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Lesbische Charaktere in Serien im Abwärtstrend?

Ja, es ist nicht nur ein Gefühl: Die Zahl der LGBTQ-Charaktere in US-Serien ist gesunken, besonders betroffen sind lesbische und bisexuelle Frauenfiguren. Der US-Medienverband GLAAD fordert Sender und Streamingdienste zum Umdenken auf.

Ein Frauenpaar weniger auf dem Bildschirm: Beatrice (Kristina Tonteri-Young, l.) und Ava (Alba Baptista) in „Warrior Nun“ - von Netflix nach zwei Staffeln gecancelt

Von Karin Schupp

10.4.2023 - Nach wie vor gibt‘s im US-amerikanischen Serienangebot viele LGBTQ-Charaktere, während sie in deutschen Produktionen immer noch seltene und lieblos gepflegte Orchideen sind. Doch auch die US-Fernsehbranche bekommt in diesem Jahr die gelbe Karte gezeigt, denn nachdem die Zahl der LGBTQ-Charaktere in Serien in den letzten Jahren stetig gestiegen war, ist sie um 6,4 Prozent gegenüber der vorherigen TV-Saison (unser Artikel) gesunken.

Konkret: Gezählt wurden 596 LGBTQ-Charaktere in Fernseh- und Streamingserien, im Vorjahreszeitraum waren es noch 637 gewesen. Verabschieden mussten wir uns von 36 lesbischen oder bisexuellen Frauenfiguren (nicht mitgerechnet ist dabei  The L Word: Generation Q nicht mitgerechnet, das im März gecancelt wurde - hier unser Bericht).

Das ergab der jährliche Bericht „Where We Are on TV“, für den die LGBTQ-Medienorganisation GLAAD alle Originalserien, die zwischen dem 1. Juni 2022 und 31. Mai 2023 bei den großen US-Sendern und Streamingdiensten liefen, laufen oder noch kommen werden, unter die Lupe nahm.

Lesben: 30% der LGBTQ-Charaktere, aber weniger als 2021/22

Bei den LGBTQ-Charakteren führen - wie in den Vorjahren - die Schwulen mit einem Anteil von einem Drittel (35%), gefolgt von 180 Lesben (30%) – im letzten Jahr waren‘s allerdings noch 202.

Auch nicht neu ist, dass Frauenfiguren deutlich eher als Männer als bisexuell angelegt sind: 104 der 149 bisexuellen TV-Charaktere sind weiblich, weitere 6 sind nichtbinär. 51 Charaktere sind anderen nichtheterosexuellen Identitäten zugeordnet.

Vergleichsweise groß ist der Rückgang bei den - ohnehin nicht stark vertretenen - trans Charakteren: Ihre Zahl sank im Vergleich zur letzten Saison von 42 auf 32 (darunter 5 trans Nichtbinäre).

Nicola Goode/ Amazon Studios Jo (Melanie Field), Carson (Abbi Jacobson), Greta (D'Arcy Carden): Nur drei von vielen queeren Charakteren in „A League of Their Own“, das von Amazon nur um vier Folgen verlängert werden soll

Den Rückgang der LGBTQ-Charaktere verschuldeten vor allem die großen Broadcast-Networks NBC, CBS, ABC, FOX, The CW, die in den USA immer noch die größten Reichweiten haben.

Am schlechtesten sieht’s bei den als konservativ geltenden Sendern CBS und NBC aus: Nur rund 6% ihrer Serienfiguren sind LGBTQ. Besser macht's The CW – hier liefen bisher viele Serien aus dem DC Comic-Universum –, aber auch sank fiel der Anteil der queeren Serienfiguren von 17 % auf knapp 15%. Dass der Sender künftig auf ein älteres Publikum ausgerichtet werden soll, lässt nichts Gutes befürchten.

Auch Spitzenreiter Netflix hat 37 queere Serienfiguren weniger

Traditionell LGBTQ-inklusiver sind die Streamingdienste: 356 LGBTQ-Charaktere zählte GLAAD bei den acht größten Anbietern.

Auch wenn’s zum Teil nicht danach aussieht: Spitzenreiter ist immer noch Netflix, wo jede zweite queere Streamingserien-Figur zu Hause ist (Netflix produziert aber auch die meisten Serien). Allerdings werden mindestens 37 von 183 LGBTQ-Charaktere nicht zurückkehren, weil die jeweilige Serie nicht fortgesetzt wird, darunter so einige mit großer Fangemeinde.

Bei Amazon Prime gab’s/ gibt‘s 43 LGBTQ-Charaktere, bei Disney+ 15, Apple TV+ 11 und Paramount+ 10. Im Mittelfeld liegen die (in Deutschland nicht empfangbaren) Angebote Hulu (37) und Peacock (24).

Bisher trübe Aussichten für die kommende Saison

Besorgt weist GLAAD darauf hin, dass über alle Anbieter hinweg mittlerweile 54 Serien mit LGBTQ-Charakteren gecancelt wurden, darunter das Queer As Folk-Reboot (Peacock) mit allein 11 queeren Figuren, Genera+ion (HBO Max), Motherland: Fort Salem (Freeform), Riverdale (The CW) und bei Netflix First Kill und Warrior Nun.

Netflix/ Brian Douglas Keine Zukunft für Juliette (Sarah Catherine Hook) und Cal (Imani Lewis): Netflix setzte die Vampirinnenserie „First Kill“ nach einer Staffel ab

Mit anderen Worten: Ein Viertel der 140 LGBTQ-Charaktere – überwiegend weibliche und lesbische Figuren - liegen bereits jetzt auf dem Serien-Friedhof (wie gesagt: The L Word: Generation Q wurde hier noch nicht mitgezählt!).

Hinzu kommen weitere 35 queere Charaktere, die nicht wiederkehren, weil ihre Serie oder Staffel eine abgeschlossene Handlung hatte.

GLAAD: Mehr Marketing für LGBTQ-inklusive Serien!

Lobend erwähnt GLAAD Produktionen wieThe Last of Us (bei uns: Sky/ WOW), die zwei komplette Folgen einer schwulen bzw. lesbischen Lovestory widmete, Heartstopper,Umbrella Academy (beide: Netflix) und A League of Their Own, deren Ensemble fast ausschließlich lesbisch/ LBTQ ist (inzwischen ist jedoch inoffiziell bekannt, dass Amazon Prime ihr nur noch vier weitere Folgen geben will.

Der Verband weist dabei auf den Erfolg etlicher LGBTQ-inklusiver Serien hin - so war Stranger Things mit einer lesbischen Hauptfigur und einem schwulen Coming-out in Staffel 4 das mit Abstand am häufigsten geschaute Streamingformat 2022 – und empfiehlt den TV-Sendern, sich ein Vorbild an den innovativeren und inklusiveren Streamingplattformen zu nehmen.

Aber auch die Streaminganbieter werden ermahnt: Sie fordert GLAAD dazu auf, „vorrangig neue Serien mit LGBTQ-Charakteren grünes Licht“ zu geben und diese Serie genauso stark zu bewerben wie „andere Titel desselben Genres.“

Der GLAAD-Bericht „Where Are We Now on TV 2022-23“ steht hier als PDF(in englischer Sprache)

 

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