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LGBT-Sichtbarkeit in den Medien macht Heteros toleranter

Heterosexuelle stören sich nicht an LGBTQ-Charakteren in Filmen, Serien und Werbespots – im Gegenteil: Sie glauben, dass diese Sichtbarkeit ihre Akzeptanz erhöht hat. Das ergab eine neue Befragung in den USA.

PanteneWeihnachts-Werbespot 2019 für Pantene mit dem Trans Chorus L.A.

Von Karin Schupp

9.6.2020 - Dass die Sichtbarkeit von Lesben, Schwulen, bisexuellen, trans und queeren Menschen in den Medien nicht nur für uns erfreulich ist, sondern bei heterosexuellen Menschen für mehr Akzeptanz sorgt, mag für uns eine Binsenweisheit sein, aber es ist trotzdem schön, wenn die Forschung diese Annahme bestätigt.

Der US-amerikanische LGBTQ-Medienlobby-Verband GLAAD befragte über 2000 „nicht-LGBTQ“ Erwachsene zur Repräsentation von LGBTQ in Medien und Werbung und bekamen ermutigende Antworten.

Die fünf wichtigsten Ergebnisse der GLAAD-Studie „LGBTQ Inclusion in Advertising and Media”:

1) Fast alle Heterosexuellen kennen LGBTQ-Personen

Die meisten „nicht-LGBTQ“ Befragten (im Folgenden Heteros genannt) kennen mindestens einen Menschen, der/ die LGBTQ ist, persönlich.

85 % der Befragten sind mit mindestens einer Person bekannt, deren sexuelle Orientierung nicht hetero ist, ein Drittel (34%) kennt Menschen, die sich als nichtbinär oder genderqueer definieren oder trans sind.

Wenig überraschend ist dabei, dass bei jungen Erwachsenen (18-34 Jahre) die Zahlen mit 89 % bzw. 44 % am höchsten sind.

2) LGBTQ in den Medien werden überwiegend akzeptiert

70 % der Hetero-Befragten hat in den letzten drei Monaten LGBTQ-Personen in Filmen oder Serien gesehen, gut die Hälfte in der Werbung. 

Drei Viertel der Befragten haben kein Problem mit LGBTQ-Charakteren in Filmen, Serien oder Werbung. Nur bei Werbespots, die LGBTQ-Familien mit Kindern zeigen, sinkt der Wert leicht auf 70 %.

3) Sichtbarkeit führt zu höherer Akzeptanz

LGBTQ in den Medien zu sehen, erhöht bei Heteros die Wahrscheinlichkeit, ihnen mit mehr Akzeptanz und weniger Unbehagenzu begegnen. Das zeigt ein Vergleich zwischen den Befragten, die in den letzten drei Monaten LGBTQ-Personen in den Medien gesehen hatten, und denjenigen, die diese Frage mit „nein“ beantwortet haben.

Erstere antworten häufiger, dass ihre Einstellung gegenüber LGBTQ in den letzten Jahren positiver wurde. So ist bei 48% die Akzeptanz von Lesben und Schwulen gewachsen, bei 45 % von Bisexuellen, bei 44 % von trans und bei 41 % von nichtbinären Menschen.

In der Vergleichsgruppe sagte hingegen jeweils nur rund ein Drittel, akzeptierender geworden zu sein.

4) Entspannterer Umgang im persönlichen Kontakt

Wer LGBTQ-Charaktere aus den Medien kennt, scheint - nach eigener Aussage - auch im persönlichen Umgang lockerer zu sein. So sagen 81 %, dass sie nicht zögern würden, ein Gespräch mit einer LGBTQ-Person zu beginnen. Bei denjenigen, die sich an keine LGBTQ in den Medien erinnern, sind es 76 %. 

Die größten Unterschiede zeigen sich hier: 79 % würden sich nicht daran stören, wenn eine Regenbogenfamilie in ihre Gegend ziehen würde, 69 % würden ohne Unbehagen ein Gespräch mit einer Person beginnen, deren Geschlecht/ Gender ihnen unklar ist. In der zweiten Gruppen sagen das nur 72 % bzw. 60 %.

