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Lesben beliebter als Schwule - weltweit

Eine internationale Studie untersuchte die Einstellungen gegenüber sexuellen Minderheiten. Ergebnis: Lesbische Frauen sind akzeptierter als schwule Männer – und zwar überall! Und: Gendernormen und Homophobie hängen in westlichen Ländern eng zusammen.

Arturo Fonseca/ CC-BY-SA

2.2.2020 - Eine neue Studie der New York University Abu Dhabi fragte weltweit nach den Einstellungen gegenüber nichtheterosexuellen Menschen, und in allen 23 Ländern, die sich beteiligten, wurden Schwule negativer bewertet als Lesben.

Der Unterschied ergab sich fast ausschließlich durch die männlichen Befragten: Männer sind also „sowohl eher Zielscheibe als auch eher Täter“, hält der in der Zeitschrift Social Psychology and Personality Science veröffentlichte Bericht fest.

Das heißt: Homophobe Männer fokussieren ihre Ablehnung hauptsächlich auf Schwule, während homophobe Frauen nicht zwischen Schwulen und Lesben unterscheiden. Vorurteile gegenüber sexuellen Minderheiten, so schlussfolgert die Studie, „sind Teil des sozialen Konstrukts in vielen westlichen Ländern, was es bedeutet, ‚ein Mann zu sein‘.“

Ausnahmen sind Polen, Ungarn und Russland, wo auch die weiblichen Befragten Schwule negativer bewerteten als Lesben.

Russland ist Schlusslicht

Diese drei osteuropäischen Staaten gehören neben Brasilien, China, Japan, Peru, Südafrika, Südkorea und der Türkei zu den Ländern mit der negativsten Einstellung gegenüber Homosexualität, wobei Russland Schlusslicht ist.

Am homofreundlichsten ist die Stimmung in Argentinien, Australien, Belgien, Großbritannien, Kanada, Spanien und Schweden. Deutschland landete neben den USA, Frankreich, Italien und Mexiko im Mittelfeld. Aber selbst in den toleranteren Ländern, darauf weist der Bericht hin, fanden sich noch althergebrachte diskriminierende Einstellungen.

Studienleiterin Maria Laura Bettinsoli äußerte sich überrascht über einen weiteren Fund: Es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen der Akzeptanz von Gendernormen und Vorurteilen gegenüber sexuellen Minderheiten. „Auch wenn einige nicht-westliche Ländern nicht diesem Muster folgen, trifft das doch auf die Mehrheit der Länder zu.“

Die Studie definiert „Gendernormen“ als „allgemein geteilte gesellschaftliche und kulturelle Überzeugungen, dass Charaktereigenschaften, Verhalten und Interessen entweder für Männer oder für Frauen als passend und wünschenswert gelten, aber nicht für beide.“ Das impliziert auch, Heterosexualität als „normal und notwendig“ und Homosexualität als Verletzung der Geschlechterrollen anzusehen.

Wer traditionelle Rollen befürwortet, ist homophober

In Ländern, in denen nicht (mehr) so strenge Gendernormen herrschen, so die Studie, sei daher auch die Einstellung gegenüber sexuellen Minderheiten positiver, und umgekehrt lehnen Menschen, die traditionelle Rollen befürworten, Lesben, Schwule und Bisexuelle eher ab.

Aber auch finden sich in einigen asiatischen Ländern Ausnahmen: In China und Indien etwa waren gerade die Befragten mit den striktesten Gender-Vorstellungen am tolerantesten gegenüber Homo- und Bisexuellen. Möglicherweise, so spekulieren die Autor_innen, gelten hier „Gendernormen und Nonheterosexualität als ‚westliche‘ (oder, vielleicht, kapitalistische) Konzepte, und wer pro-westlich ist, steht auch beiden Konzepten positiv gegenüber.“

Die Ergebnisse werden Lesben und Schwule in ihren jeweiligen Ländern wahrscheinlich wenig überraschen, aber das ist eben Wissenschaft: Gefühle und individuelle Erfahrungen zu überprüfen und, wenn möglich, zu allgemeingültigen und vorhersagbaren Ergebnissen zu kommen.

Die Autor_innen selbst sehen ihre Studie als „Basis für gezieltere Untersuchungen der Konzeptualisierung von Gender und Sexualität in wenig berücksichtigten Bevölkerungsschichten“ und fordern zu überdenken, „wie diese Dinge in der westlichen Welt konzipiert werden.“

Maria Laura Bettinsoli, Alexandra Suppes, Jaime L. Napier: Predictors of Attitudes Toward Gay Men and Lesbian Women in 23 Countries, in: Social Psychology and Personality Science, Dez. 2019

 

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