L-Mag

Lesben aller Firmen, vernetzt euch!

In Unternehmen sind lesbische Frauen wenig sichtbar, viele networken nicht gezielt und kommen beruflich nicht vorwärts. Wir sprachen mit Simone Allard von den Wirtschaftsweibern e.V., dem Netzwerk für lesbische und queere Frauen in der Arbeitswelt.

Canva

Von Lena Braun

4.9.2023 - Die Wirtschaftsweiber e.V. sind das größte Netzwerk für lesbische Fach- und Führungskräfte in Deutschland. Zu ihnen gehören Unternehmerinnen und Freiberuflerinnen aus allen Branchen, Managerinnen und Führungskräfte in Großunternehmen, im Mittelstand, an Universitäten und in der Politik.

Ihr Ziel ist die Gleichberechtigung von Lesben am Arbeitsplatz und bei beruflichen Aufstiegschancen. Die Wirtschaftsweiber sind international vernetzt, auf zahlreichen Messen und Business-Events vertreten, sie veranstalten eigene Podiumsdiskussionen und bieten durch Netzwerktreffen, Raum zum regionalen und bundesweiten Erfahrungsaustausch. Und natürlich gibt es jede Menge Spaß-Aktivitäten, spannende Themenabende und interessante Workshopangebote.

Mit Regionalgruppen in München, Berlin, Hamburg, Stuttgart, NRW, im Rhein-Main- und im Rhein-Neckar-Gebiet machen sie sich überall stark für die Sichtbarkeit von Lesben im Beruf. „Denn hier ist noch Forschungsbedarf“, sagt Simone Allard aus dem Vereinsvorstand.

Lesben werden häufig als „zu männlich betitelt“

Das Frauen-Netzwerk unterstützt deshalb wissenschaftliche Untersuchungen zum Thema, etwa die Studie „The L-Word in Business“ der Magnus-Hirschfeld-Stiftung über lesbische Frauen in der Arbeitswelt. Das Fazit von Allard: „Lesbische Frauen werden häufig als ‚zu männlich‘ betitelt. Stärke und Durchsetzungsvermögen in Kombination mit kurzen Haaren, gilt als zu männlich.“ Noch immer. Und das, obwohl viele lesbische Frauen sehr feminin und langhaarig seien, sagt sie. Ein weiteres Vorurteil, das man sich nicht gerade selten anhören müsse, laute: Die bekommt einfach keinen Mann ab. Dass man gar keinen will, ist dabei irrelevant. Der Makel, ohne Mann zu sein, greift auch so.

Ändern kann man das nicht so schnell, befürchtet Allard, aber sich an Vorbildern orientieren, die Stärke vermitteln. Man lerne, über Vorurteile hinwegzugehen, wenn man sich unterstützt fühlt. Allard nennt konkrete Beispiele: Die deutsche Fernsehmoderatorin Bettina Böttinger vom Kölner Treff, die amerikanische Filmschauspielerin Kristen Stewart und die deutsche Schauspielerin, Kabarettistin und Sängerin Maren Kroymann. Drei Frauen, die uns helfen, über den Tellerrand zu schauen, Ikonen, die stark machen. Und Simone Allard kennt noch einige mehr: „Viele tolle Frauen sind bei ,Prout at work‘ gelistet. Die Stiftung schafft eine erlebbare Öffentlichkeit von LGBTIQ*-Themen am Arbeitsplatz.“ Ihre Ziele: Chancengleichheit und eine Arbeitswelt, die offen ist für alle Menschen, unabhängig von deren sexueller Orientierung.

Wirtschaftsweiber e.V. Der Wirtschaftsweiber-Vorstand: Simone Allard, Tanja Bauer-Glück, Patricia Schaller, Steffi Grimm (im Uhrzeigersinn, ab oben links)

Frauen nutzen ihre Netzwerke nicht gezielt

Leider geht es auch heute noch für viele Lesben nicht nach oben, wohingegen schwule Männer häufig brillante Karrieren hinlegen. Simone Allard: „Ich denke, dass Männer grundsätzlich besser netzwerken als Frauen, auch schwule Männer. Frauen nutzen ihre Netzwerke nicht gezielt, um ihre und die Karrieren andere Frauen zu pushen.“ Die deutsche Komikerin Carolin Kebekus habe das sehr schön beschrieben: Frauen mussten Jahrhunderte Sorge dafür tragen, versorgt zu werden. Daraus ergab sich unweigerlich ein Konkurrenzkampf. Und der dauert bis heute an.

Als weiteres Indiz für mangelnden Erfolg in der Arbeitswelt nennt Allard das Thema Zurückhaltung. „Frauen wollen immer erst 120 Prozent Kompetenz vorweisen. Männer sind meiner Wahrnehmung nach schon bei 80 Prozent mutig.“ Sie selbst hat viele Jahre in der Finanzbranche Menschen eingestellt und weiß, wovon sie spricht. Die Krux liegt nicht im Faktor Homosexualität, sondern im Geschlecht. „Daraus ergibt sich aus meiner Sicht eine höhere Karrierechance für Männer, egal ob hetero und schwul.“

Wer Veränderung will, muss sich austauschen

Darum ist die Arbeit der Wirtschaftsweiber so wichtig. Sie tragen aktiv zur politischen Diskussion bei, leisten Gremienarbeit und bringen Expertisen in Arbeitskreise ein, um Stadtkultur mitzubestimmen. Denn wer Veränderung will, muss aktiv werden und sich austauschen. Sonst bleibt alles beim Alten und das Patriarchat an der Macht.

Erfolg muss gemacht werden, er fällt nicht einfach vom Himmel. Simone Allard: „Wir bieten Raum zum regionalen und bundesweiten Erfahrungsaustausch und zum gegenseitigen Empowerment, zu Erfolgsstrategien, zu Bewerbung und Jobwechsel, zu Selbstständigkeit und Unternehmensgründung, zum Coming-out am Arbeitsplatz und zu Diskriminierung im Job.“

Das Networking reicht auch über den deutschen Tellerrand hinaus: Die Wirtschaftsweiber sind Gründungsmitglied des European Pride Business Network (EPBN), des europäischen Dachverbandes der LGBTI+ Berufsverbände. Sie haben regen Austausch mit den Schwesternverbänden Wybernet in der Schweiz und den Queer Business Women in Österreich.

Allards Fazit: „Wir möchten wachsen und noch mehr lesbische Frauen empowern. Kommt vorbei, schnuppert in eine unsere Regionalgruppen hinein!“

Die Wirtschaftsweiber werden 25 Jahre alt und feiern am 13. bis 15. Oktober in Mannheim, mit Mitgliederversammlung, Festakt und Party

Mehr Infos bei wirtschaftsweiber.de

 

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