Und wenn sich ein Familienmitglied outen würde? Das fänden 72% der ersten und 66% der zweiten Gruppe okay.

5) Unternehmen profitieren von Diversität in ihrer Werbung

Wenn die Werbung für ein Unternehmen bzw. eine Marke auch LGBTQ-Menschen zeigt, zahlt das positiv aufs Image. Jeweils über 80 % der Hetero-Befragten würden dieser Firma zuschreiben, LGBTQ-Rechte und Diversität zu unterstützen, keine Zielgruppen auszuschließen und all ihre Angestellten mit Respekt zu behandeln.

GLAAD: „Eindeutige Botschaft an Marken und Medien“

Auch wenn sich bei genauerem Blick ein Zusammenhang zwischen Medienkonsum und Einstellungen nicht eindeutig belegen lässt (es könnte ja auch umgekehrt der Fall sein, dass tolerante Heteros eher auf LGBTQ im Fernsehen achten und weniger offene Menschen gezielt solche Sendungen vermeiden): Die Zahlen sprechen eine klare Sprache, denn die deutliche Mehrheit - egal, ob sie sich nun an LGBTQ-Sichtbarkeit erinnern oder nicht - ist offen gegenüber anderen sexuellen Identitäten.

„Die Ergebnisse dieser Studie schicken die eindeutige Botschaft an Marken und Medien, dass LGBTQ-Menschen in der Werbung, Film und Fernsehen gut fürs Geschäft und gut für die Welt sind“, kommentierte denn auch GLAAD-Vorstand Sarah Kate Ellis in einem Statement und sagte in Richtung Werbeindustrie: „Die Unternehmen müssen verstehen, dass es nicht länger nur eine Möglichkeit, sondern vielmehr eine Notwendigkeit ist, LGBTQ-Menschen in ihrer Werbung zu zeigen, um die Welt, in der wir leben, korrekt abzubilden.“

Werbeblöcke sind Inseln der Heterosexualität

Hierzulande finden wir es wohl dringlicher, mehr LGBTQ in Serien und Filmen zu sehen, aber in den USA ist die Lage eine andere: Dort gibt es in Fernseh- und Streamingserien zurzeit fast 500 LGBTQ-Charaktere (wir berichteten) - übrigens auch ein Erfolg der jahrelangen Arbeit von GLAAD -, während die Werbeblöcke nach wie vor Inseln der Heterosexualität sind.

Und die seltene Gegenbeispiele rufen umgehend homophobe Proteste auf den Plan, wie sich etwa Ende 2019 zeigte: Der Hallmark Channel nahm einen Werbespot mit einem lesbischen Brautpaar zunächst unter dem fadenscheinigen Grund aus dem Programm, dass ihr Kuss nach dem Ja-Wort gegen die Senderbestimmungen - keine öffentliche Zurschaustellung von Gefühlen - verstoße, während Heteroküsse in weiteren Werbespots dieser Firma unbeanstandet blieben. Erst auf öffentlichen Druck hin zog der Sender seine Entscheidung zurück.

Geht Procter & Gamble mit gutem Beispiel voran?

Die Ende 2019 durchgeführte GLAAD-Befragung wurde von Procter & Gamble unterstützt. Der Konzern mit dem weltweit größten Werbebudget produzierte im letzten Jahr in Kooperation mit GLAAD einige LGBTQ-Werbespots für sein Shampoo Pantene (siehe oben), die ihnen viel Lob und gute Presse einbrachten. Dabei scheint es sich aber eher um eine Online-Kampagne speziell für diese Zielgruppe zu handeln - ob diese Werbung regulär im Fernsehen lief und damit auch das heterosexuelle Mainstream-Publikum erreichte, ist nicht bekannt, aber eher unwahrscheinlich. Insofern scheint auch P & G bisher nur den ersten kleinen Schritt in die richtige Richtung gemacht zu haben.

Die GLAAD-Studie „LGBTQ Inclusion in Advertising & Media“ steht hier.

 

 

 

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