L-Mag

Lesbische Filme beim IFFF Frauenfilmfest in Köln

Am 16. April startet in Köln das Internationale Frauen Film Fest IFFF. Über die lesbischen und queeren Filme im Programm haben wir mit Natascha Frankenberg, Kuratorin der queeren Sektion „begehrt!“, gesprochen.

In „Chuck Chuck Baby“ begegnet die Fabrikarbeiterin Helen (Louise Brealey, r.) ihrer Jugendliebe Joanne (Annabel Scholey) wieder und bekommt die Gelegenheit, aus ihrem tristen Leben auszubrechen

Von Philip Eicker

13.4.2024 - Seit 2006 gibt’s das Internationale Frauen Film Fest Dortmund und Köln (IFFF), das aus einer Fusion der beiden Frauenfilmfestivals femme totale (Dortmund) und Feminale (Köln) hervorging. Jährlich im April findet es schwerpunktmäßg in einer den beiden Städten statt, 2024 ist wieder Köln an der Reihe (16.-21. April).

Das Festival zeigt Filme von Frauen* und fühlt sich dem Feminismus, der queeren Community und der Diversität verpflichtet. Lesbische und queere Produktionen werden traditionell in der IFFF-Sektion „begehrt!“ gezeigt. Zum Programm 2024 haben wir Natascha Frankenberg, Kuratorin der Sektion, befragt.

 

L-MAG: Welchen Schwerpunkt hat „begehrt!“ in diesem Jahr?

Natascha Frankenberg: Einen thematischen Schwerpunkt haben wir nicht, wir zeigen aktuelle queere Filme. Wir sehen aber immer Verbindungen zwischen den Filmen und schauen danach, wie sie zusammen funktionieren. Eine solche Verbindung wäre zum Beispiel, dass sich viele der Filme mit Erinnerungen beschäftigen. In der Gegenwart der Filme und ihrer Protagonistinnen spielt also die Vergangenheit eine Rolle. Manchmal ganz explizit, so dass wir über Fotografien oder Videos in die Vergangenheit schauen, manchmal ist die Vergangenheit aber auch zum Beispiel emotional gegenwärtig und spielt eine Rolle. Gleichzeitig ist auch Erfahrung auf unterschiedlichen Ebenen in den Filmen relevant. Zum Beispiel bringen die Regisseur:innen eigene Erfahrungen in die Filme ein, als dokumentarische Stimme, oder aber auch, indem sie sich mit etwas, das ihnen vertraut ist, auseinandersetzen. Das ist ein spannender Punkt, der sich ganz unterschiedlich durch viele Filme zieht. Welche Erfahrungen artikulieren sich in den Filmen? Das ist gerade auch vor dem Hintergrund interessant, dass Filme/ Medien ja auch zurückwirken und unsere Wahrnehmung von Alltag wiederum verändern.

Welchen Film sollten Lesben nicht verpassen?

Die Sektion „begehrt!“ umfasst insgesamt sieben Programme, das heißt, verteilt auf sechs Festivaltage besteht die Möglichkeit, unser ganzes Programm anzuschauen und den Verbindungen unter den Filmen selbst nachzugehen. Die Chance sollte natürlich niemand verpassen. Diejenigen, die zum Beispiel Lust auf experimentelle und dokumentarische Filme haben lege ich sehr unser Kurzfilmprogramm „Und wie sind die Aussichten?“ ans Herz. Hier geht es um Landschaft, Dystopie, aber auch Hoffnung und gemeinsame Kämpfe für Veränderung. Was toll ist: die Regisseurin Jana Bauch bekam eine lobende Erwähnung im Nationalen Wettbewerb für Bildgestalter:innen und läuft gleichzeitig in eben diesem Kurzfilmprogramm. Ihr Film was brennt erzählt von Lützerath, dem Leben dort bis zur Räumung. Die Dopplung gefällt uns natürlich sehr gut und es ist schön zu sehen, dass queere Filme dieses Jahr bei den Bildgestalterinnen mehrere Preise gewinnen.

Tzeli Hadjidimitriou Lesben auf Lesbos: „Lesvia“ von Tzeli Hadjidimitriou

Diejenigen, die sich für lesbische Geschichte interessieren, lade ich auf jeden Fall ein, sich Lesvia von Tzeli Hadjidimitriou anzuschauen. Die Regisseurin portraitiert darin die Geschichte des Ortes Eressos seit den 70ern und die lesbischen Communities, die sich hier getroffen haben und zum Teil auch dort geblieben sind. Im Film gibt es viele Fotos und Videos aus mehreren Jahrzehnten, die wirklich sehr spannend sind.

Wir präsentieren auf dem Festival den britischen Film Chuck Chuck Baby? Warum passt der Film zu L-MAG?

Die Musicalelemente des Films sind einfach ganz herausragend und toll. Sofort der erste Einsatz von Musik hat mich in der Sichtung des Films ganz glücklich gemacht. Toll ist meiner Ansicht nach außerdem, dass im Film eine große Gruppe von Protagonistinnen mitspielt und ihre Verbindungen untereinander eine Rolle spielen und sie fast ausschließlich sehr liebevoll gezeichnet sind. Die Geschichte beginnt mit einer Märchenrahmung, sie spielt in einer Arbeiter:innencommunity und die zentralen Figuren sind - obwohl es fast eine Art Coming-of-Age-Geschichte ist - nicht 20 oder 30, sondern ein bisschen älter, was ich persönlich super toll fand.

Diesen Clip gibt's nur im englischen Original, auf dem Festival läuft der Film mit deutschen Untertiteln.

Ein Workshop dreht sich um „Queere Home Movies“. Was ist das für ein Genre?

Gemeinsam mit Dr. Dagmar Brunow habe ich darüber nachgedacht, was eigentlich queere Home Movies sein könnten. Mit Home Movies verbinde ich erst einmal vielleicht auch eine Absicherung von Familienstrukturen, immer gleiche Aufnahmen von Festen und so weiter. Das ist natürlich nicht so und in privaten Filmen ist auf der einen Seite immer noch viel mehr bewahrt und auf der anderen Seite sind sie auch in unterschiedlichen Kontexten entstanden. Gerade im Hinblick darauf, dass alle heute Bilder und Filme von sich selbst auf Plattformen teilen, sich also ein Mediengebrauch stark verändert hat, finden wir es spannend zurückzuschauen. Wir wollen gemeinsam mit dem Publikum deren Filme schauen und zusammen besprechen, was wir eigentlich sehen und was in welcher Form von einer queeren Bewegungsgeschichte darin bewahrt ist. Was wir dabei genau sehen, wissen wir zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht. Ich hoffe auf ganz unterschiedliche Aufnahmen, vielleicht von Demonstrationen, von Lesekreisen, von Partys, vielleicht bringen aber auch Leute Aufnahmen von sich als Kind mit, auf die sie heute noch einmal zurückschauen, an denen sie etwas interessiert.

IFFF, 16.-21. April in Köln (in Dortmund gibt's ein Auswahlprogramm), alle Filme und weiteren Infos findet ihr hier.

 

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