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Lesbian Boyfriend – was ist denn das nun wieder?

Vorübergehender Trend oder bleibt das? Subversiv oder Rückgriff auf alte Butch-Femme-Klischees? Seit Lily-Rose Depp ihre Freundin als „Boyfriend“ bezeichnete, wird diskutiert. Fest steht schon: Der „ultimative lesbische Boyfriend“ ist – eine Hetera.

Canva Welche der beiden ist wohl der Boyfriend?

Von Karin Schupp

12.1.2025 - Lesbian Boyfriend: Dieser neue Begriff kursiert im lesbischen Internet, zumindest im englischsprachigen Raum – und es nur eine Frage der Zeit, bis er auch bei uns angekommen ist. Losgetreten hat den Trend die Schauspielerin Lily-Rose Depp, als sie in einem MTV-Interview zu ihrem neuen Film Nosferatu ihren „Boyfriend“ erwähnte. Dabei ist es kein Geheimnis, dass die 25-Jährige seit zwei Jahren mit der Sängerin und Rapperin 070 Shake, bürgerlicher Name Danielle Balbuena, zusammen ist. Und die identifiziert sich als weiblich.

Schon war die Verwirrung perfekt - wieso sagt Depp also nicht „Girlfriend“? -, während es vom anderen Ufer schallte: Where's the news? Und schon war der Hashtag #lesbianboyfriend in der Welt.

„Ein Lesbian Boyfriend ist eine Lesbe, die ein Boyfriend ist“

Depp hat bisher nicht erklärt, was sie damit meint, aber die queere Webseite Them (die das Genderthema ja schon im Namen trägt) hat das übernommen: „Ein 'lesbian boyfriend' ist ganz einfach eine Lesbe, die ein Boyfriend ist“, heißt es dort lapidar. Man solle da nicht so viel reininterpretieren, schließlich ist der Umfang mit Genderidentitäten und Pronomen heute viel spielerischer und nicht mehr so rigide. Und neu ist das Phänomen nicht mal: Schwule geben sich schon lange weibliche Pronomen („Da kommt die Müllerin.“) oder nennen sich „Babygirl“.

MTV UK/ ScreenshotLily-Rose Depp hat 070 Shake hier übrigens nicht zum ersten Mal als „my boyfriend“ bezeichnet

Und ein Blick zurück in die Lesbengeschichte zeigt, dass sich bei Frauenpaaren in der Vergangenheit häufig eine der beiden eher als „männlich“ verstand – wenig überraschend, denn das Mann-Frau-Modell war ja das einzige, das es gab.

Wer eine Frau ist, bestimmen wir selbst

Spätestens in der neuen Frauenbewegung der 1970er und 1980er Jahre war diese Anpassung an Gendernormen aber verpönt. Die Devise war: Wer eine Frau ist, bestimmen wir selbst – und das gilt auch und vor allem für diejenigen, die sich nicht den männlichen Erwartungen in Sachen Aussehen und Verhalten unterordnen, und natürlich auch für Butches (wie sie nun hießen). Und natürlich bedeutete es auch, dass es eben nicht „den Mann in der Beziehung“ geben muss.

Auch Them verweist auf die „gut dokumentierte Geschichte der Masc-Femme-Labels“ und landet am Ende wieder beim guten, alten Butch-Femme-Fach und dem „lesbian boyfriend“ als „schickstem Beiwerk einer hot femme.“

Der ultimative Lesbian Boyfriend ist... eine Hetera

Aber ist es wirklich ein frischer Umgang mit Gender und lesbischer Identität, wenn dann doch die Frau, die stärker dem männlichen Stereotyp entspricht, der „Boyfriend“ ist? Wäre es nicht viel subversiver, wenn es umgekehrt wäre? Ganz abgesehen davon, dass es für die große Mehrheit der Welt schon unerhört genug ist, wenn eine Frau sagt, dass eine andere Frau liebt.

Ob eine neue Bezeichnung geboren ist oder es doch nur bei einem flüchtigen Trend bleibt, wird sich zeigen. Einig ist sich das lesbische Internet jedenfalls schon darüber, dass der „ultimative lesbische Boyfriend“ eine Hetera ist: Filmstar Kate Winslet, die bei den Golden Globes im weißen Anzug mit Kolleginnen wie Angelina Jolie und Ariana Grande auf Tuchfühlung ging und sowohl Jodie Foster als auch Sharon Stone auf ihren Schoß zog.

 

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