Konversionsbehandlungen verbieten und ächten - jetzt aber richtig!
Konversionsmaßnahmen, die mit Pseudotherapien homosexuelle oder geschlechtliche Identitäten „heilen“ wollen, sind seit 2020 illegal – eigentlich: Denn sie werden immer noch durchgeführt. Expert:innen fordern jetzt, alle gesetzlichen Lücken zu schließen.
Von Saskia Balser
27.3.2024 - Queere Expert:innen aus verschiedenen Disziplinen haben sich zusammengetan, um besser vor Konversionsmaßnahmen zu schützen. Damit sind Versuche gemeint, queere Menschen zu „heilen“, die sexuelle Orientierung und/ oder die Geschlechtsidentität einer Person zu ändern oder zu unterdrücken. Zu ihrem Schutz hat die Expert:innen-Gruppe aus dem Fachbeirat des Forschungsprojekts „Konversionsbehandlungen: Kontexte. Praktiken. Biografien“ am vergangenen Freitag Forderungen an die Bundesregierung gestellt.
Denn obwohl das Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen (KonvBehSchG) schon seit 2020 gilt, werden die menschenrechtswidrigen Praktiken noch immer durchgeführt, wie aktuelle Studien zeigen. Eine Novellierung des Gesetzes wurde von der Ampelkoalition bereits zugesichert – umgesetzt wurde sie aber bisher nicht. Angesichts der Tatsache, dass Konversionsmaßnahmen die Gesundheit gefährden und der Auslöser für Depressionen und Suizid sein können, drängen die Expert:innen auf ein sofortiges und vollständiges Verbot.
Lückenloser Schutz - auch vor der eigenen Familie
Das Forderungspapier zur Novellierung des KonvBehSchG enthält 15 Forderungen. Es ruft die Bundesregierung dazu auf, den Schutz von queeren Menschen zu verbessern, die Unterstützung von Betroffenen zu gewährleisten und Aufklärungs- und Bildungsmaßnahmen zum Thema durchzusetzen. Zentrales Anliegen der Expert:innen ist es, das „Teilverbot“ von 2020 in ein vollständiges umzuwandeln.
Derzeit gibt es nämlich noch Einschränkungen des Verbots bei der Durchführung an Erwachsenen sowie eine Strafbarkeitsausnahme für Eltern und Fürsorgeberechtigte. Dabei sind es gerade Familienmitglieder, die queere Menschen zu Konversionsmaßnahmen drängen, wie eine Studie des Forschungsprojekts zeigt.
Rasches Handeln, effektivere Sanktionen, gesellschaftliche Ächtung
„Die aktuellen Studien belegen eindrücklich, dass Konversionsmaßnahmen in Deutschland weiterhin ein relevantes Problem darstellen“, sagt Helmut Metzner, geschäftsführender Vorstand der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld (BMH). Die Ampelkoalition müsse ihr Versprechen halten und ein Vollverbot umsetzen – noch vor der nächsten Bundestagswahl. „Das Signal muss eine umfassende gesamtgesellschaftliche Ächtung sein. Konversionsmaßnahmen schaden und gehören aus der Gesellschaft ein für alle Mal verbannt.“
Neben einem vollständigen Verbot sollen auch effektivere Sanktionen bei Verstößen gegen das Verbotsgesetz dazu führen, dass Konversionsmaßnahmen bald der Vergangenheit angehören. Dr. Sarah Ponti, Grundsatzreferentin des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) will beispielsweise das Vermitteln von Konversionsmaßnahmen als eigenen Tatbestand normieren. „Organisationen, die solche Pseudotherapien anbieten, muss die Gemeinnützigkeit aberkannt werden können“, ergänzt sie.
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