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Lesben und Schwule wählen links-grün, die AfD ist weit abgeschlagen

Die erste bundesweiten Studie zum Wahlverhalten von LGBT zeigt hohes politsches Interesse und eine Tendenz für links-grüne Politik in der Community

Canva/Rawpixel

Von Hannah Geiger

23.09.17 - Anders als bei üblichen Wahlstudien, bei denen sexuelle Orientierung und sexuelle Identität meist nicht als Faktoren erhoben werden, soll die „LGBTIQ*-Wahlstudie zur Bundestagswahl 2017“ für mehr Sichtbarkeit der queeren Community in Politik und Wissenschaft sorgen.

Durchgeführt wurde sie von einem Team der Justus-Liebig-Universität Gießen und der Universität Wien. Diese hatten bereits 2015 eine Studie zur Gemeinderatswahl in Wien und 2016 zur Abgeordnetenhauswahl in Berlin durchgeführt. Ziel war es auch bei der bundesweiten Studie herauszufinden, welche Parteien werden von LGBT-Community gewählt. Mit rund 5.000 ausgewerteten Studien-Teilnehmenden innerhalb eines Monats, erfuhr die bundesweite Studie eine rege Beteiligung.


Klare Tendenz zu links-grün

 

Das Ergebnis: LGBT wählen zum Großteil links von der Mitte. 73% der Befragten wählen entweder das Bündnis90/Die Grünen, Die Linke oder die SPD. Die Grünen führen mit 29%, gefolgt von Die Linke mit 22,6% und 21,2% der Befragten gaben an die SPD zu wählen. Lesben bevorzugen besonders Die Grünen und Die Linke, während Schwule am häufigsten Grün und SPD wählen. Auffallend ist der geringe Anteil von AfD-Wählerinnen und -Wählern. Nur 2,7% geben an die AfD zu wählen.

Bei einer Wahlumfragen des Dating-Portals PlanetRomeo hingegen (bei der 38.000 User ihre Meinung abgaben) kam die AfD auf 12%. Der Unterschied zu der Studie der Justus-Liebig-Universität und der Universität Wien liegt hierbei  unter anderem an den gesammelten Daten. Bei der LGBT-Studie war durch Cookies eine Mehrfachbeteiligung ausgeschlossen (oder zumindest sehr reduziert). Auch das Zielpublikum war vielfältiger. Während das Dating-Portal fast ausschließlich schwule Single-Männer ansprach, setzte die „LGBTIQ*-Wahlstudie“ gezielt auf Diversität unter den Befragten.

 

Bild: LGBTIQ-Wahlstudie Deutschland 2017

LGBT sind treu, engagiert und politisch interessiert

 

Eine weitere zentrale Erkenntnis: LGBT sind ihren Parteien treu. Und das, obwohl sie oft nicht mitgedacht oder angesprochen werden, meint Prof. Dr. de Nève von der Justus-Liebig-Universität Giessen. Mit geschätzten 6,2 Millionen wahlberechtigten LGBT und somit potentiellen Wählerinnen und Wählern ist die Community eine nicht zu unterschätzende Anhängerschaft für Parteien. „Es ist sehr wichtig, dass von den Parteien LGBTIQ*-Politik gemacht wird“, so Michael Hunklinger von der Universität Wien bei der Pressekonferenz am Montag. Und die politische Debatte könne noch nicht zu Ende sein mit dem Erreichen der Ehe für alle, erklärt Prof. Dr. Dorothée de Nève (Professorin für Politikwissenschaft an der Justus-Liebig-Universität Giessen). „Ich habe schon den Eindruck, dass es in Bezug auf die Parteien eine zu starke Fixierung auf die Gesetzgebung gibt. Gesetzliche Gleichstellung ist zwar wichtig und die Voraussetzung, aber es geht auch um eine Veränderung der politischen Kultur. Jetzt müssen diese verabschiedeten Gesetze, auch mit Leben gefüllt werden. Und da ist noch richtig viel Luft nach oben.“

Denn mit fast 96% sind für einen Großteil der Befragten Diskriminierung und Homophobie die wichtigsten Themen für die anstehende Bundestagswahl. Dicht gefolgt von der „Migrations-, Asyl- und Flüchtlingspolitik“.

Auffallend ist das ausgeprägte Politik-Interesse der Befragten. 48,2% interessieren sich sehr stark bis stark für Politik. 51,9% engagieren sich sogar politisch oder gesellschaftlich. Nur knapp 2 Prozent interessieren sich überhaupt nicht für Politik. „Was überraschend und erfreulich ist, dass wir es mit einer Gruppe von Wählerinnen und Wählern zu tun haben, die extrem engagiert sind. Die sich interessieren und sich einbringen in verschiedenen Kontexten. Und das in Zeiten, in denen wir über Apathie und Frust reden.“, so de Nève.

Insgesamt beteiligten sich 65,2% Männer und nur 30,4% Frauen an der Studie. Diese vergleichsweise geringe Beteiligung von Lesben lässt Fragen offen. Nahmen sie nicht teil, weil Lesben zu einem hohen Teil nicht wählen und deshalb kein Interesse an der Studie hatten? Stehen sie dem Sammeln und Auswerten von Daten kritisch gegenüber? Oder wurden sie schlicht mit der online-Befragung nicht erreicht?

Letztendlich fällt aber das Fazit der Studie positiv aus: Die LGBT-Community ist insgesamt sehr politisch interessiert und aktiv. Der Stimmenfang der AfD scheint in der queeren Community nicht so stark zu wirken wie im Rest der Gesellschaft.


Mehr Infos gibt es unter:

www.lgbtiq-wahlstudie.eu

Die unabhängige Studie wird vor allem durch Crowdfunding finanziert.





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