich – sie starb 2014 im Alter von 75 Jahren – und lebte offenbar die meiste Zeit ihres Lebens allein.

Die echte Lee Israel fälschte über 400 Briefe

Für ihre Fälschungen Anfang der Neunziger – sie kreierte über 400 Briefe – kam Lee Israel zwar mit fünf Monaten Hausarrest davon, bekam danach aber quasi ein Berufsverbot, das ihre Karriere als Biografin endgültig beendete. Sie schrieb nur noch ein Buch, die gleichnamigen Memoiren (2008) - das einzige, das sie nicht über eine andere Persönlichkeit, sondern über sich selbst schrieb.

Sowohl McCarthy, die ihre Rolle überzeugend spielt, als auch Grant wurden für den Oscar nominiert, ebenso Nicole Holofcener und Jeff Whitty für das Drehbuch. Dass aber der Film selbst und vor allem Regisseurin Marielle Heller keine Nominierung bekamen, löste in der Branche eine Reaktion zwischen Stirnrunzeln und Empörung aus – eine Frau in der Kategorie “Beste Regie” ist eben auch 2019 immer noch die große Ausnahme (in der Oscar-Geschichte wurde bisher nur fünf Regisseurinnen diese Ehre zuteil).

Ob Oscar oder nicht: Es bleibt die Freude darüber, dass die neue Welle an Biopics in diesem Jahr auch einige lesbische und bisexuelle Frauen auf die Leinwand bringt, seien sie nun unbekannt oder berühmt (unsere Kinovorschau hier und hier), und damit auch eine schön untypische Kinoheldin wie Lee Israel ihre Chance bekommt. Gerne mehr davon!

Can You Ever Forgive Me?, USA 2018, Regie: Marielle Heller, mit Melissa McCarthy, Richard E. Grant, Dollie Wells u.a., 106 Min., Kinostart: 21. Feb.

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