L-Mag

Kölner Drag King kämpft um internationale Drag King-Krone

In der international besetzten Show „King Me: Rise of a Drag King“ - jetzt auf Youtube - gehört „Hans Schwanz“ zu den zwölf Finalisten. L-MAG unterhielt sich mit der Kölnerin Stephanie Weber, die hinter der Figur steckt.

Stephanie Weber "Ein putziges Kerlchen!" - Drag-Performerin Stephanie Weber über ihre Drag King-Figur "Hans Schwanz"

Von Isabel Lerch

18.1.2018 - Gestern startete auf YouTube Staffel 2 des internationalen Drag King Contests King Me: Rise of a Drag King. Zu den zwölf Kandidaten gehört auch der deutsche Drag King „Hans Schwanz“, eine Klischeefigur des typisch deutschen Mannes mit Lederhose und Bier in der Hand.

Verkörpert wird „Hans Schwanz“ von der Kölnerin Stephanie Weber, die seit knapp zehn Jahren als Künstlerin und Queer-Aktivistin in Workshops, im TV, in Vorträgen und auf Bühnen mit dem Thema „Drag“ unterwegs ist (und auch hinter dem Youtube-Kanal The Queer L-Vlog - wir berichteten – steckt).

In dem von US-Drag Kings produzierten Wettbewerb treten die Kontrahenten in zehn Performance-Challenges gegeneinander an und werden nach und nach von einer Jury ausgesiebt, bis im Staffelfinale der King Me-König gekrönt wird.

Im Interview mit L-Mag Online spricht Stephanie Weber über "Hans Schwanz", die Show und die politischen Aspekte des Themas Drag.

 

L-MAG: Wann bist du das erste Mal mit dem Thema „Drag“ in Berührung gekommen?

Stephanie Weber: Mit "Drag" habe ich mich erstmals im Rahmen meines Studiums auseinandergesetzt. Der Begriff kommt eigentlich aus der Zeit Shakespeares und bedeutet „Dressed as a guy / dressed as a girl“. Im Theater waren damals kaum Frauen auf Bühnen sichtbar; Männer nahmen die Frauenrolle an.

Du bist die erste Person aus Deutschland, die bei King Me: Rise of a Drag King antritt. Was hat Dich an der Teilnahme begeistert?

Es gibt in allen größeren deutschen Städten seit Jahren Drag-Szenen, die jedoch nicht auf den ersten Blick sichtbar sind. Außerdem sind nicht überall, wo Drag-Party oder Performance draufsteht, auch gleichzeitig die Drag Kings enthalten. Mit „Drag“ werden primär erst einmal die Drag Queens assoziiert. Doch dank Social Media und Hashtags findet man leicht Kontakt zu anderen Drag Kings - ich bin mittlerweile über Instagram mit vielen King-Performern weltweit vernetzt und so auch auf King Me gestoßen. Es hat mich begeistert, dass die Produzent*innen der Show Sichtbarkeit schaffen und mit dem Format Drag Kings in der ganzen Welt ansprechen. Denn alle Genderidentitäten - bis auf cis-Männer – konnten sich bewerben und werden auch vertreten sein.

Die 12 Drag King-Kandidaten in Staffel 2:

 

Was ist in Deinen Augen das feministisch-emanzipatorische Moment an Drag Kings und ihrer öffentlichen Performance?

Drag Kings betreten verbotenes Terrain, sie eignen sich Räume an und bedienen sich Verhaltensweisen, die ihnen als Frau nicht erlaubt sind. Das ist das Spannende an Drag: Durch das Aneignen von Verhaltensweisen auf der Bühne oder in Workshops wird deutlich, dass es Verhaltensweisen in Form von Gendernormen gibt, die explizit Männern oder Frauen zugeordnet sind. Für mich ist Drag eine Parodie über Geschlecht, die eine faszinierende Wirkung auf das Publikum hat. Wir sehen auf der Bühne eben nicht eine Frau*, die sich einen Schnurrbart aufgeklebt oder gemalt hat, sondern wir sehen einen Typen, der vor Männlichkeit strotzt. Und der uns dazu ziemlich amüsiert weil er Klischees aufgreift. So wird ganz schnell deutlich, wie einfach Gendernormen nachzuahmen und geschlechtlich zugeordnetes Verhalten zu durchbrechen ist.

Was würdest du Menschen entgegnen, die es problematisch finden, dass Drag Kings Männlichkeit voller Klischees darstellen und damit gängige Sexismen reproduzieren?

Es mag mit Sicherheit Drag Kings geben, die Männlichkeit sexistisch darstellen und auf der Bühne abwerten. Oder zum Beispiel Frauen* als einfaches Accessoire mit auf die Bühne nehmen. Genauso, wie es mit Sicherheit auch Drag Queens gibt, die sexistische Frauenbilder vermitteln. Ich persönlich gehe, wie viele andere Performer*innen auch, achtsam mit der Männlichkeit um, die ich da performe. Es sind ja Kunstfiguren und nicht „DER Mann an sich“.

Hans Schwanz' Audition-Video:

Für mich ist Hans eher das typische Klischee eines Deutschen Mannes als ein abwertendes Abbild. Vielleicht lässt sich durch den Namen „Hans Schwanz“ etwas Sexistisches vermuten, aber wenn er jetzt „Hans Müller“ heißen würde, wäre nicht direkt klar, dass es hier um Gender und ganz viel Humor geht. Und Humor darf meiner Meinung nach bei Drag nicht zu kurz kommen. Es geht für mich bei Drag nicht darum, das Geschlecht, das ich darstelle, defizitär darzustellen, sondern allgemein Geschlecht und die binäre Einordnung in Frage zu stellen.

Wer sind Deine persönlichen Drag-Vorbilder?

Diane Torr war und ist eine große Inspiration für meine Arbeit (Anm. der Red.: Die 2017 verstorbene kanadische Künstlerin wurde durch ihre Drag King-Workshops "Man for A Day" bekannt; unser Nachruf). Sowohl auf der Bühne als auch in meinen „She’s the man*“ Workshops, in dem es weniger um Bühnenauftritte als um die kritische Reflexion von Gender geht. Ich konnte selbst bei Diane Torr vor ein paar Jahren einen Workshop in Berlin besuchen. Ihr Lebenswerk ist sehr beeindruckend, genau so die Art, wie sie das Thema Drag und Feminismus in den Mainstream-Medien und auf nicht-queeren Bühnen und Kontexten platzieren konnte. Und dies weltweit. Wen das mehr interessiert: Katarina Peters‘ Doku Man for a day (2012) über Torrs Arbeit ist absolut empfehlenswert.

Deine Figur „Hans Schwanz“ erfüllt das gängige Klischee eines deutschen Mannes: Er trägt Lederhose, liebt Bier und die Natur. Wenn Du "Hans Schwanz" in der Kölner Innenstadt begegnen würdest, was wäre Dein erster Gedanke?

Na, was ist das denn für ein putziges Kerlchen! (lacht)

 

King Me: Rise of Drag King: Folge 1 der zweiten Staffel (und die gesamte Staffel 1) steht kostenlos auf Youtube; die neuen Folgen kommen jeden Mittwoch

Informationen zur Show auf der Webseite und auf Facebook.

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