Kinotipp „Mean Girls“: Fiese Girls, queere Girls
Das Musical-Remake von Tina Feys Kulthit „Mean Girls“ mit den queeren Schauspielerinnen Renée Rapp und Auli'i Cravalho ist witziger und frischer als das Original und lässt „Janis“ endlich so lesbisch sein, wie sie es vor zwanzig Jahren nicht durfte.
Von Karin Schupp
25.1.2024 - Cady (Angourie Rice) ist neu an der Highschool und wird sogleich von dem queeren Duo Janis (Auli'i Cravalho) und Damian (Jaquel Spivey) unter ihre Fittiche genommen. Aber auch die fiese Schul-Queen Regina George (Reneé Rapp) findet Gefallen an der braven Neuen und beschließt kurzerhand, sie - neben Gretchen (Bebe Wood) und Karen (Avantika Vandanapu) – zur dritten unterwürfigen Vasallin ihrer „Plastics“-Clique zu machen.
Das bringt Janis auf die Idee, Cady als Maulwurf bei den Plastics einzuschleusen und sich mit ihrer Hilfe an Regina zu rächen: Dass die mal überall verbreitete, dass Janis von ihr „besessen“ sei, kann sie ihr nicht verzeihen. Als Cady sich in Reginas Ex Aaron (Christopher Briney) verliebt und selber in deren Fadenkreuz gerät, stürzt sie sich kopfüber in den Intrigenstadl und gerät in Gefahr, es sich mit allen Beteiligten zu verscherzen…
„Why are so obsessed with me?“
Die satirische Komödie von Comedy-Spezialistin Tina Fey, die auch als sozialer und feministischer Kommentar zu Teenie-Cliquen zu verstehen ist, wurde bereits 2004 mit Lindsay Lohan, Rachel McAdams und Lizzy Caplan verfilmt und in den USA zum popkulturellen Phänomen: Reginas Satz „Why are you so obsessed with me?“ (dt.: „Warum bist du so besessen von mir?“) wurde zum Meme und viele weitere Dialogzeilen zu geflügelten Worten.
2017 machten Fey und ihr Mann, der Komponist Jeff Richmond, aus dem Stoff ein erfolgreiches Musical, das sie nun wiederum fürs Kino updateten. Aber ist ein weiteres Mean Girls (mit dem unnötigen „deutschen“ Untertitel „Der Girls Club“) wirklich nötig? Angesichts der Remake-eritis der letzten Jahre und der unzähligen weiteren Highschool-Storys nach dem Strickmuster „die Neue, die Schul-Hierarchie und die (Hetero-)Lovestory mit Hindernissen“, die seitdem erschienen sind, zieht man da durchaus die Augenbrauen hoch.
Schneller, witziger, frischer - und ein besserer Cast
Die Frage kann aber durchaus bejaht werden. Die Regie-Debütant:innen Samantha Jayne and Arturo Perez Jr. erfinden das Genre zwar nun wahrlich nicht neu, aber ihre Version ist schneller, witziger und frischer als das Original, die feministische Botschaft deutlicher, der Cast bis in die Nebenrollen (darunter Tina Fey als Lehrerin) überzeugender - und selbst wer kein Musical-Fans ist, muss während der originell inszenierten Songs nicht aus dem Kinosaal huschen und Popcorn kaufen gehen.
Die Handlung wurde in die Gegenwart transportiert (auch wenn das berüchtigte „Burn Book“ der Plastics immer noch ganz old school auf Papier existiert) und dabei auch von beiläufigem Rassismus, Beschimpfungen wie „Schlampe“ oder „Nutte“ und homophoben Jokes befreit.
2024 darf Janis endlich offen lesbisch sein
Vor allem aber wurde Janis‘ Charakter überarbeitet: Lesbische Fans waren damals zutiefst enttäuscht, weil sie im Original zwar von Regina als lesbisch geoutet worden war, ihre tatsächliche sexuelle Identität aber unerwähnt blieb - und ihr ganz am Ende doch tatsächlich noch ein Boyfriend an die Seite gestellt wurde.
In der neuen Version ist Janis offen lesbisch und macht damit ihren rebellischen Song „I’d Rather Be Me“ auch zu einer Hymne queeren Selbstbewusstseins. Eine Lovestory bekommt sie zwar nicht, in der Schlussszene aber zumindest ein weibliches Date.
Die große Hoffnung so mancher Fans, dass aus Regina und Janis ein Paar wird, erfüllt der Film jedoch nicht. Die Fan-Theorie, dass Regina so handelt, wie sie es tut, weil sie heimlich lesbisch und in ihren früheren Bestie verliebt ist, bleibt also leider auch hier reine Spekulation.
Renée Rapp (und viele Fans) halten Regina für lesbisch
Die wird übrigens auch von Renée Rapp vertreten, die – wie Auli'i Cravalho und Jaquel Spivey - selbst queer ist (und in der Serie The Sex Lives of College Girls eine lesbische Rolle spielte). Die 24-Jährige, der diese Rolle sicherlich einen Karrieresprung bescheren wird, erklärte auf Instagram, dass sie „Regina George eine Lesbe“ hält und bekräftigte gegenüber der Webseite Them: „Dass Regina lesbisch ist, war immer meine Interpretation und ist immer noch meine Interpretation. Andere Leute sehen das vielleicht anders, aber das ist mir wirklich egal.“
Da kann Rapps Song „Not My Fault“, den sie mit Megan Thee Stallion für den Film schrieb, deutlich eher als lesbisch gelesen werden: Er beginnt mit Reginas ikonischem Satz „It's not my fault you're like in love with me or something!“ und enthält die Zeile „Can a gay girl get an ‚Amen‘?‘“
Wer eine lesbische Highschool-Komödie sehen will, sollte sich also eher Bottoms (Amazon Prime Video, unsere Filmkritik), Crush (ebenfalls mit Auli’i Cravalho) oder Nur die halbe Geschichte (beide: Netflix) anschauen. Aus der Fülle der heterosexuellen Teenie-Filme von der Stange ragt Mean Girls jedoch positiv heraus (und die Hetero-Lovestory war nie so nebensächlich wie hier!) und für einen entspannten Kino-Abend, der für zwei Stunden aus dem grauen Winter entführt, taugt er durchaus.
Mean Girls – Der Girls Club, USA 2022, Regie: Samantha Jayne, Arturo Perez Jr., Buch: Tina Fey, Musik: Jeff Richmond, mit Angourie Rice, Renée Rapp, Auli'i Cravalho u.a., 113 min., Kinostart: 25. Januar
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